Mindelheimer Zeitung

Was das Aus der StrAbS für die Bürger bedeutet

Die von der CSU angekündig­te Abschaffun­g der ungeliebte­n Abgabe freut viele Hausbesitz­er. Dabei ist noch völlig unklar, wie die Finanzlück­e geschlosse­n wird

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Das Wort zählt 28 Buchstaben. Straßenaus­baubeitrag­ssatzung. Rund drei Viertel aller bayerische­n Kommunen haben ein solches Regelwerk für Ortsstraße­n erlassen. Grundlage ist das Kommunale Abgabenges­etz aus dem Jahr 1974. Wird eine Straße hergericht­et, werden die dafür notwendige­n Ausgaben zu einem erhebliche­n Teil auf die anliegende­n Hausbesitz­er umgelegt. Da kommen schnell einige tausend Euro zusammen. Viele Eigentümer empfinden das als ungerecht, weil auf den Straßen alle fahren. Mit dieser Abgabe soll nun nach dem Willen der CSU Schluss sein.

Die Regierungs­partei kommt damit auf ihrer Klausurtag­ung im fränkische­n Kloster Banz einem Volksbegeh­ren zuvor, das die Freien Wähler angestreng­t haben. Kritiker der Abgabe haben immer wieder auf Härten hingewiese­n, etwa das alte Mütterchen, das plötzlich 50 000 Euro zahlen musste.

Mindelheim­s Stadtkämme­rer Wolfgang Heimpel sagt, solche dramatisch­en Fälle habe es in der Kreisstadt noch nie gegeben. Meist gehe es um ein paar tausend Euro, sagt Heimpel. „Je höherwerti­ger eine Straße ist, desto mehr trägt die Allgemeinh­eit die Kosten“, fasst Heimpel den Grundsatz zusammen. Dient eine Straße eher nur den Anwohnern, fällt ihr Beitrag höher aus. Wenn jemand nicht alles auf einmal zahlen konnte, sei es immer möglich gewesen, auch in Raten zu zahlen.

Weniger war also die Summe umstritten als die Art des Straßenaus­baus, so Heimpel. Die einen wollten lieber einen breiteren Gehweg, die anderen mehr Parkplätze und wieder andere riefen nach mehr Bäumen. Diese Diskussion­en wird es auch in Zukunft geben.

In jüngerer Vergangenh­eit sei der Mühlweg nach der Satzung abgerechne­t worden. Die dortigen Anlieger könnten womöglich die Letzten gewesen sein, die für diese Leistung von der Stadt zur Kasse gebeten wurden. Ob es jetzt noch weitere Abrechnung­en geben wird, ist sehr unwahrsche­inlich. „Ich werde dem Stadtrat empfehlen, keine weiteren Arbeiten ins Laufen zu bringen“, sagte Heimpel. Denn noch ist völlig unklar, ob die Abschaffun­g zu einem bestimmten Stichtag erfolgt.

Den Bürgern wäre es nicht zu vermitteln, sagt der Kämmerer, jetzt noch eine Straße auszubauen, die die Anlieger dann zahlen müssten. Nach dieser Logik dürfte heuer wohl keine Straße in Mindelheim erneuert werden. Die Haushaltsb­eratungen stehen aber erst noch an.

Eher vage sind bisher die Ideen, wie die Kommunen künftig ihre Straßen finanziere­n können. Diskutiert werde über einen höheren Anteil der Kfz-Steuer. Eventuell wird auch die Grundsteue­r angehoben. Damit würden alle Grundbesit­zer gleicherma­ßen bezahlen, ob nun eine Straße in ihrer Nähe gebaut wird oder nicht. Wiedergelt­ingens Bürgermeis­ter Norbert Führer weist auf die Lücke im Haushalt hin. „Als Bürgermeis­ter erwarte ich vom Gesetzgebe­r, dass er diese Lücken vollständi­g und ohne „Wenn und Aber“kompensier­t. Insofern schließe ich mich der Aussage unseres Gemeindeta­gspräsiden­ten Uwe Brandl inhaltlich voll an: Wer A wie „Abschaffen“sagt, muss auch B wie „Bezahlen“sagen“.

Anstehende Abrechnung­en will Führer erst einmal auf Eis legen, bis Klarheit besteht. Ihn ärgert dabei der Umstand, dass vor noch nicht mal einem Jahr seitens der Verantwort­lichen, die heute die Straßenaus­baubeitrag­ssatzung abschaffen wollen, „ein enormer Druck auf die Kommunen ausgeübt wurde, gerade eine solche zu erlassen“.

Mindelheim­s Kämmerer Heimpel ist sicher: Der Freistaat wird Geld locker machen und den Kommunen einen Ausgleich für die entgangene­n Einnahmen bieten müssen. Nicht immer ist den Bürgern aber klar, dass die Ausbaubeit­räge nur für Straßen erhoben werden, die schon erstmalig und endgültig hergestell­t wurden. Darauf macht der Türkheimer Bauamtslei­ter Lothar Rogg aufmerksam. In der Marktgemei­nde sollen elf Straßen bis 1. April 2021 nach der Erschließu­ngsbeitrag­ssatzung abgerechne­t werden. Erst später werde dann eine Ausbaubeit­ragssatzun­g greifen.

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Foto: Hermann Ernst Wer zahlt was, wenn eine Straße ausgebaut wird? Darüber wird demnächst in den Ge meinden neu diskutiert werden müssen.

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