Droht in Zukunft noch mehr Hochwasser?
Laut einer neuen Studie müsse zum Schutz vor Hochwasser mehr getan werden. Auch in der Region?
Mindelheim Vor Kurzem veröffentlichte das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung eine aktuelle Studie zum Hochwasserschutz. Der zufolge könnte sich die Zahl der von Hochwasser betroffenen Menschen in ganz Deutschland in den nächsten 25 Jahren von 100 000 auf 700 000 Menschen erhöhen. Die Studie warnt, dass Länder die zwar schon viel Geld in den Hochwasserschutz aufwenden, trotzdem weiter in Deichausbau, verbessertes Flussmanagement und Veränderung von Baustandards investieren müssen. Schließlich nähmen die Hochwasserrisiken in den nächsten Jahrzehnten deutlich zu.
Die Studie beschäftigte sich mit Zahlen und Erhebungen aus der ganzen Welt, so weit sie verfügbar sind. Für regionale Entwicklungstendenzen lässt sich nur herauslesen, dass in Bayern die Zahl der von Hochwasser betroffenen Menschen von 2035 bis 2044 drei mal so groß sein wird, als die Zahl derer die von 1971 bis 2004 betroffen waren. Da der Hochwasserschutz Ländersache wurden die jeweiligen Daten für die Bundesrepublik nur je Bundesland errechnet.
Abteilungsleiter Philipp Clermont vom Wasserwirtschaftsamt in Kempten hat sich mit den Hochwasserschutzmaßnahmen im Unterallgäu über mehrere Jahre beschäftigt. „Ich kenne die Studie aus Potsdam nicht“, gesteht er. „Aber wir berechnen die Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz im Moment für ein hundertjährliches Hochwasser – sprich eines, das laut Statistik alle Hundert Jahre einmal vorkommt – und schlagen 15 Prozent aufgrund der Klimaänderung darauf.“
Die Zahlen die dem Wasserwirtschaftsamt als Rechengrundlage dienen werden beständig erhoben. Sie sind zum einen Niederschlagsmengen, zum anderen Überschwemmungsflächen bei Hochwas- serereignissen. „Natürlich kann die Statistik nicht sagen, ob nicht zwei solcher hundertjährlichen Hochwasser innerhalb von zehn Jahren auftreten“, gibt er zu bedenken.
Außerdem sei ein weiterer Schritt zu weniger Schäden die Bauleitplanung, die versuche die Bautätigkeit in Überschwemmungsgebieten so gut wie ganz einzuschränken, gibt Clermont Auskunft. Auch die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und die Renaturierung der Flüsse sei ein Schritt zu besserem Hochwasserschutz, erinnert Clermont.
Ein Beispiel für einen funktionierenden Schutz im Mindeltal sei das Rückhaltebecken samt Überflutungszonen in Dirlewang. Es habe in den zehn Jahren seines Bestehens schon mehrmals gezeigt, dass es ausreichend sei.
Ein weiteres mögliches Überschwemmungsgebiet im östlichen Landkreis sei die Wertach. Bei Veränderungen, zum Beispiel in Türkheim, werde darauf geachtet, dass der Hochwasserabfluss nicht nachist, teilig verändert werde, das sei Standard bei allen Bauvorhaben. Die Grundabsicht sei immer eine Verbesserung der bestehenden Situation. „Außerdem führen wir eine jährliche Deichschau durch. Dabei werden die bestehenden Schutzbauten überprüft und wenn nötig repariert oder erneuert“, so Philipp Clermont. Genauere Vorhersagen für die nächsten 30 bis 40 Jahre traue er sich aber nicht zu, betont Clermont. Somit auch keine Aussagen, ob die Dämme wegen einer möglichen größeren Überflutungsgefahr erhöht werden müssten.
Die nächsten Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Unterallgäu werden in diesem Jahr an der westlichen Günz gebaut. Dort werde südlich von Ottobeuren im Laufe des Jahres mit dem Bau eines von insgesamt fünf Rückhaltebecken begonnen. Wann sie jedoch mit den geplanten Baumaßnahmen an der östlichen Günz vorankämen, sei noch nicht klar. Clermont betont jedoch, dass das überregionale Projekt weiter vorangetrieben wird.
Nur zum Vergleich: Die Studie berechnet, dass in ganz Asien die Zahl der von schweren Überschwemmungen betroffenen Menschen von 70 auf 156 Millionen steigen wird. Die Schätzung bezieht sich auf die 2040er Jahre und rechnet außerdem mit ein, dass immer mehr Menschen weiterhin in die schon gefährdeten Gebiete ziehen werden.
Wie sich Überflutungen und Hochwasser genau entwickeln werden, kann weder das Wasserwirtschaftsamt noch die Studie aus Potsdam genau sagen. Ein Autor der Studie, Anders Levermann, weist darauf hin, dass die Prognose der Zunahme der Hochwasserrisiken in den nächsten Jahrzehnten nur aufgrund der Treibhausgase verursacht werden, die sich bereits in der Atmosphäre befinden. Die Entwicklung hänge nicht nur davon ab, ob die Erderwärmung begrenzt werden könne. Sollte dies nämlich ebenfalls nicht der Fall sein, dann wären die Folgen noch viel verheerender, so Levermann.