Wenn das ganze Leben in Trümmern liegt
Durch ein Feuer hat eine Buchloer Familie ihr Hab und Gut verloren und muss neu anfangen. Die Polizei sucht weiter nach einer möglichen Ursache und kann Brandstiftung nicht ausschließen
Buchloe Ein Geräusch hat sie aus dem Schlaf gerissen. „Es hat sich angehört wie ein richtig starkes Gewitter“, erzählt das Mädchen. Als die Zwölfjährige ein Loch in ihrer Zimmerwand sah, wusste sie, dass etwas nicht stimmt. Sie sprang auf, um ihre neunjährige Schwester zu wecken. Erst dann roch sie den Rauch.
Die beiden Schwestern, der 17-jährige Bruder und ihr Vater schafften es noch rechtzeitig aus dem Haus, als dieses am Sonntagmorgen den Flammen zum Opfer fiel. Etwa 100 Feuerwehrleute aus Buchloe, Lindenberg und Bad Wörishofen waren ausgerückt, um das Feuer zu löschen. „Polizei und Feuerwehr ohne Ende“, erinnert sich ein Nachbar. Von dem Einfamilienhaus in der Berliner Straße ist dennoch nur eine rußige Ruine übrig geblieben.
Gegen 4 Uhr ging im Haus gegenüber der Alarm auf einem Funkgerät los. Der Sohn seiner Freundin ist bei der Feuerwehr, schildert ein Nachbar. Als er zur Tür hinaus eilte, um zu dem Einsatz zu fahren, kam er sofort zurück. „Es brennt“, schrie er, packte den Feuerlöscher und rannte zu den Nachbarn. Doch vergebens: Der Dachgiebel des Wohnhauses stand bereits in Flammen.
Schon zehn Minuten später sind die restlichen Einsatzkräfte im Buchloer Westen angekommen. Ausgebrochen war das Feuer in einem Holzunterstand vor dem Haus. Doch wie ist es dazu gekommen? „Momentan ermitteln wir in alle Richtungen“, gibt Polizeisprecher Sven Hornfischer Auskunft. Wegen Hinweise stehe dabei „vorsätzliche Brandstiftung im Raum“. Inzwischen unterstützt daher ein Brandsachverständiger des Bayerischen Landeskriminalamts die Ermittlungen der Kriminalpolizei Kaufbeuren. Bis das Gutachten erstellt ist, brauche es noch einige Tage, erklärt Hornfischer. Hinweise nimmt die Polizei unter 08341/933-0 entgegen.
„Mir geht es gut“, sagt die Zwölfjährige gefasst, als sie am Montag- vormittag zusammen mit ihrer Mutter vor den Trümmern steht. Von einer Freundin und den Nachbarn hat sie bereits Klamotten bekommen. Ihre Großeltern haben die drei Geschwister gleich am Sonntag bei sich aufgenommen.
In nächster Zeit werden die Kinder nun bei ihrer Mutter wohnen, die getrennt von ihrem Mann lebt. In diesem Moment aber treibt das Mädchen vor allem eine Sorge um: „Wir müssen noch das Huhn homehrerer len.“Das Tier verbrachte die Schreckensstunden im Baumhaus, einige Meter vom Wohnhaus entfernt. Wegen der Ermittlungen durfte auch die Familie das Grundstück bisher nicht betreten. Nun geht ein Beamter mit dem Mädchen zwischen Asche, verrußten Büchern und nur vage erkennbaren Gegenständen hindurch, um nach dem Huhn zu schauen. Kurze Zeit später bringt ein Nachbar einen Karton vorbei. „Ich kann es gerne in Pflege nehmen“, bietet er an. Eins mehr oder weniger falle bei seinen Dreien gar nicht auf.
Immer wieder kommen Nachbarn aus ihren Häusern, fragen die beiden, wie es ihnen geht, ob sie helfen können. „Wenn etwas ist, wir sind da – jederzeit“, betont eine Frau. Mit Tränen in den Augen nickt die Mutter, lächelt dankbar. „Sie standen in Schlafanzug, Jacke und Schuhen auf der Straße“, erinnert sich ein Nachbar. Da haben er und seine Freundin die vier direkt zu sich ins Haus genommen, während sie Kaffee und Tee kochten. Bei dem sonst reibungslosen Einsatz vermisste der Mann nur eine Sache: eine psychologische Betreuung für die Familie. „Die Hilfsbereitschaft ist total schön“, sagt die Mutter. Was sie jedoch noch dringend bräuchten, sind eine Waschmaschine sowie zwei Schultaschen für die Mädchen. Auch die Stadt hat gleich einen Termin bei der Kleidertruhe vereinbart. „Wenn sie Unterstützung brauchen, können sie sich jederzeit bei uns melden“, sagt Bürgermeister Josef Schweinberger. Er war selbst am Sonntagmorgen in die Berliner Straße gefahren, um sich nach der Familie zu erkundigen.
Wie es nun weiter gehen soll, weiß sie nicht, sagt die Mutter. Im Chaos der vergangenen Tage habe sie noch gar keine Zeit gehabt, sich darüber Gedanken zu machen. Falls es tatsächlich Brandstiftung gewesen sein sollte, bleibt für sie nur eine Frage: „Wieso sollte ein Mensch so etwas tun?“ O Hilfe Wer die Familie unterstützen möchte, kann sich unter E Mail raeich19@t online.de melden.