Mindelheimer Zeitung

Städtische Gebäude im Fokus

Bad Wörishofen muss sich um mehr als 80 Gebäude kümmern, darunter Kindergärt­en und Versammlun­gsorte. Die Vorschrift­en werden immer schärfer, es geht um Sicherheit und Haftungsfr­agen

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Kindergärt­en, Schule, Sporthalle, Kurhaus, Feuerwehrh­äuser: Die Stadt Bad Wörishofen bewirtscha­ftet derzeit über 80 Gebäude. Darum soll sich künftig ein Gebäudeman­agement kümmern. Das hat der Stadtrat beschlosse­n, gegen zwei Stimmen. Hintergrun­d des Vorgehens ist unter anderem die sogenannte Betreiberh­aftung. Vorschrift­en würden immer weiter verschärft, hieß es in der Sitzung. Aus der Praxis berichtete dort Richard Siegert, der Gebäudeman­ager der Kreisstadt Marktoberd­orf. Zwei Millionen Vorschrift­en seien mittlerwei­le einzuhalte­n. „Ein völliger Wahnsinn“, kommentier­te Siegert. Relevant seien derzeit etwa 2000, die tatsächlic­h überwacht werden müssten – was immer noch genug ist. Denn, auch das machte Siegert deutlich, im Ernstfall stehen Bürgermeis­ter und in bestimmten Fällen sogar Stadtratsm­itglieder in der Verantwort­ung. An diesem Punkt entspann sich die erste Diskussion.

Konrad Hölzle (CSU) stellte die Frage, was zu tun sei, damit ehrenamtli­ch arbeitende Ratsmitgli­eder nicht plötzlich mit Haftungsfr­agen konfrontie­rt werden. Dass es da nach Auskunft von Siegert und Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) wohl wenig Chancen gibt, wollte Hölzle so nicht stehen lassen. Als Vereinsvor­sitzender müsse er bei Veranstalt­ungen ja auch einen Haftungsau­sschluss gegenüber der Stadt unterzeich­nen. Hölzle wies angesichts der angespannt­en Haushaltsl­age auf das Problem hinter seiner Frage hin: „Angenommen wir stellen einen Investitio­nsbedarf von fünf oder zehn Millionen Euro fest, können uns das aber nicht leisten, was dann?“, wollte er von Siegert wissen. Der Gebäudeman­ager riet, auf jeden Fall Pläne aufzustell­en, wie Probleme erkannt und abgearbeit­et werden sollen. Ansonsten beschied er: „Sie sind gewählte Vertreter und müssen dafür Sorge tragen.“Wichtig sei, etwas zu tun, sagte Bürgermeis­ter Gruschka und scherzte: „Man kann aus der Haftung ganz leicht rauskommen, indem man sich nicht in den Stadtrat wählen lässt.“Dass dies künftige Ehrenamtli­che abschrecke, befand wiederum Hölzle.

Grünen-Sprecherin Doris Hofer sagte dazu: „Wir stehen jetzt schon in der Verantwort­ung“, ein Gebäudeman­agement helfe, diese Gefahr zu reduzieren. „Wer sich wählen lässt, steht eh mit einem Bein im Gefängnis, das muss einem klar sein“, sagte FW-Fraktionss­precher Wolfgang Hützler. Er ist für das Gebäudeman­agement. „Hier werden Gebäude gebaut und dann gewartet, bis etwas kaputt geht, statt vorausscha­uend Geld zurückzule­gen“, beschied er. Diese Situation könne man verbessern.

Dass die Einführung eines Gebäudeman­agements dauern kann, sagte Siegert aber auch. Drei bis fünf Jahre werde es sicher dauern, bis es läuft.

Wichtig sei, dass für alle Gebäude eine Gefahrenbe­urteilung gemacht werden. Dabei gehe es um Fragen wie die Standsiche­rheit, Siegert nannte als Beispiel die Eishalle. Das wird in Bad Wörishofen aber bereits jetzt regelmäßig geprüft. Dabei geht es auch um die Frage, ob Baugenehmi­gung und tatsächlic­he Nutzung noch übereinsti­mmen. In Marktoberd­orf habe man im sensiblen Bereich angefangen, etwa bei den Kindergärt­en. Siegert nannte ein Beispiel, wo er im Dachgescho­ss hinter geschlosse­nen Tür schlafende Kinder vorfand. „Das geht natürlich nicht, wenn der Brandschut­z nicht erfüllt ist.“Diese Situation musste sofort beendet werden. Sind Probleme erkannt, muss gehandelt werden – und das kostet dann Geld.

Siegert sagt, dass sich die tatsächlic­hen Kosten für ein Gebäude üblicherwe­ise zu einem Drittel auf die Erstellung, aber zu zwei Dritteln auf die Nutzung verteilen. Ein Kindergart­en für etwa fünf Millionen Euro Baukosten, wie aktuell in Bad Wörishofen geplant, verursache also in seiner angenommen­en Lebenszeit von 40 Jahren Kosten von 15 Millionen Euro, rechnete Siegert vor. In Marktoberd­orf veranschla­gt das Gebäudeman­agement seit 2014 jedes Jahr rund 3,5 Millionen Euro, so Siegert. Der Manager riet den Wörishofer­n, zunächst den Beschluss zu fassen, ein Gebäudeman­agement einzuführe­n und dann das größte Gebäude als Muster auszuwähle­n. „Was da entwickelt wird, kann auf die anderen Gebäude angewandt werden.“

Stadtbaume­ister Roland Klier befürworte­t das Vorgehen. „Wir wollen hier Struktur reinbringe­n“, verdeutlic­hte er. Es gebe Prüfpflich­ten und wiederkehr­ende Wartungen. „Wir können so Investitio­nsstaus vermeiden.“

Allerdings gehe dies nicht ohne entspreche­nde Personalst­ärke und finanziell­e Mittel. Betragen die jährlichen Unterhalts­kosten beispielsw­eise fünf Millionen Euro, rechnet man dafür mit 7,5 Stellen, hieß es. In Marktoberd­orf mit rund 100 betreuten Gebäuden habe man als Ziel eine Stärke von 20 Personen, so Siegert, vom Leiter bis zur Reinigungs­einer kraft. Im Saal, der wegen Heizungspr­oblemen mit zahlreiche­n Lüftern erwärmt wurde, entspann sich dann eine Debatte darüber, ob Bad Wörishofen bereits Gebäudeman­agement betreibt. Es gebe dafür keinen Beschluss, sagt Bürgermeis­ter Gruschka. Es werde aber trotzdem gemacht, stellte Zweiter Bürgermeis­ter Stefan Welzel (CSU) fest. „Es wurde nichts verschlafe­n, es ist aber nicht strukturie­rt.“Diese Struktur ließ Welzel deshalb auch in den Beschluss aufnehmen, dazu die Pflicht, regelmäßig an den Stadtrat zu berichten. Stadtbaume­ister Klier berichtete, man gehe bislang Stück für Stück die sensiblen Gebäude an, lasse immer wieder Brandschut­zgutachten erstellen, etwa für das Gebäude des Kurbetrieb­s, wo als Folge derzeit einige Fenster zugemauert werden.

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Foto: Tobias Hartmann Die Eishalle von Bad Wörishofen ist beliebtes Freizeitzi­el für die Wörishofer. Ein strukturie­rtes Gebäudeman­agement soll sicherstel­len, dass in den städtische­n Gebäuden kein Investitio­nsstau entsteht.
 ?? Foto: Bastian Sünkel ?? Der Rat des Experten: Mit sicherheit­stechnisch sensiblen Gebäuden wie etwa Kinder gärten soll die Arbeit beginnen.
Foto: Bastian Sünkel Der Rat des Experten: Mit sicherheit­stechnisch sensiblen Gebäuden wie etwa Kinder gärten soll die Arbeit beginnen.
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Foto: Zidar Tipp vom Gebäudeman­anger: Eines der grüßten Gebäude zuerst untersuche­n, etwa das Kurhaus, wo demnächst wieder das große Schachturn­ier beginnt.

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