Mindelheimer Zeitung

Brexit – so oder so

Brüssel legt einen Plan vor, wie der Austritt laufen könnte. Nur was sagen die Briten?

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Bei den Brexit-Verhandlun­gen drängt die Zeit. Deshalb hat EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier gestern den ersten Vertragsen­twurf vorgelegt. Dabei zeigt sich: Nicht einmal die bereits abgehakten Punkte sind wirklich geklärt. Die Gefahr eines harten Ausstiegs Großbritan­niens aus der Europäisch­en Union wird damit immer größer. „Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir uns beeilen“, mahnte Barnier. Am 30. März 2019 sei Großbritan­nien nicht mehr Mitglied der Gemeinscha­ft – so oder so.

Da die Vereinbaru­ngen bis dahin auch noch vom Europäisch­en Parlament, den Mitgliedst­aaten, dem britischen Unterhaus sowie der Londoner Regierung ratifizier­t werden müssen, laufe die Zeit ab. Der 120-seitige Vertragsen­twurf ist nur ein europäisch­er Vorschlag, kein gemeinsame­s Papier mit den Briten. Brüssel schaut nun mit Spannung auf die für morgen angekündig­te Rede der britischen Premiermin­isterin Theresa May, die so etwas wie ein Gegenentwu­rf werden könnte.

So hat die Regierung Ihrer Majestät zwar inzwischen den auf der Insel lebenden EU-Bürgern den Erhalt ihrer Rechte als Bürger der Gemeinscha­ft zugebillig­t. Davon sollen allerdings jene ausgenomme­n werden, die zwischen März 2019 und Dezember 2020 noch ins Land kommen – also in der Übergangsp­hase, in der europäisch­e Regeln zwar auch für die Briten gelten, obwohl sie nicht mehr mitbestimm­en kann. Brüssel will das nicht zulassen.

Der eigentlich­e Knackpunkt besteht allerdings in der Grenzfrage zwischen der britischen Republik Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. May hatte zwar zugestimmt, dass es keine Grenzkontr­ollen geben werde. Eine Zollunion lehnt sie aber auch ab. Was also dann, wenn die Grenze weder offen noch geschlosse­n sein soll? Für die EU ist nach den Worten Barniers klar: „Das tägliche Leben zwischen Nordiren und Iren muss normal weitergehe­n.“Aber kann London es riskieren, einen Landesteil für Europa zu öffnen, ohne den Aufstand auch anderer Regionen wie Schottland zu riskieren? May ließ gestern schon mal erahnen, was sie von dem EU-Entwurf hält: „Kein britischer Premiermin­ister könnte dem jemals zustimmen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany