Mindelheimer Zeitung

Wenn das ganze Leben in Trümmern liegt

Durch ein Feuer hat eine Buchloer Familie ihr Hab und Gut verloren und muss neu anfangen. Die Polizei sucht weiter nach einer möglichen Ursache und kann Brandstift­ung nicht ausschließ­en

- VON JESSICA STIEGELMAY­ER

Buchloe Ein Geräusch hat sie aus dem Schlaf gerissen. „Es hat sich angehört wie ein richtig starkes Gewitter“, erzählt das Mädchen. Als die Zwölfjähri­ge ein Loch in ihrer Zimmerwand sah, wusste sie, dass etwas nicht stimmt. Sie sprang auf, um ihre neunjährig­e Schwester zu wecken. Erst dann roch sie den Rauch.

Die beiden Schwestern, der 17-jährige Bruder und ihr Vater schafften es noch rechtzeiti­g aus dem Haus, als dieses am Sonntagmor­gen den Flammen zum Opfer fiel. Etwa 100 Feuerwehrl­eute aus Buchloe, Lindenberg und Bad Wörishofen waren ausgerückt, um das Feuer zu löschen. „Polizei und Feuerwehr ohne Ende“, erinnert sich ein Nachbar. Von dem Einfamilie­nhaus in der Berliner Straße ist dennoch nur eine rußige Ruine übrig geblieben.

Gegen 4 Uhr ging im Haus gegenüber der Alarm auf einem Funkgerät los. Der Sohn seiner Freundin ist bei der Feuerwehr, schildert ein Nachbar. Als er zur Tür hinaus eilte, um zu dem Einsatz zu fahren, kam er sofort zurück. „Es brennt“, schrie er, packte den Feuerlösch­er und rannte zu den Nachbarn. Doch vergebens: Der Dachgiebel des Wohnhauses stand bereits in Flammen.

Schon zehn Minuten später sind die restlichen Einsatzkrä­fte im Buchloer Westen angekommen. Ausgebroch­en war das Feuer in einem Holzunters­tand vor dem Haus. Doch wie ist es dazu gekommen? „Momentan ermitteln wir in alle Richtungen“, gibt Polizeispr­echer Sven Hornfische­r Auskunft. Wegen Hinweise stehe dabei „vorsätzlic­he Brandstift­ung im Raum“. Inzwischen unterstütz­t daher ein Brandsachv­erständige­r des Bayerische­n Landeskrim­inalamts die Ermittlung­en der Kriminalpo­lizei Kaufbeuren. Bis das Gutachten erstellt ist, brauche es noch einige Tage, erklärt Hornfische­r. Hinweise nimmt die Polizei unter 08341/933-0 entgegen.

„Mir geht es gut“, sagt die Zwölfjähri­ge gefasst, als sie am Montag- vormittag zusammen mit ihrer Mutter vor den Trümmern steht. Von einer Freundin und den Nachbarn hat sie bereits Klamotten bekommen. Ihre Großeltern haben die drei Geschwiste­r gleich am Sonntag bei sich aufgenomme­n.

In nächster Zeit werden die Kinder nun bei ihrer Mutter wohnen, die getrennt von ihrem Mann lebt. In diesem Moment aber treibt das Mädchen vor allem eine Sorge um: „Wir müssen noch das Huhn homehrerer len.“Das Tier verbrachte die Schreckens­stunden im Baumhaus, einige Meter vom Wohnhaus entfernt. Wegen der Ermittlung­en durfte auch die Familie das Grundstück bisher nicht betreten. Nun geht ein Beamter mit dem Mädchen zwischen Asche, verrußten Büchern und nur vage erkennbare­n Gegenständ­en hindurch, um nach dem Huhn zu schauen. Kurze Zeit später bringt ein Nachbar einen Karton vorbei. „Ich kann es gerne in Pflege nehmen“, bietet er an. Eins mehr oder weniger falle bei seinen Dreien gar nicht auf.

Immer wieder kommen Nachbarn aus ihren Häusern, fragen die beiden, wie es ihnen geht, ob sie helfen können. „Wenn etwas ist, wir sind da – jederzeit“, betont eine Frau. Mit Tränen in den Augen nickt die Mutter, lächelt dankbar. „Sie standen in Schlafanzu­g, Jacke und Schuhen auf der Straße“, erinnert sich ein Nachbar. Da haben er und seine Freundin die vier direkt zu sich ins Haus genommen, während sie Kaffee und Tee kochten. Bei dem sonst reibungslo­sen Einsatz vermisste der Mann nur eine Sache: eine psychologi­sche Betreuung für die Familie. „Die Hilfsberei­tschaft ist total schön“, sagt die Mutter. Was sie jedoch noch dringend bräuchten, sind eine Waschmasch­ine sowie zwei Schultasch­en für die Mädchen. Auch die Stadt hat gleich einen Termin bei der Kleidertru­he vereinbart. „Wenn sie Unterstütz­ung brauchen, können sie sich jederzeit bei uns melden“, sagt Bürgermeis­ter Josef Schweinber­ger. Er war selbst am Sonntagmor­gen in die Berliner Straße gefahren, um sich nach der Familie zu erkundigen.

Wie es nun weiter gehen soll, weiß sie nicht, sagt die Mutter. Im Chaos der vergangene­n Tage habe sie noch gar keine Zeit gehabt, sich darüber Gedanken zu machen. Falls es tatsächlic­h Brandstift­ung gewesen sein sollte, bleibt für sie nur eine Frage: „Wieso sollte ein Mensch so etwas tun?“ O Hilfe Wer die Familie unterstütz­en möchte, kann sich unter E Mail raeich19@t online.de melden.

 ?? Foto: Christian Kiessling ?? Das Einfamilie­nhaus im Buchloer Westen konnten die Einsatzkrä­fte nicht mehr retten. Bei dem Brand am Sonntagmor­gen ent stand Sachschade­n in Höhe von etwa 500 000 Euro. Aus den Trümmern konnte die Familie nur noch einige Gegenständ­e bergen, wie...
Foto: Christian Kiessling Das Einfamilie­nhaus im Buchloer Westen konnten die Einsatzkrä­fte nicht mehr retten. Bei dem Brand am Sonntagmor­gen ent stand Sachschade­n in Höhe von etwa 500 000 Euro. Aus den Trümmern konnte die Familie nur noch einige Gegenständ­e bergen, wie...

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