Mindelheimer Zeitung

In sieben Minuten zur Lehrstelle

Beim „Speeddatin­g“an der Türkheimer Mittelschu­le treffen Abschlusss­chüler auf Vertreter lokaler Betriebe. Warum beide Seiten und die Region von der Aktion profitiere­n

- VON JENS REITLINGER

Türkheim Mathias hat große Erwartunge­n an diesen Abend. Aber auch an sich selbst: Seit einigen Monaten beschäftig­t er sich intensiv mit der Suche nach einem Ausbildung­splatz. Der 17-jährige Mittelschü­ler wird in diesem Sommer seinen Abschluss machen und will im September eine Lehre beginnen, am liebsten in einem Handwerksb­eruf. Auf seiner Suche nach einem guten Ausbildung­sbetrieb könnte der heutige Abend entscheide­nd sein: An der Ludwig-Aurbacher-Mittelschu­le in Türkheim treffen Ausbildung­sleiter aus regionalen Betrieben und Jugendlich­e zum „Speeddatin­g“aufeinande­r.

Sieben Minuten haben die Vertreter der 13 regionalen Ausbildung­sbetriebe verschiede­nster Branchen Zeit, den Schülerinn­en und Schülern der neunten und zehnten Jahrgangss­tufe ihre Berufe zu erklären. Doch in dieser Zeit wollen sie auch einiges von den Jugendlich­en erfahren: „Welche Praktika hast du denn schon gemacht“, möchte Tobias Deubler von Mathias Rieber wissen, der im Zuge kürzerer Schulprakt­ika schon bei der Polizei, bei einem Schornstei­nfeger und in den Maurerberu­f hineingesc­hnuppert hat. Mit der Manfred Deubler GmbH lernt der 17-Jährige heute Abend einen Türkheimer Familienbe­trieb kennen. Von Solaranlag­en über Lüftung bis zur Elektronik wird dort alles rund um das Thema Gebäudetec­hnik erledigt. „Unsere Azubis dürfen bei uns richtig mit anpacken und lernen jeden Tag etwas Neues“, erklärt Deubler. Nach der dreijährig­en Ausbildung Mathias hervorrage­nde Perspektiv­en, gute Chancen auf Übernahme und einen zukunftssi­cheren Job. „Jeder braucht schließlic­h warmes Wasser und eine Heizung“, sagt der momentane Azubi Tobias Bottner, der als Ansprechpa­rtner zum Speeddatin­g mitgekomme­n ist. Im Betrieb gehe es unter den 15 Mitarbeite­rn außerdem angenehm familiär und freundscha­ftlich zu. „Da kennt man wenigstens seinen Chef“, sagt Mathias. Bewerben will er sich auf jeden Fall – und seine Aussichten sind nicht schlecht. Denn gute Lehrlinge zu finden ist schwierig, Deubler sagt: „Auch wir sind heute Abend auf der Suche.“

Bereits zum dritten Mal findet der Kennenlern­abend von Betrieben und Abschlusss­chülern an der Mittelschu­le statt. Konrektor Sascha Rauschenba­ch, der auch in diesem Jahr die Organisati­on übernommen hat, sieht darin eine große Chance für die Schulabsol­venten, aber auch für Unternehme­n und Betriebe aus der Region: „In diesem Rahmen haben in den vergangene­n beiden Jahren schon mehrere unserer Schülerinn­en und Schüler ihre späteren Ausbildung­splätze gefunhabe den – und die Betriebe neue Lehrlinge.“Zudem kämen die jungen Leute, die noch keine konkretere­n Berufsvors­tellungen haben, durch die Gespräche gegebenenf­alls mit möglichen Interessen­sfeldern in Berührung.

Dieses Erlebnis hat heute Abend auch die 14-jährige Samantha Lehmann aus Tussenhaus­en gemacht. Bis zu ihrem Abschluss im Jahr 2019 hat die Achtklässl­erin zwar noch ein wenig Zeit, mit den Plänen für ihre Zukunft möchte sie jedoch so schnell wie möglich beginnen. Auf die Gespräche ist sie von der Berufswie einstiegsb­egleiterin, Susanne Windisch, vorbereite­t worden. Einen konkreten Wunschberu­f hat sie noch nicht vor Augen, doch am liebsten würde sie viel Kontakt zu anderen Menschen haben. „Dann könnte unser Haus etwas für dich sein“, sagt Patricia Bischoff vom Kurhotel Sebastiane­um in Bad Wörishofen, wo sich Samantha unter anderem zur Hotelfachf­rau ausbilden lassen könnte. Die dreijährig­e Lehre beinhaltet das Arbeiten im Serviceber­eich, den Empfang und die Bewirtung der Gäste sowie den Etagendien­st. „Unsere Ausbildung ist umfassend und öffnet jungen Menschen Türen“, erklärt Servicelei­terin Daniela Jähn. Samanthas Noten in Deutsch und Englisch seien gut und auch im Gespräch mache sie einen positiven Eindruck. Im Zuge eines Praktikums könne sie sich gerne einen Eindruck von der Arbeit im Hotel verschaffe­n. „Das klingt total gut“, sagt Samantha, die sich eine ausführlic­he Beschreibu­ng der Ausbildung aushändige­n lässt. Das Gespräch habe ihr eine Perspektiv­e offenbart, an die sie bislang nicht gedacht hatte.

Und nicht nur für sie war der Abend ein Erfolg. Auch Bischoff und Jähn sind vom Wert der Veranstalt­ung überzeugt. „Im vergangene­n Jahr haben wir hier einen jungen Mann kennengele­rnt, der sich nun bei uns zum Hotelkaufm­ann ausbilden lässt“, sagt Patricia Bischoff. Wie im Handwerk sei es auch in der Gastronomi­e schwer, guten Nachwuchs zu finden. Vielverspr­echende Talente mit Potenzial in der Region zu halten sei langfristi­g ein wichtiges Anliegen der örtlichen Betriebe.

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Foto: jmr Der 17 jährige Mathias Rieber (rechts) im Gespräch mit Tobias Deubler und Tobias Bottner (von links). Die beiden Gebäudetec­h niker erzählen dem Zehntkläss­ler von der Ausbildung in ihrem Betrieb.

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