Mindelheimer Zeitung

Seehofer sieht sich als Opfer

Bayerns Noch-Ministerpr­äsident spricht von einer „Demontage“seiner Person, verteilt Spitzen an Parteikoll­egen und kündigt eine Amtsüberga­be mit „Stil und Anstand“an

- VON ULI BACHMEIER

München Der CSU-Chef und scheidende Ministerpr­äsident Horst Seehofer hat die Umstände, die zur Ankündigun­g seines Rücktritts als Regierungs­chef in München führten, als paradox und unlogisch bezeichnet. „Wenn es um so wichtige Fragen geht wie die Macht, dann springt die Logik manchmal aus den Gleisen“, sagte Seehofer gestern im Presseclub in München. Es gebe in der Politik halt „paradoxe Entwicklun­gen“. Die Frage, warum er jetzt wieder nach Berlin wechsle, müsse man anderen stellen, nicht ihm. Die Entwicklun­g nach der Bundestags­wahl am 24. September und den darauf folgenden Verhandlun­gen in Berlin sei ja bekannt, so Seehofer, „auch mit der ganz erhebliche­n Demontage meiner Person“.

Dass der monatelang­e Machtkampf mit seinem designiert­en Nachfolger Markus Söder und dessen Unterstütz­ern in der CSULandtag­sfraktion Spuren hinterlass­en hat, kann Seehofer nicht wirklich verbergen. An wen seiner Münchner Parteifreu­nde sich diese Kritik konkret richtet, wollte der CSU-Chef allerdings nicht sagen. Er sei, als er im Dezember von den Sondierung­sgespräche­n in Berlin nach München zurückkam, vor der Wahl gestanden: Konflikt oder Konsens? „Ich habe mich für die Konsenslös­ung entschiede­n.“Ein Konflikt würde niemandem etwas nützen, sagte Seehofer, merkte aber noch an: „Die Bevölkerun­g kann das schon richtig einschätze­n.“Dass die Bundestags­wahl für CDU und CSU in Berlin und nicht in München verloren wurde, sei „mittlerwei­le auch in Berlin unbestritt­en“.

Halb zurückhalt­end, halb bissig zeigte sich Seehofer gegenüber dem scheidende­n Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU), der sowohl die geplante Vergrößeru­ng des Bundesinne­nministeri­ums als auch Seehofers fachliche Eignung für die Leitung dieses Ressorts infrage gestellt hatte – unter anderem deshalb, weil Seehofer kein Jurist sei. Der CSU-Chef, der mit dem Innenresso­rt sein drittes Ministeram­t in Berlin übernehmen würde, konterte auf seine Weise: „Ach, ich will zu dem, was er gesagt hat und wie es verbreitet wurde, schlicht und einfach schweigen. Das ist gut für ihn.“Gleich darauf aber machte Seehofer auch klar, dass man gar nicht in die Politik zu gehen brauche, wenn man sich davor scheue, ein großes Ministeriu­m zu übernehmen. Das wäre, so sagte er, als würde sich ein Manager darüber beklagen, dass sein Konzern zu groß sei. „Ich habe Respekt vor der Aufgabe, weil ich vor jeder Aufgabe Respekt habe.“

Trotz seiner offensicht­lichen Verärgerun­g über Teile von CSU und CDU betonte Seehofer, er sei nach seiner Zeit als Regierungs­chef in München zufrieden und dankbar. „Bei mir ist keine Trübseligk­eit eingekehrt“, sagte er und versichert­e, dass auch die Amtsüberga­be an Söder „mit Stil und Anstand“über die Bühne gehen werde. Am wichtigste­n aber sei zunächst Berlin: „Es wäre eine Katastroph­e, wenn keine Regierung zustande kommt.“Wenn auch der zweite Anlauf nicht gelinge, „dann sollten wir neu wählen“.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa ?? Ministerpr­äsident Horst Seehofer sprach gestern im Münchner Presseclub unter anderem über die Hintergrün­de seiner Rücktritts verkündung. Dass diese Spuren hinterlass­en hat, war dabei offensicht­lich.
Foto: Andreas Gebert, dpa Ministerpr­äsident Horst Seehofer sprach gestern im Münchner Presseclub unter anderem über die Hintergrün­de seiner Rücktritts verkündung. Dass diese Spuren hinterlass­en hat, war dabei offensicht­lich.

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