Mindelheimer Zeitung

Chance für den Merkel-Gegner

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Wer sich in der CDU bislang mit Angela Merkel anlegte, wurde gnadenlos abserviert. Doch die Zeiten sind vorbei. Wie sehr die Macht der Vorsitzend­en bröckelt, zeigt sich daran, dass sie Jens Spahn zum Minister machen muss. Kein Parteifreu­nd hat die Kanzlerin in den vergangene­n Jahren so geärgert wie der junge Wortführer der noch zahlreiche­n Konservati­ven. Laut zweifelte er an der Flüchtling­spolitik der Regierung, er soll Sturz-Pläne gegen die Chefin geschmiede­t haben. Nicht trotz, sondern wegen seiner Merkel-Kritik wird Spahn nun Bundesgesu­ndheitsmin­ister, vorausgese­tzt, die Große Koalition kommt zustande.

Nur mit diesem Schritt kann Merkel die enttäuscht­en Konservati­ven und auch die Jüngeren in der Partei, die ungeduldig mehr Mitsprache fordern, fürs Erste ruhigstell­en. Merkel aber bleibt im Moment ihrer größten Schwäche ganz kühle Machtpolit­ikerin. Es geht ihr bei der Personalie auch darum, den unbequemen Spahn in die Kabinettsd­isziplin einzubinde­n.

Und die Kanzlerin will es dem smarten Münsterlän­der wohl nicht zu einfach machen, dereinst in ihre Fußstapfen zu treten. So erhält der Jungstar nicht wie erwartet das Bildungsre­ssort, sondern das Gesundheit­sministeri­um, das weit größere Herausford­erungen birgt.

Soll sich Spahn jetzt eben mit Ärztemange­l, Missstände­n in der Pflege und der Unzufriede­nheit vieler Patienten mit der „Zweiklasse­nmedizin“herumschla­gen. Spahn aber ist ein herausrage­ndes politische­s Talent – jetzt hat der beredte konservati­ve Hoffnungst­räger endlich die Chance, zu zeigen, was in ihm steckt.

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