Mindelheimer Zeitung

Was bei Blasenentz­ündung hilft

Vor allem Frauen trifft es oft. Warum Sie nicht gleich zu Antibiotik­a greifen sollten

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Berlin/Hamburg Es brennt, es schmerzt – jeder Gang zur Toilette ist bei einer Blasenentz­ündung eine Qual. Verschreib­t der Arzt ein Antibiotik­um, klingen die Beschwerde­n in aller Regel nach wenigen Tagen ab. Doch viele Frauen trifft es innerhalb eines Jahres öfter. Gerade bei ihnen sollte man sich gut überlegen, ob immer wieder Antibiotik­a zum Einsatz kommen. Denn eine unkomplizi­erte Blasenentz­ündung lässt sich auch auf andere Weise behandeln.

Lange Zeit waren die hochwirksa­men Medikament­e Mittel der Wahl, um eine Harnwegsin­fektion in den Griff zu bekommen. Das hat sich inzwischen geändert. „Antibiotik­a sollten bei wiederkehr­enden Blasenentz­ündungen keinesfall­s unkritisch verordnet werden“, sagt die Leiterin der urogynäkol­ogischen Spezialspr­echstunde am Helios-Klinikum Berlin-Buch, Kathi Schreiber. So steht es auch in der 2017 aktualisie­rten S3-Leitlinie. Das ist eine Art Richtschnu­r, an der sich Ärzte bei der Behandlung von Harnwegsin­fektionen orientiere­n.

Antibiotik­a vernichten Bakterien im Urin zwar effektiv – aber es gibt immer mehr Bakteriens­tämme, die dagegen resistent sind. Und je mehr Antibiotik­a verabreich­t werden, desto mehr Stämme lassen sich von den Mitteln nichts mehr anhaben. Deshalb kann es sinnvoll sein, eine Blasenentz­ündung mit dem Wirkstoff Ibuprofen zu behandeln – zumindest, wenn der Infekt auf die Blase beschränkt ist. Diese Empfehlung geht auf eine Studie aus dem Jahr 2015 zurück. Demnach waren 70 Prozent der Frauen, die Ibuprofen einnahmen, nach einer Woche beschwerde­frei. Bei Antibiotik­aEinnahme waren es 80 Prozent.

Ibuprofen gehört in die Gruppe der nichtstero­idalen Antiphlogi­stika. Das heißt, es handelt sich um einen Entzündung­shemmer, der nicht zu den Steroiden gehört wie Cortison. Der Wirkstoff hemmt Stoffe, die für Entzündung­en und Schmerzen verantwort­lich sind. Wird eine Blasenentz­ündung mit diesen rezeptfrei erhältlich­en Tabletten behandelt, gilt es allerdings einiges zusätzlich zu beachten: Betroffene müssen sich warmhalten, drei Liter am Tag trinken und die Blase bei Druck entleeren, sagt Schreiber.

Kommen erst mal keine Antibiotik­a zum Einsatz, kann es allerdings passieren, dass die Bakterien nach oben wandern und eine Nierenentz­ündung verursache­n. Betroffene merken das zum Beispiel an Schmerzen in der Nierengege­nd. In solchen Fällen führt an einer Antibiotik­a-Therapie kein Weg vorbei.

Obwohl im Zusammenha­ng mit Blasenentz­ündungen meist von Frauen die Rede ist, können auch Männer erkranken. Das sei zwar eher selten der Fall, sagt Prof. Christian Wülfing, Pressespre­cher der Deutschen Gesellscha­ft für Urologie (DGU). Aber: Bei Männern ist eine Harnwegsin­fektion häufig mit einer Entzündung der Prostata verbunden. Der Arzt muss den Patienten daher auch dahingehen­d untersuche­n.

Dass Frauen viel häufiger erkranken, liegt unter anderem an der Lage ihres Harnröhren­ausgangs in der Nähe des Afters. So können zum Beispiel beim Abwischen des Pos Darmbakter­ien in die Harnröhre gelangen und dort einen Infekt verursache­n. Auch beim Sex können Erreger in die Nähe der Harnröhre gelangen. Durch den Geschlecht­sverkehr ändert sich das Milieu in der Scheide – was eine Blasenentz­ündung ebenfalls begünstigt. Ärzte sprechen gar von einer „Honeymoon-Zystitis“– was so viel heißt wie „Flitterwoc­hen-Blasenentz­ündung“. Betroffen sind Frauen, die sehr häufig Sex haben. Wer ohnehin weiß, dass er zu Infektione­n neigt, sollte nach dem Akt auf die Toilette gehen und die Blase entleeren, rät Schreiber.

Manchen Leidgeplag­ten helfen auch pflanzlich­e Präparate, sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapot­hekerkamme­r. Sie empfiehlt zum Beispiel die Einnahme von zwei Gramm Mannose in einem Glas Wasser. Mannose ist eine Zuckerart, die über den Urin ausgeschie­den wird und dabei jene Bakterien an sich bindet, die eine Blasenentz­ündung verursache­n. Gegen bakteriell­e Infekte lassen sich auch Kapseln mit Kapuzinerk­ressekraut und Meerrettic­hwurzel oder Bärentraub­enblätter einsetzen. Häufig werden auch Cranberry-Produkte als Mittel angepriese­n, die einer Blasenentz­ündung vorbeugen können. «Hier gehen allerdings auf wissenscha­ftlicher Ebene die Meinungen auseinande­r», sagt Sellerberg.

Auch ohne Arzneimitt­el kann man sich aber ein Stück weit vor einer Infektion schützen. Zum Beispiel, indem man sich warmhält. Im Sommer gilt es, nach dem Schwimmen das feuchte Badezeug gleich auszuziehe­n. Dann kühlt der Unterleib nicht so stark aus. Intimhygie­ne mit Pflegemitt­eln ist dagegen unnötig - es reicht klares Wasser.

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Foto: fotolia Warm halten ist wichtig, wenn eine Bla senentzünd­ung vorliegt.

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