Das Mekka der Narren
Mehr als 90 Gruppen zogen beim Umzug des Schetterhaufens durch Kammlach und begeisterten so viele Zuschauer wie nie
Kammlach Die Narren aus dem gesamten süddeutschen Raum sind am Faschingssamstag nach Kammlach gepilgert, um einen Faschingsumzug zu erleben, der seinesgleichen sucht. Tausende von fröhlichen Narren säumten die Straßen, fast genauso viele liefen mit. Der Schetterhaufen vereinte wie immer die Elemente der alemannischen Fasnacht und des schwäbischen Faschings: Nonstop zogen Guggenmusiken, Bärenjäger, Häs- und Maskenträger, Hexen und Teufel in allen Variationen sowie dazwischen Motivwagen, Gardinchen und gekrönte Faschings-Häupter durch die Hauptstraße. Und alle waren bester Stimmung.
Eigentlich wollte Zunftmeisterin Ira Müller den Umzug einmal auf 70 Gruppen begrenzen. Doch daraus wurde auch in diesem Jahr nichts: Rekordverdächtige fast 100 Zugnummern wurden vergeben. Rechnet man die Untergruppen dazu, kommt man leicht auf mehr als 100.
Pünktlich um 13.31 setzte sich der Gaudiwurm in Bewegung, wie immer angeführt von der Blaskapelle Unterkammlach. Es folgten die heimischen Vereine. Die Kleinsten des Ortes, die Kindergartenkinder, waren zusammen mit ihren Erzieherinnen in Indianer- und CowboyKostüme geschlüpft. Der Schützenverein nahm das „Duranand“bei der Berliner Regierungsbildung auf die Schippe. Einen besonderen bunten Farbtupfer setzte die Aerobic- Gruppe, die einen Hauch von Frühling verbreitete: Die Damen wirbelten als bunte Schmetterlinge durch die Straßen. Und natürlich durften auch die Kohlberghexen nicht fehlen.
Der Schetterhaufen selbst schickte nur ein paar Mitglieder auf die Reise, der Rest war in die Organisation eingebunden. „Unser Verein stellte alleine 80 Ordner“, berichtete die Zunftmeisterin, die traditionell in der Mitte das närrische Geschehen kommentierte. Dazu kommen noch 150 Kammlacher, die im Servicebereich tätig sind, denn auf die Narren warteten zahlreiche Getränkeund Brotzeit-Oasen. Der Schetterhaufen sozusagen am Limit.
Doch die Arbeit wird wenigstens honoriert. Die Maskengruppen kamen aus Schwaben und Württemberg. Und so hallten doch die seltsamsten Sprüche wie „D’Gaus isch weg – jetzt hosch da Dreck“oder „Kretta rom, Kretta rum“durch Kammlach.
Und die Hästräger waren wie immer gut drauf. Sie jagten hinter Mädchen her, klauten Schnürsenkel oder gleich den Schuh und neckten die Kinder, in dem sie ihnen zunächst „a Guatsle“anboten und dann schnell die Hand wegzogen. Tonnen von Konfetti ergossen sich über die Zuschauer, ein Mitbringsel, an dem die Narren noch lange zu Hause ihre Freude haben werden. Und als Entschädigung für das Necken rafften sich die Maskenträger immer wieder zu gewagten Pyramiden auf.
Bürgermeister Josef Steidele kam auch nicht ungeschoren davon. Er musste immer wieder mit den heimischen Garden beim Marsch das Tanzbein schwingen. Über zwei Stunden dauerte der Gaudiwurm mit Moraweibla, Gluatahexa, Wasastecher und Stadtbachhexa. Die meisten Gruppen der alemannischen Fasnacht beziehen sich auf Sagen, und so soll zum Schluss noch einmal an die Geschichte des Schetterhaufens erinnert werden:
„Ritter Heinrich von Kamploch war etwa 1300 Besitzer der Kammelburg. Heute weiß niemand mehr, wo diese Burg stand. Kinder fanden jedoch in einer Schlucht, wo die Quelle entspringt, ein auffälliges Gestein. An einem Erdvorsprung entdeckten sie ein Loch, das einige Meter tief in den Berg reichte und bis 1980 noch bestand. Dies soll einmal der Eingang zu einem unterirdischen Gang gewesen sein, der bis zur Mindelburg reichte.
Aus diesem Loch erklangen manchmal laut schetternde Geräusche. Der Grundstücksbesitzer ließ wegen der Gefährdung der dort spielenden Kindern dieses Loch einebnen. Die „Grabakrattler“hatten dadurch keine Heimat mehr und zeigen sich nun laut schetternd in der Fasnet der Öffentlichkeit! Bis zum nächsten Jahr müssen sie nun bald wieder ins Loch.“
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Weitere Bilder vom Umzug gibt es unter mindelheimer zeitung.de/bilder