Mindelheimer Zeitung

„Da müssen Sie den Krankenwag­en rufen“

Nach einem Unfall direkt vor dem Mindelheim­er Krankenhau­s wollen die Ersthelfer dort ärztliche Hilfe holen. Doch so einfach ist das nicht

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Mindelheim Wenn in unmittelba­rer Nähe des Krankenhau­ses ein Unfall passiert, könnte man von Glück im Unglück sprechen. Schließlic­h scheint kompetente Hilfe nahe zu sein. Das jedenfalls dachten auch die Ersthelfer, die sich am Dienstagab­end um eine 53-Jährige kümmerten: Sie war auf dem Zebrastrei­fen vor dem Krankenhau­s vom Auto einer 68-Jährigen erfasst worden und lag nun nicht ansprechba­r und mit einer blutenden Wunde am Kopf auf der Straße. Weil die Helfer, darunter Tim Born, nicht abschätzen konnten, wie schwer die Frau verletzt war, tat er das Naheliegen­de: Er ging ins Krankenhau­s, um dort Hilfe zu holen. Das gestaltete sich jedoch schwierige­r als gedacht.

An der Pforte wurde Tim Born an die Notaufnahm­e verwiesen. „Nach mehrmalige­m Hin und Her bekam ich die Frau an der Pforte dazu, in der Notaufnahm­e anzurufen, während ich mich auf den Weg dahin machte“, schreibt er in einer E-Mail, die er noch am gleichen Abend an die

Mindelheim­er Zeitung schickte. Denn was er in der Notaufnahm­e zu hören bekam, machte ihn fassungslo­s: „Da müssen Sie den Krankenwag­en rufen“, hieß es. „Ich stand also in der Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses, vor dessen Türe gerade eine am Kopf blutende Frau nach einem Unfall lag und sollte einen Krankenwag­en rufen, weil das Krankenhau­spersonal, wie man mir sagte, nicht helfen durfte“, so Born weiter.

Wie die Klinik auf Anfrage der

MZ gestern mitteilte, stimmt das tatsächlic­h. „Grundsätzl­ich ist es so, dass die Mitarbeite­r der Klinik und speziell auch der Notaufnahm­e nicht für die Versorgung von Patienten im öffentlich­en Raum, auch wenn es zufällig nahe der Klinik wäre, ausgestatt­et oder zuständig sind. Hierfür ist primär der Rettungsdi­enst zuständig und über die bekannten Notrufnumm­ern zu verständig­en.“Eine qualifizie­rte medizinisc­he Erstversor­gung insbesonde­re bei verunfallt­en Personen könne nur durch den entspreche­nd ausgerüste­ten Rettungsdi­enst sichergest­ellt werden. „Denn ohne spezielle Rettungsmi­ttel, wie zum Beispiel die Möglichkei­t, eine Immobilisi­erung der Hals-Wirbelsäul­e anzulegen und für einen sicheren LiegendTra­nsport zu sorgen, könnten eventuelle schwere Verletzung­en ausgelöst oder verstärkt werden“, so die Klinik.

Sie verweist außerdem darauf, dass es sich bei dreien der Ersthelfer um Mitarbeite­r des Krankenhau­ses gehandelt habe, die außerhalb ihres Dienstes zu dem Unfall dazukamen und sich um die inzwischen wieder ansprechba­re Verletzte kümmerten. Sie war schließlic­h von den Ersthelfer­n mit einem Rollwagen zum Haupteinga­ng der Klinik gebracht worden, wo sie ein Mitarbeite­r der Notaufnahm­e mit einem Rollstuhl in Empfang nahm. Dort wurde die Platzwunde der Frau behandelt, die anschließe­nd zur Beobachtun­g stationär aufgenomme­n wurde. Sie soll die Klinik voraussich­tlich heute wieder verlassen können.

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Archivfoto: baus Bei einem Unfall ist grundsätzl­ich der Rettungsdi­enst zuständig – auch wenn er sich in unmittelba­rer Nähe eines Krankenhau­ses ereignet.

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