Der Meister der ruhigen Hand
Die Bundeskanzlerin, den Innenminister, Bürgermeister und Abgeordnete: Günter Wolf kennt sie bis ins Detail, denn er hat sie alle gezeichnet. Die größte Herausforderung war aber eine ganz andere Arbeit
Schöneschach Spitz müssen sie sein, sehr spitz: die holzummantelten Bleistifte in HB Nummer 2 ebenso wie der Graphitstift, von Günter Wolf. Nur so gelingen dem Zeichner aus Schöneschach feinste Linien und Schattierungen – und das bringt Leben in seine Porträts. 15 bis 20 Stunden sitzt Wolf an so einer Zeichnung. Am Ende ist sie fotografisch genau, täuschend echt. Seit 40 Jahren macht er das nun schon, vermehrt seit er im „Un-Ruhestand“ist. Wolf hat 20 Jahre als Chemiegraph und weitere 25 Jahre als Farblithograph gearbeitet. Er hat das Handwerk des Chemiegraphen, ein seit 1998 ausgestorbener Beruf, von Pike auf gelernt, kennt sich also bestens mit feinen und feinsten Linien aus. Er zeichnet nach Fotografien seine Frau Rosemarie, die eigenen Kinder und Enkelkinder, Kinder von Bekannten und prominente Persönlichkeiten.
Direkt für ihn Modell sitzen, das sei – Günter Wolf lacht – für die Betroffenen doch eine ziemlich lange Zeit. Etliche Prominente hat er mit seinen Stiften auf 185 Gramm schweres, altweißes Papier verewigt und ihnen damit eine Freude gemacht. Damals, Angela Merkel sei noch nicht Bundeskanzlerin gewesen, erzählt er, habe er auch sie durch eine Bleistiftzeichnung verewigt. Jahre später, er machte gerade ein Porträt vom Bundestagsabge- ordneten Stephan Stracke, zeigte er diesem das Bild von Angela Merkel. Der nahm es mit nach Berlin. Zum Dank erhielt Günter Wolf ein Schreiben, auf das er stolz ist und sorgfältig aufbewahrt.
Unter den Prominenten, deren Konterfei er auf seine ganz eigene Art zu Papier brachte und immer noch bringt, gehörten unter anderem Marilyn Monroe, Barack Obama und Franz Josef Strauß. Doch warum in die Ferne schweifen, Promis gibt es schließlich auch in Bayern. Dazu gehören Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ebenso wie Landtagsabgeordneter und früherer Bürgermeister von Bad Wörishofen Klaus Holetschek, Staatssekretär Franz Josef Pschierer, Minder delheims Bürgermeister und stellvertretender Landrat Stephan Winter und einige andere mehr. Darunter ist auch der Künstler Peter Knoll aus dem Feistritztal in der österreichischen Steiermark.
Die größte Herausforderung sei jedoch die Zeichnung von drei seiner acht Enkel gewesen, die alle auf einer Zeichnung zu sehen sind. Die damals vierjährige Zoe, die neunjährige Julia und den siebenjährigen David zeichnete Günter Wolf nach einem fotografischen Schnappschuss. Darauf ist er berechtigterweise besonders stolz.
Dass er nicht nur zeichnen, sondern auch imitieren kann, bewies Günter Wolf bereits mehrmals. Besonders in Erinnerung geblieben ist eine Weihnachtsfeier für die Familienmitglieder einer großen bayerischen Firma. Er wurde von einem Chauffeur abholt und nach seinem mit viel Beifall belohnten Vortrag mit Texten der Weihnachtsgeschichte von Ludwig Thoma, die er auswendig kennt, wieder heimgebracht.
Das Laienschauspiel machte ihm schon in der Jugend in einer Laienspielgruppe in Pasing große Freude. Kein Wunder, dass er von Stephan Stracke nach Berlin in den Bundestag eingeladenen wurde, am Rednerpult Franz Josef Strauß parodierte, und das mit großem Erfolg.
Und natürlich wurde dieses Ereignis in einer Fotografie festgehalten.