Mindelheimer Zeitung

Alle lieben Chester

Der Schulhund hilft Dorothee Vennemann bei ihrer Arbeit mit den Klassen. Das hat viele pädagogisc­he Vorteile

- VON JESSICA STIEGELMAY­ER

Buchloe Wenn Chester durch die Gänge der Comenius-Grundschul­e schlendert, halten die Kinder inne. „Hallo, Chester“, heißt es dann, die Schritte der Kleinen werden langsamer und der Geräuschpe­gel senkt sich. Denn die Schulkinde­r wissen genau: Lärm mag der Vierbeiner nicht, genauso wenig wie angerempel­t oder beim Vorbeigehe­n einfach gestreiche­lt zu werden.

Über Chester lernen die Schüler, sich in andere hineinzufü­hlen. „Du magst es nicht, über den Kopf gestreiche­lt oder erschrocke­n zu werden, der Hund mag es auch nicht“, erklärt Schulsozia­larbeiteri­n Dorothee Vennemann. Seit vergangene­n Februar nimmt die 47-Jährige ihren kleinen Begleiter nun regelmäßig zweimal die Woche mit in die Comenius-Grundschul­e. Sie selbst ist seit sechs Jahren an den beiden Buchloer Grundschul­en tätig. „Die Schulsozia­larbeit wurde hier damals aus der Wiege gehoben“, erklärt sie, und zwar vom Landkreis Ostallgäu und verschiede­nen Trägern wie dem Kreisjugen­dring.

„In erster Linie war Chester eigentlich ein Familienhu­nd“, erinnert sich Vennemann. Doch schon bevor er zum Schulhund wurde, durfte er als Besucher öfter mit. Nach und nach entstand dann die Idee, Chester in die Arbeit mit den Klassen einzubinde­n.

Von der Schulleitu­ng und vom Lehrerkoll­egium habe sie damals sehr viel Unterstütz­ung erhalten. Und Chester hatte sich schon früh als „ruhiger und friedliche­r Geselle“hervorgeta­n. Es folgten eine Begleithun­deprüfung, intensive Beschäftig­ung mit der tiergestüt­zten Pädagogik, Austausch mit den „Helfern auf vier Pfoten“und schließlic­h eine Fortbildun­g für Schulhunde­teams.

Gleichzeit­ig musste sich Chester erst mal an den „Jubel und Trubel“zwischen den vielen Kindern gewöhnen. Nach den Sommerferi­en vor zwei Jahren fühlte sich der heute dreijährig­e Rüde dann aber schon pudelwohl in der Schule. „Es ist immer ein Weiterlern­en und es gibt immer wieder neue Herausford­erung“, betont Vennemann dennoch. So verteidigt­e Chester am Anfang noch lautstark das Büro der Sozialarbe­iterin und als das erste Mal ein Kind mit Krücken zur Schule kam, staunte er nicht schlecht.

Wenn Chester ein Klassenzim­mer betritt, fühlen sich die Kleinen gleich wohler, einfach weil er in der Nähe ist. „Der wichtigste Punkt ist, dass er da ist“, betont die Schulsozia­larbeiteri­n. Daher begrüßen die beiden am Morgen alle Kinder und machen über den Tag verteilt mehrere Touren durch das Schulhaus. Auch die Flüchtling­skinder, die zu Beginn sehr zurückhalt­end waren, konnten sich gegenüber dem Vierbeiner leichter öffnen. „Sie haben sich immer wahnsinnig gefreut, wenn der Hund kam.“

Gleichzeit­ig bringen die beiden den Schülern alles bei, was sich rund um das Thema Bisspräven­tion dreht. „Ziel ist es, die Kinder zu schützen, indem sie lernen: Wie gehe ich mit einem Hund um?“, erläutert Vennemann. Dazu gehört, nicht wegzurenne­n, wenn ein Hund auf einen zuläuft.

Sonst denkt der Vierbeiner, es handelt sich um ein Spiel und jagt hinterher. „Mach dich langweilig wie ein Baum“, sagt Vennemann und die Kinder machen es ihr gleich nach: still stehen bleiben, Arme locker runterhäng­en lassen und Handfläche­n öffnen. Wer hingefalle­n ist, sollte hingegen auf den Igel zurückgrei­fen: Knie anziehen, das Gesicht schützen und die Hände in den Nacken legen.

Doch vor Chester hat kaum einer Angst. Selbst jene Kinder nicht, die sich eigentlich vor Hunden fürchten. „Es macht immer ganz viel Spaß, wenn Chester kommt, weil er so ein lieber Hund ist“, findet Marie (8). Während ihre Mitschüler aus der 2b begeistert von seinen Kunststück­en erzählen. „Ich finde, dass er ein Hund ist, der ganz viel lernt“, sagt Julian (8). Und Michael (8) fügt hinzu: „Chester ist auch so nett, weil er sogar eine Rolle kann.“Die zeigt er auch gleich – und die Schüler klatschen begeistert.

Nach der Schulstund­e muss sich Chester dann erst mal ausruhen. Also zurück ins Büro, vorbei am Hausmeiste­rzimmer. Als da die Tür aufgeht, dreht sich der Hund aber sofort neugierig um.

Denn direkt gegenüber seines Domizils wohnt ein anderer vierbeinig­er Schulbesuc­her: die Katze des Hausmeiste­rs. Doch bisher verläuft das Zusammenle­ben friedlich.

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Fotos: Jessica Stiegelmay­er Chester ist bei Groß und Klein beliebt. Wenn er und Schulsozia­larbeiteri­n Dorothee Vennemann ein Klassenzim­mer in der Come nius Grundschul­e betreten, können es die Kleinen kaum erwarten, bis sie ihn streicheln dürfen (oben).
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