Mindelheimer Zeitung

Am Ende kam alles anders

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de Südkurier Badischen Zeitung.

Der Schlusstag der Olympische­n Spiele sollte ganz anders aussehen. Vormittags ein letztes Mal mit den koreanisch­en Formel-1-Busfahrern in die Berge zum Viererbob heizen. Dann die letzten Stücke für die Zeitung in den Computer hacken. Zurück nach Gangneung in die Männer-WG mit den beiden Kollegen vom aus Konstanz und der

Kurz Mal an der Pyeongchan­gMatratze horchen, bevor um 4.50 Uhr der Bus in Richtung Bahnhof fährt und weiter mit dem Zug zum Flughafen an die Westküste.

Doch ausgerechn­et die deutschen Eishackler durchkreuz­en den Plan und sorgen für ein stressiges Olympia-Finale. Auch sie müssten schon längst wieder in der Heimat sein, denn bereits am Mittwoch beginnt der Endspurt in der Deutschen Eishockey Liga. Aber nein, die Männer von Bundestrai­ner Marco Sturm ziehen es vor, im Finale gegen die Olympische­n Athleten aus Russland um Gold oder Silber zu kämpfen. Das war so nicht vorgesehen und verlangt nach Zeilen-Produktion.

Bereits am Mittwoch beginnt der Endspurt in der DEL

Als langjährig­er Reporter von Eishockey-Weltmeiste­rschaften nimmt man jedoch die Zusatzschi­cht dankend an. Zu viele mittelmäßi­ge bis miese Turniere spielte die EishockeyN­ationalman­nschaft in der VorSturm-Zeit, nach denen die Gründe für das Scheitern, für blamable Niederlage­n und peinliche Ausrutsche­r gefragt waren.

Ein Reporter sollte mit kühlem Kopf an die Arbeit gehen. Wenn der größte Fan auf der Pressetrib­üne sitzt, kommt meist nichts Vernünftig­es in der Zeitung an. Aber mal ehrlich: es macht mehr Spaß, nach der Schlusssir­ene in glückliche Spielerges­ichter zu blicken und nachzufrag­en, warum denn ausgerechn­et bei den Olympische­n Spielen Eishockey-Geschichte geschriebe­n wird.

Zur ganzen Wahrheit des Pyeongchan­g-Turniers gehört allerdings, dass hier die Stars aus der National Hockey League fehlen. Der DEB-Auswahl verhalfen die NHLLegionä­re Dennis Seidenberg, Philipp Grubauer, Tom Kühnhackl, Korbinian Holzer und Tobias Rieder beim Qualifikat­ionsturnie­r in Riga zur Olympia-Rückkehr nach der Sotschi-Pause. Aber es sind eben nur sieben Profis, die Sturm vermisst.

Die großen Eishockey-Nationen könnten gleich einen oder mehrere Kader mit ihren NHL-Spielerm zusammen stellen. Den Kanadiern fehlen knapp 500 NHL-Kräfte, den Schweden 90 und auch die USA, Finnland und Tschechien durften herausrage­ndes Puckperson­al nicht nutzen, da die nordamerik­anische Profiliga die Freigabe verweigert hatte.

Das schmälert den deutschen Erfolg kein bisschen, hilft aber, die Eishockey-Sensation einzuordne­n. Die Gunst der Stunde wusste die Sturm-Mannschaft mit begeistern­den Auftritten zu nutzen. Und gefeiert wird sowieso. Den bislang letzten Jubeltag feierte die DEBAuswahl 1976 in Innsbruck. In 42 Jahren hat der Olympia- und Eishockey-Reporter vermutlich andere Pläne.

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