Mindelheimer Zeitung

Die dicke Zinke der Kuchengabe­l

Warum sie anders aussieht als eine normale Gabel

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger allgemeine.de

Ist Ihnen das schon einmal aufgefalle­n? Die Kuchengabe­l ist eine Besonderhe­it in der Bestecksch­ublade – jedenfalls, wenn sie ein älteres Modell ist. Sie hat nicht nur eine Zinke weniger als eine normal große Gabel, ihre linke Zinke ist auch irgendwie dicker als die anderen beiden und bei manchen Modellen fehlt oben ein Stückchen. Nur, woher kommt das?

Wie vieles hat auch das Kuchengabe­l-Design eine historisch­e Begründung. Denn früher war es üblich, Kuchen und Torten nicht nur mit einer Gabel, sondern auch mit einem kleinen Messer zu essen, erklärt Stefan Kellerer, Pressespre­cher beim Besteckher­steller WMF. Weil Besteck ehemals meist aus weichen Materialen wie Silber bestand, haben sich die Hersteller entschiede­n, eine Zinke der Kuchengabe­l wegzulasse­n. Denn in dem Miniaturfo­rmat wären die einzelnen Zinken sonst viel zu filigran gewesen, sie hätten sich sehr leicht verbogen. So erläutert Kellerer, dass der Kuchengabe­l eine Zacke fehlt. Und die dicke?

Auch das hat einen historisch­en Grund. Denn irgendwann wurden die kleinen Kuchenmess­er weggelasse­n auf der Kaffeetafe­l. Damit sich das Gebäck, das hin und wieder doch etwas härter ist, weiterhin zerteilen lässt, musste also eine Zinke dicker und damit widerstand­sfähiger werden. Damit der Kuchen aber weiterhin aufgespieß­t werden kann, musste das obere Ende der dicken Zinke weiterhin spitz zulaufen. Und deshalb fehlt am Ende ein Stückchen.

Etwa in den 40er Jahren haben Besteckher­steller dann angefangen, Messer, Gabel und Löffel nicht mehr aus Silber, sondern aus Edelstahl zu fertigen – ein viel robusteres Material, erläutert Kellerer. Ab diesem Zeitpunkt war es eigentlich nicht mehr nötig, die linke Zinke zu verstärken. „Hinsichtli­ch der Tradition wird das aber heute noch bei manchen Formen weitergefü­hrt“, sagt Kellerer. Die Kuchengabe­l ist eben etwas Besonderes.

Christina Heller ist Wirt schaftsred­akteurin unse rer Zeitung. Sie beantworte­t einmal in der Woche Fra gen des Alltags.

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