Chance für den Merkel-Gegner
Wer sich in der CDU bislang mit Angela Merkel anlegte, wurde gnadenlos abserviert. Doch die Zeiten sind vorbei. Wie sehr die Macht der Vorsitzenden bröckelt, zeigt sich daran, dass sie Jens Spahn zum Minister machen muss. Kein Parteifreund hat die Kanzlerin in den vergangenen Jahren so geärgert wie der junge Wortführer der noch zahlreichen Konservativen. Laut zweifelte er an der Flüchtlingspolitik der Regierung, er soll Sturz-Pläne gegen die Chefin geschmiedet haben. Nicht trotz, sondern wegen seiner Merkel-Kritik wird Spahn nun Bundesgesundheitsminister, vorausgesetzt, die Große Koalition kommt zustande.
Nur mit diesem Schritt kann Merkel die enttäuschten Konservativen und auch die Jüngeren in der Partei, die ungeduldig mehr Mitsprache fordern, fürs Erste ruhigstellen. Merkel aber bleibt im Moment ihrer größten Schwäche ganz kühle Machtpolitikerin. Es geht ihr bei der Personalie auch darum, den unbequemen Spahn in die Kabinettsdisziplin einzubinden.
Und die Kanzlerin will es dem smarten Münsterländer wohl nicht zu einfach machen, dereinst in ihre Fußstapfen zu treten. So erhält der Jungstar nicht wie erwartet das Bildungsressort, sondern das Gesundheitsministerium, das weit größere Herausforderungen birgt.
Soll sich Spahn jetzt eben mit Ärztemangel, Missständen in der Pflege und der Unzufriedenheit vieler Patienten mit der „Zweiklassenmedizin“herumschlagen. Spahn aber ist ein herausragendes politisches Talent – jetzt hat der beredte konservative Hoffnungsträger endlich die Chance, zu zeigen, was in ihm steckt.