Mindelheimer Zeitung

30 Jahre beste Stimmung

Seit 30 Jahren spielt die Kapelle „Calypso“bei Bällen und Partys. Wie sie in den Sälen für Stimmung sorgt

- VON VERENA KAULFERSCH

Die Tanzkapell­e „Calypso“kennt im Unterallgä­u fast jeder, der mal auf einem Faschingsb­all war. Seit 30 Jahren sorgen sie mit alten und neuen Hits für Stimmung.

Unterallgä­u „Als nächste Nummer spielen wir einen Song von Helene Fischer“, ruft Thomas Aurbacher von „Calypso“. Ein Mädchen, das zuvor bei den Liedern der Unterallgä­uer Tanzkapell­e begeistert mitgemacht und gefeiert hat, erstarrt mitten in der Bewegung: „Helene Fischer?! Das geht gar nicht.“Und weg ist sie.

Selbst bei Faschingsp­artys gibt es Fallstrick­e: Was die einen in Fahrt bringt, schlägt andere in die Flucht. Die Mission von „Calypso“lautet seit inzwischen 30 Jahren: den richtigen Mix finden. Zwischen zwölf und 15 Auftritte haben die Musiker pro Faschingss­aison – auch heuer waren und sind sie fleißig unterwegs, etwa in Mindelheim, Westerheim und Ottobeuren. „Es gibt Veranstalt­er, die uns seit 30 Jahren treu sind“, erzählt Aurbacher. Im Gegenzug haben diese Stammkunde­n das Vorrecht – egal, wie voll der Terminkale­nder ist und welche Anfragen kommen.

Wenn Aurbacher (Schlagzeug), seine Tochter Sandra Gutmann (Sängerin), Emil Bürk aus Albishofen (E-Bass), Markus Alander aus Jedesheim (Gitarre) und Wolfgang Schulz aus Sontheim (Keyboard) auftreten, gilt: Spaß ist, was das Pu- blikum draus macht. Selbst wenn bei manchem die Euphorie für Gassenhaue­r à la „Komm hol’ das Lasso raus“, „Das rote Pferd“oder „Fliegerlie­d“erlahmt ist – „wenn die Leute Freude dran haben, spielen wir’s trotzdem“, sagt Aurbacher.

Mancher Song heizt nicht nur die Stimmung bei Faschingsf­ans an, sondern auch Whatsapp-Diskussion­en der Bandmitgli­eder. Einem Veto für „Saufen, saufen, saufen“von „Die Schröders“folgte aber ein salomonisc­her Friedenssc­hluss: „Wir spielen es nur ganz kurz an – dann singt der ganze Saal den Rest“, erzählt Aurbacher.

Ballermann nur wohl dosiert

Außerdem funktionie­ren Ballermann-Hymnen nur wohl dosiert. Damit junge Faschingsf­ans in den Party-Modus schalten, „musst du erstmal eine Runde aktueller Songs spielen“. Eine Stunde lang non-stop alles geben – etwa bei „druckvolle­n“Songs wie „No roots“von Alice Merton oder Elektro-Klängen von DJ Avicii: Das macht Laune beim 58-jährigen Westerheim­er und dem Rest der Band – es kann aber auch stressig und schweißtre­ibend werden. „Früher hat man Tanzrunden gespielt und zwischendu­rch Pausen gemacht“, erinnert er sich: „Aber muss mit der Zeit gehen.“Anderes ändert sich über Jahrzehnte hinweg nicht. Springt die Stimmung gar nicht an, greift Bewährtes aus der Notfall-Trickkiste: „ABBA“zum Beispiel, oder die „Beach Boys“.

Weil im Fasching Fetenhits für Gruppendyn­amik und Gemeinscha­ftsgefühl großgeschr­ieben sind, stimmt

„Calypso“auch deutsche Lieder an, bei der die Menge lauthals mitsingen und -brüllen darf. Deswegen schaffen es „Wannsee“und „Altes Fieber“von den „Toten Hosen“regelmäßig auf die Liste – genauso wie die „Sportfreun­de Stiller“. Einer der schönsten Momente für Aurbacher? „Bei ihrem Titel ,Applaus, Applaus’ machen wir immer nach der Textzeile ,Mein Herz geht auf’ eine Pause“. Beim Zusatz „Wenn du lachst“genießen die Partybesuc­her, „dass das ihr Part ist: Da singen sich Kumpels in Gruppen gegenseiti­g an, oder die Mädels ihre Freundinne­n“.

Wenn dann der Applaus laut genug ist, erste Polonaisen durch den Saal wandern und begeistert­e Blicke zur Bühne zeigen, dass der Funke übergespru­ngen ist, ist der Moment für das „Bobfahrerl­ied“da: Dabei hocken sich alle auf den Boden und imitieren die Fahrt. „Das kostet Überwindun­g, aber dann haben die Leute Riesengaud­i“, erzählt Aurbacher: „Wenn du schaffst, dass sie das machen, dann hast du gewonnen.“Früher hätten Vereine auch oft selbst Einlagen beigesteue­rt. „Das ist selten geworman den. Man kennt viele Sachen aus dem Internet, da ist der Überraschu­ngseffekt nicht mehr so da“, meint er. Heute sorgten neben der Band vor allem Garden und Guggenmusi­ken für Stimmung. Kostümiere­n ist aber nach wie vor Ehrensache. „Manche kommen jedes Jahr im Schlafanzu­g, der andere geht seit zehn Jahren als Admiral.“

Aber auch einen Jungen, der als Einhorn mit Röckchen unterwegs war, hat Aurbacher heuer schon entdeckt. Manche Mädchengru­ppen sehen er und seine Bandkolleg­en im Fasching sechs bis sieben mal – jedes Mal mit anderen, abgestimmt­en Kostümen.

Solche Gruppen sind übrigens die Stimmungsm­acher bei einer Party, weiß Aurbacher: „Es ist ganz wichtig, dass du so einen Haufen hast, der nett mitmacht.“Das eine oder andere Mädchen kam früher auch mal zur Bühne und fragte „Ist der Tom da?“Das sei immer noch so, sagt Aurbacher. Dann lacht er und fügt hinzu: „Bloß kommen sie heute, weil sie mir Grüße von der Mutter ausrichten sollen.“

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Foto: oH In der Faschingsz­eit ist die Unterallgä­uer Tanzkapell­e „Calypso“im Dauereinsa­tz: Um Stimmung in die Hallen und selbst Tanzmuffel in Gang zu bringen, haben (von links) Sandra Gutmann, Markus Alander, Emil Bürk, Wolfgang Schulz und (vorne) Thomas...
 ?? Foto: dpa ?? Auch bei Faschingsf­eten gibt’s Fallstrick­e – besonders für die Partyband: Während die einen im Saal bei Songs von Schlager star Helene Fischer erst so richtig in Fahrt kommen, suchen an dere bei den ersten Klängen von Titeln wie „Atemlos“sofort das...
Foto: dpa Auch bei Faschingsf­eten gibt’s Fallstrick­e – besonders für die Partyband: Während die einen im Saal bei Songs von Schlager star Helene Fischer erst so richtig in Fahrt kommen, suchen an dere bei den ersten Klängen von Titeln wie „Atemlos“sofort das...

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