Mindelheimer Zeitung

Der Allertreue­ste

Fritz Haag hat sein Leben dem Sport gewidmet. Er stand im legendären Aufstiegss­piel des FCW im Jahr 1946 auf dem Platz, gehörte später zu den Gründern des Eislaufver­eins und Einigem mehr

- VON HELMUT BADER

Bad Wörishofen Es gibt treue und treueste Vereinsmit­glieder – und es gibt Fritz Haag. Als er dem FC Bad Wörishofen beitrat, waren die meisten aktuellen Mitglieder noch nicht einmal geboren. Seit 70 Jahren gehört er dem FCW nun an – und nicht nur das. Neben dem Fußball war er dabei, als der Wörishofer Eislaufver­ein aus der Taufe gehoben wurde, spielte auch in den Tennismann­schaften, fuhr schon früh Ski mit den ersten Versuchen in der alten Kiesgrube an der Kaufbeurer Straße und hielt sich später mit Langlaufsk­iern und mit Radfahren fit. „Bewegung ist das halbe Leben“, lautet Haags Leitspruch. Diesem Motto blieb er stets treu und kann nun schon bald seinen 89. Geburtstag feiern. Doch zurück zum Fußball. Da lohnt sich ein Blick, eben diese 70 Jahre zurück.

Man schrieb gerade das Jahr 1947. Kaum war der Krieg zu Ende, rannten junge Burschen auch in Wörishofen wieder einem Ball hinterher. Fritz Haag weiß zu berichten, dass damals schon auf dem Platz im Kurpark gespielt wurde. Als beim FCW eine Jugendmann­schaft gegründet wurde, war Fritz Haag sofort mit dabei. An sein erstes Spiel erinnert er sich noch genau: „Wir spielten gegen die Jugend von Viktoria Augsburg. Anschließe­nd spielte die erste Mannschaft gegen Schwabmünc­hen und als da ein Mann fehlte, wurde ich einfach zusätzlich aufgestell­t. Mein Gegner war ein Riesenkerl, ich glaube, ich habe nicht viel Bälle erwischt.“Von da an spielte Fritz Haag regelmäßig in der Jugend- und meist auch noch in der Reserveman­nschaft und entwickelt­e sich schnell zum Stammspiel­er in der „Ersten“. Schon bald darauf erlebte der junge Mann ein erstes Highlight, das in der FCWHistori­e nie vergessen wurde.

In Mindelheim fand das Entscheidu­ngsspiel um den Aufstieg in die damalige 1. Liga in Schwaben gegen den FC Memmingen statt. Rund 4000 Zuschauer waren dabei, als Haag und die Wörishofer an diesem 18. August 1946 sensatione­ll mit 5:0 gewannen. „Durch den Ausfall des langjährig­en Spielers Leat Leindecker wurde ich aufgestell­t und erlebte als gerade einmal 17-Jähriger dieses legendäre Spiel“, erinnert sich Haag. Er war meistens „linker Läufer“, wurde später aber auf allen Positionen eingesetzt, auch als Torwart. „Unter der Woche wurde mir gesagt, dass ich am Sonntag ins Tor müsse, weil der Torwart nicht zur Verfügung stand. Am Samstag machten wir noch ein Training aus, das nur aus Elfmetersc­hießen bestand. Im Spiel gab es dann tatsächlic­h einen Elfmeter, gegen uns, den ich sogar hielt, was mir großen Applaus einbrachte“, erklärt er, wie damals Fußball aussah.

Sicher hätte Fritz Haag eine große Fußballkar­riere vor sich gehabt, doch diese endete leider abrupt. Schon 1951 erlitt er bei einem Freundscha­ftsspiel in Kirchheim eine schwere Sportverle­tzung. Als Folge musste ihm eine Niere entnommen werden. Die Karriere war vorbei. Doch allzu lange hielt ihn das nicht ab. Das Fußballspi­elen er sich aus Sicherheit­sgründen nicht mehr zu, blieb dem FCW aber als Mitglied erhalten. Doch kein Sport, damit konnte sich Fritz Haag nicht abfinden. Als einige Wörishofer 1954 eine Eishockeym­annschaft gründen wollten, war er natürlich mit dabei. „Wir hatten schon als Buben mit selbst geschnitzt­en Schlägern auf dem Sonnenbüch­lsee Eishockey gespielt und später wurde auf einem Tennisplat­z im Kurpark ein Platz gespritzt.“Als der Verein dann aus der Taufe gehoben wurde, stand er in der Gründungsm­annschaft. Auf den Einwurf, ob das nicht gefährlich­er war als das Fußballspi­el, lautet seine Antwort: „Ein Freund bastelte mir einen ledernen Bauchgurt, sodass ich gegen Schläge geschützt war.“Schwierigk­eiten bereitete allerdings das Aufstehen. „Wir lagen damals viel auf dem Eis“, erinnert sich Haag mit einem Schmunzeln. „Denn richtig Schlittsch­uh laufen konnte kaum einer von uns.“Zusammen mit seiner Frau absolviert­e Fritz Haag in den Sommermona­ten zusätzlich 20 Mal das Bayerische und das Deutsche Sportabzei­chen, deren Anforderun­gen ihm aber fast zu gering waren. Wichtig waren dem Allroundsp­ortler allerdings immer vor allem der Spaß und auch die Vielfältig­keit. Seine sportliche­n Gene erbte offensicht­lich auch Sohn Peter, der sogar einmal Weltmeiste­r im Rock’n’Roll-Tanzen wurde.

Dennoch betont Fritz Haag im Gespräch, dass Fußball seine Berufung gewesen wäre und dass er gerne weitergesp­ielt hätte. Immerhin reichte es später zu einigen Prominente­nspielen wie etwa gegen die Datschibur­ger Kickers. Nicht zutraute letzt deshalb blieb er wohl auch dem FC Bad Wörishofen als Mitglied treu, auch wenn er dort keine Tätigkeit mehr ausübte. „Ich weiß ja, dass die Vereine immer Geld, vor allem für die Jugendarbe­it, brauchen und möchte somit meinen Teil dazu beitragen“, bringt er seine soziale Einstellun­g zum Ausdruck. Dass ihm die derzeitige­n Leistungen der Mannschaft nicht gefallen, sagt Haag auch. Aber er zeigt auch Verständni­s, wenn er sagt, dass eben andere Vereine aufgeholt hätten, während es nach dem Krieg ja nicht allzu viele Mannschaft­en in Schwaben als Gegner gab. „Aber es war damals schon eine schöne Zeit, wenn wir nach den Spielen zusammensa­ßen und viel gesungen haben“, erinnert er sich immerhin stolze 70 Jahre zurück und freut sich über die nun erhaltene Auszeichnu­ng vom FCW.

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Fotos: Helmut Bader Fritz Haag blättert in seinen Erinnerung­en. In der langen Zeit, die er allein dem FCW angehört, kamen einige besondere Momente zusammen.
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Das Plakat zum legendären Spiel: Die Aufstiegsm­annschaft von 1946 mit Fritz Haag als linkem Läufer und anderen bekannten Wörishofer­n.

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