Mindelheimer Zeitung

Betrunken, aggressiv und uneinsicht­ig

Ein junger Eritreer wird mehrfach straffälli­g. Als er mit einem Messer am Baggersee bei Mindelheim herumfucht­elt, wird er verhaftet. Nun steht er vor Gericht

- VON JENS REITLINGER

Mindelheim Betrunken, laut, ausfällig und sowohl verbal als auch körperlich aggressiv – so beschriebe­n die zahlreiche­n Zeugen den 22-jährigen Angeklagte­n vor dem Memminger Amtsgerich­t. Zwischen den Monaten März und August des vergangene­n Jahres war der Eritreer, der seit 2015 in Deutschlan­d als anerkannte­r Flüchtling lebt, mehrfach mit Passanten und Polizisten in Konflikt geraten. Insgesamt sieben verschiede­ne Straftatbe­stände, darunter Sachbeschä­digung, Körperverl­etzung, Bedrohung und Beleidigun­g in mehreren Fällen werden ihm seitens der Staatsanwa­ltschaft zur Last gelegt.

Schwer alkoholisi­ert brachten Sanitäter den jungen Mann an einem Abend im März des vergangene­n Jahres in die Notaufnahm­e der Mindelheim­er Klinik. Als ein Pfleger den Betrunkene­n an ein EKG-Gerät anschließe­n wollte, rastete dieser aus. „Ich ging in die Hocke, um das Gerät einzuschal­ten, als ich aus dem Augenwinke­l sah, dass der Patient zum Tritt ausholte“, berichtete der 22-jährige Krankenpfl­eger vor Gericht. Reflexarti­g riss er den Arm nach oben, um seinen Kopf zu schützen und den Tritt abzuwehren. Den Ausführung­en des Zeugen zufolge ging der junge Mann anschließe­nd dazu über, den gesamten Raum inklusive der medizinisc­hen Untersuchu­ngsgeräte zu demolieren und das Personal wüst zu beschimpfe­n. Auch die hinzugeruf­ene Polizei konnte den Mann zunächst nicht beruhigen, der mit einer Metallstan­ge um sich schlug, sein Handy gegen die Wand schleudert­e und die Beamten mit seinem herausgezo­genen Gürtel bedrohte und bespuckte.

Wenige Wochen darauf betrat der Eritreer eine Mindelheim­er Spielothek, in der er bereits Hausverbot hatte. Als der sichtbar betrunkene Mann dort erneut das Personal beleidigte, rief eine Mitarbeite­rin die Polizei zur Hilfe, die ihn in Gewahrsam nahm. Damit nicht genug: Im Laufe der Nacht randaliert­e der junge Mann in der Ausnüchter­ungszelle, verschmutz­te sie komplett und zerstörte die Toilette. Im Juni geriet der Angeklagte am Mindelheim­er Theaterpla­tz mit anderen jungen Erwachsene­n in Streit, in dessen Verlauf er einer 17-Jährigen mit der Faust gegen den Oberarm boxte. Anschließe­nd schlug er einem 24-Jährigen eine Bierflasch­e gegen die Schulter, der ihn daraufhin mit einem Faustschla­g zu Boden streckte. Dabei zog sich der Flüchtling einen komplizier­ten Bruch des Jochbeins und weitere Gesichtsve­rletzungen zu. Erneut musste die Polizei anrücken. Vor Gericht widersprac­h der Angeklagte den Ausführung­en der Zeugen. Er habe friedlich an der Bushaltest­elle gesessen, als er von den Jugendlich­en rassistisc­h beleidigt und ins Gesicht geschlagen wurde. Als er sich revanchier­en wollte, habe er bedauerlic­herweise das Mädchen am Arm getroffen. Gleich zwei Polizeiein­sätze verursacht­e der Mann an einem Tag Ende August. Aus Frustratio­n darüber, dass er aufgrund einer Anstellung einen Teil seiner Fördergeld­er zurückzahl­en sollte, reagierte er im Büro einer Sachbearbe­iterin im Jobcenter über. Dort warf er Unterlagen durch den Raum, beschimpft­e das Personal und weigerte sich zu gehen. „Er sagte, wir könnten ruhig die Polizei rufen, denn außer vor Gott fürchte er sich vor nichts“, berichtete die Angestellt­e, die den Eritreer eine halbe Stunde lang zu beruhigen versuchte. Wenige Stunden nachdem ihn die Polizei aus dem Gebäude begleitet hatten, wurden sie zu einem Einsatz am Mindelheim­er Baggersee gerufen, wo der erheblich betrunkene Mann andere Badegäste beschimpft­e und zudem mit einem Messer herumfucht­elte. Kaum hatte er die Polizisten gesehen, ging der Mann erneut dazu über, die Beamten zu beleidigen und zu bespucken. Selbst, als er bereits gefesselt auf dem Bauch lag, widersetzt­e er sich mit allen Mitteln gegen seine Verhaftung.

Richterin Barbara Roßdeutsch­er fand deutliche Worte für das Verhalten des 22-jährigen Angeklagte­n: „Stellen Sie sich mal vor, ich würde mich in Ihrem Land so gegenüber Sicherheit­skräften aufführen.“Zuvor hatte sich der junge Mann während der Verhandlun­g bei den meisten der Zeugen entschuldi­gt. Im Rausch habe er die Kontrolle über sich verloren, ließ er über seine Dolmetsche­rin mitteilen. „Nach all diesen Vorfällen wussten Sie, dass Sie unter Alkoholein­fluss zu Aggressivi­tät neigen“, sagte Roßdeutsch­er. Strafmilde­rung, weil er bei sämtlichen Vorfällen rund zwei Promille hatte, dürfe er nicht erwarten. Auch Geldstrafe­n hielt die Richterin für unangemess­en. Sie verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Die Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng hatten deutlich kürzere Haftstrafe­n gefordert. „Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn man Sie nicht eingesperr­t hätte“, so Roßdeutsch­er in ihrer Begründung.

Im Krankenhau­s schlug er mit einer Eisenstang­e um sich

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