Starke Kinder gegen die Sucht
Wie die Awo-Beratungsstelle junge Menschen von Zigaretten, Alkohol und illegalen Drogen fernhalten will
Mindelheim Alkohol ist unverändert Droge Nummer eins im Unterallgäu, welche ganze Familien ins Unglück stürzen kann. Überall ist die Volksdroge zu haben und regelmäßiges Trinken wird in weiten Teilen der Bevölkerung verharmlost. Dennoch gibt es Hoffnung, wie Ursula Hiller von der Psychosozialen Beratungsstelle der Awo Schwaben mit Sitz in Memmingen und Mindelheim berichtet. Bei jungen Leuten ist es nicht mehr angesagt, regelmäßig zu tief ins Glas zu schauen. Allerdings gibt es offenbar mehr Jugendliche, die sich alle paar Wochen „die Birne wegbeamen“, wie es die Sozialpädagogin drastisch formuliert. Positiv wertet die Fachfrau, dass mehr Betroffene die Beratungsstelle in der Steinstraße aufsuchen. Sie kommen freiwillig, auch wenn vereinzelt die Führerscheinstelle mit Hinweisen nachhilft, weil sonst an Autofahren nicht mehr zu denken ist. Deutliche Erfolge gibt es beim Rauchen. „Wenn ich heute in einer Klasse frage, wer denn raucht, gehen vielleicht zwei Finger hoch. Vor Jahren war es noch die halbe Klasse“, so Hiller. Aber auch beim Rauchen ist nicht alles auf einem guten Weg. Die Shisha-Kneipen bereiten der Drogenexpertin Sorgen. Offenbar meinen viele junge Leute, das sei harmlos. Ist es nicht.
Wenig Bewusstsein gibt es offenbar auch bei chemischen Drogen, die über das Internet bezogen werden. Diese illegalen Substanzen seien leicht zu bekommen, aber niemand wisse wirklich, welche chemischen Substanzen in ihnen enthalten ist, warnt Hiller.
Die Awo Schwaben berät im Landkreis Unterallgäu in allen Fragen rund um Alkohol, Drogen, Medikamenten, Essstörungen und Glücksspiel. Ganz besonders sucht die Beratungsstelle den Kontakt zu den Schulen. Hiller konzentriert sich dabei auf die Kinder ab den fünften Klassen. Das hat einen pragmatischen Grund. Die Kapazitäten reichen nicht für mehr. Hiller arbeitet halbtags. Ein Kollege hilft bei der Prävention noch mit. Richtig gut läuft es offenbar in den Mittelschulen. In Türkheim zum Beispiel haben Lehrer zur Suchtvorbeugung gleich ein größeres Jahresprojekt daraus gemacht. Dabei wurden auch die Schulsozialarbeiter eingebunden. In jeder Schule gibt es als Pflichtaufgabe einen Lehrer, der um Suchtfragen kümmert oder besser kümmern sollte. Ursula Hiller würde sich wünschen, dass das auch konsequent in den Schulen umgesetzt wird. Ihr Eindruck: Allzu oft wird das Amt vergeben, aber es passiert dann nicht allzu viel. Für diese Lehrer bietet die Awo übrigens auch Fortbildungen an.
Dass Aufklärung in den Schulen langfristig wirkt, daran hegt Ursula Hiller keinen Zweifel. Früher sei auf Abschreckung gesetzt worden. Da wurde dann ein Raucherbein oder ein schwer kranker Patient mit einer Raucherlunge gezeigt. Die Wirkung sei überschaubar gewesen. Heute setzen die Sozialpädagogen auf Wissensvermittlung. Wie wirkt ein Stoff, was hat der Missbrauch für Folgen? „Da sind die Jugendlichen immer total aufmerksam“, so Hiller. Noch wichtiger sei, das Selbstwertgefühl und die Sozialkompetenz von jungen Menschen zu stärken. „Die Frage ist, warum Menschen süchtig werden.“Sich selbst bewusste Menschen, die um ihre Stärken wissen, seien weit weniger gefährdet, sagt Hiller.
Suchtprävention ist ein mühsames Geschäft. Schnelle Erfolge bleisich ben meist Wunschdenken. Und doch ist Ursula Hiller überzeugt, dass jeder Euro hier bestens investiert ist. Je weniger Kinder und Jugendliche in die Suchtfalle tappen, desto besser.
Die Mittel freilich sind immer zu knapp. Um so wichtiger ist der Förderverein Fliegenpilz. Er hat seinen Sitz in Memmingen und unterstützt die Prävention mit Geld für Plakate, Referenten und Projekte. Vorsitzende ist die Richterin Brigitte Grenzstein. Aktuell fördert Fliegenpilz ein Theaterprojekt für alle Achtklässler in Ottobeuren.
Niemand kennt die Inhaltsstoffe