Zuversicht als Glücksgarant
Vertreibung, Schicksalsschläge: Ingeborg Stolte ließ sich nie unterkriegen
Bad Wörishofen Leicht hatte es Ingeborg Stolte in ihrem langen Leben nie. Doch aufgegeben hat sich nicht. Im Gegenteil: Die Zuversicht auf ein besseres Leben und ihren Humor hat sie sich stets bewahrt. Jetzt konnte sie in ihrer gemütlichen Wörishofer Wohnung mit Blick auf den Wörthbach ihren 90. Geburtstag bei guter Gesundheit feiern. Zweiter Bürgermeister Stefan Welzel überbrachte die Glückwünsche für die Stadt und im Namen von Landrat Hans-Joachim Weirather. Pfarrerin Susanne Ohr sprach für die evangelische Kirchengemeinde die besten Wünsche aus.
Als Ingeborg Kühn kam die Jubilarin in Stettin/Pommern zur Welt. Sie war das einzige Kind ihrer Eltern. Schon mit drei Jahren verlor sie ihren Vater durch einen Unfall. Ihr späterer Stiefvater war sehr streng, ermöglichst ihr jedoch den Besuch einer höheren Schule. Nach den harten Kriegsjahren begann sie in Stettin eine Ausbildung als Steuerfachgehilfin. Dazwischen kam allerdings die Vertreibung, wo es in einem Viehwaggon eingepfercht im Jahre 1946 zum Auffanglager nach Friedland ging. Zusammen mit ihrer Mutter fand sie bei einem Bauern in der Nähe eine Unterkunft. Nächste Station war Braunschweig, wo Ingeborg ihre Lehre fortsetzen und die Prüfung zur Steuerfachgehilfin ablegen konnte. Nachdem sie schon als Kind ein Faible fürs Tanzen hatte, ging sie in eine Tanzschule. Hier lernte sie den Kaufmann Günther Stolte kennen, und im Jahre 1953 läuteten die Hochzeitsglocken für sie. 1960 übernahmen sie ein eingeführtes Feinkostgeschäft und wohnten in einem eigenen schönen Fachwerkhaus. Hier hatten sie ein gutes sorgenfreies Leben. Doch das Glück wurde nach 21 Jahren Ehe plötzlich beendet, als der geliebte Ehemann im Januar 1975 durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen wurde. Ein halbes Jahr führte Ingeborg Stolte zusammen mit zwei Angestellten das Feinkostgeschäft noch weiter, wechselte dann die Branche, bis zum Ruhestand.
In ihrem langen Leben fuhr sie sehr gerne mit dem Auto; glücklicherweise auch unfallfrei, und zwar mit der Marke Opel, von der sie in 57 Jahren zehn verschiedene Modelle fuhr. Von Braunschweig aus machte Ingeborg Stolte gerne Urlaub am Tegernsee und Chiemsee, und so zog sie im Ruhestand nach Ruhpolding. Hier wurde sie Mitglied im Kneippverein und da kommt man irgendwann auch nach Bad Wörishofen. Es war Liebe auf den ersten Blick, Bad Wörishofen wurde ihre neue Heimat. Ihren geliebten Tanzsport konnte sie hier in verschiedenen Lokalen pflegen. Sie engagierte sich sozial und betreute acht Jahre eine Frau, die auf den Rollstuhl angewiesen war. Hierfür erhielt Ingeborg Stolte zum Dank eine Auszeichnung. Die Jubilarin genießt ihr Leben. Dazu passt einer ihrer Lieblings-Sprüche: „Wenn man nicht hat, was man liebt, muss man lieben, was man hat.“