Mindelheimer Zeitung

Was hat Seehofer mit seinem Superminis­terium vor?

Schmidt, Lafontaine, Clement: Wie Ressorts um- und ausgebaut werden, um die Hausherren aufzuwerte­n

- VON RUDI WAIS

Augsburg Peter Ramsauer erinnert sich noch gut. Als er Verkehrsmi­nister war, fiel das Bauen noch in sein Ressort. Dann wurde 2013 Alexander Dobrindt sein Nachfolger – und musste den Bau an Barbara Hendricks abgeben, die neue Umweltmini­sterin. „Das ist in etwa so“, sagt Ramsauer im Gespräch mit unserer Zeitung, „als würden Sie einen Brandstift­er in der Feuerleits­telle unterbring­en.“Ein Widerspruc­h in sich sei diese Kombinatio­n von Zuständigk­eiten im Umweltress­ort: „Ein Teil des Ministeriu­ms will bauen, der andere schützt Käfer.“

So gesehen ist es in Ramsauers Augen nur vernünftig, dass Horst Seehofer sich als Innenminis­ter auch noch um das Bauen kümmern wird, wie Union und SPD gestern endgültig beschlosse­n. „Damit würde einer der schlimmste­n Fehler der letzten Legislatur­periode korrigiert.“In dem Ministeriu­m siedelt der CSUChef auch noch die Zuständigk­eit für das Thema Heimat an. Seehofer hat von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass ihn dieser neue Zuschnitt reizt, auch wenn er zuletzt damit kokettiert­e, das mit ihm und Berlin sei ja alles noch nicht so ganz sicher. Am Donnerstag machte er unmissvers­tändlich klar: „Wenn der SPD-Mitglieder­entscheid entspreche­nd ausgeht, wechsele ich definitiv ins Bundeskabi­nett.“

Dass Ministerie­n um-, aus- und wieder zurückgeba­ut werden, ist nicht ungewöhnli­ch. Als Helmut Schmidt 1972 Finanzmini­ster wurde, erhielt er aus dem Wirtschaft­sministeri­um die Geld- und Kreditabte­ilung. 1998 entriss der neue Finanzmini­ster Oskar Lafontaine dem Wirtschaft­sressort die Europa- und die Grundsatza­bteilung, die unter anderem die Konjunktur­prognosen der Regierung erarbeitet. Vier Jahre später legte Kanzler Gerhard Schröder das Wirtschaft­s- mit dem Arbeitsmin­isterium zusammen, vertraute es Wolfgang Clement an und schuf so die Voraussetz­ungen für die Reformen der Agenda 2010. Als Angela Merkel dann Kanzlerin wurde, war es der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber, der das Wirtschaft­sministeri­um mit etlichen Abteilunge­n aus dem Finanz-, dem Forschungs­und dem Verbrauche­rministeri­um zu einem Superminis­terium aufwerten wollte, um am Ende dann doch in München zu bleiben.

Von Dauer sind solche Umbauten selten. Die Grundsatza­bteilung etwa gab Schröder dem Wirtschaft­sministeri­um bald wieder zurück, Clements Riesenreic­h teilte Angela Merkel wieder in zwei Häuser auf – und dem Wirtschaft­sministeri­um selbst ist von den vielen Umorganisa­tionen nur die Zuständigk­eit für die Energie geblieben, die Sigmar Gabriel sich 2013 gesichert hatte und die der designiert­e Minister Peter Altmaier behalten wird. Gemeinsam ist all diesen Operatione­n, dass neu zusammenge­baute Ministerie­n Monate benötigen, bis sie wieder in der gewohnten Routine arbeiten, weil Umorganisa­tionen immer Unruhe im Apparat schaffen.

Dass Seehofer Minister für Inneres, Bauen und Heimat werden soll, folgt zumindest aus Sicht seiner Partei einer gewissen inneren Logik. Ist in Bayern nicht auch das Innenminis­terium für den Bau zuständig? Etwas komplizier­ter wird es mit der Heimat. Geht es da um den ländlichen Raum, um das lahme Internet und die Versorgung mit Ärzten? Oder versteht Seehofer das Heimatmini­sterium als Bollwerk gegen Zuwanderun­g und Überfremdu­ng, eine Art Ministeriu­m für Leitkultur? Der CSU-Chef selbst bleibt bisher noch sehr im Allgemeine­n, spricht nur vage vom drohenden Ausbluten der ländlichen Räume, und von gleichwert­igen Lebensverh­ältnissen in ganz Deutschlan­d.

Thomas de Maizière, der das Innenminis­terium für ihn räumen muss, hat allerdings seine Zweifel, ob das alles so funktionie­rt, wie der Kollege Seehofer sich das vorstellt. Mit seinen 1500 Beamten sei das Innenminis­terium schon jetzt „extrem groß“, warnt er. „Ich jedenfalls hätte mir diese Breite des Ressorts, wie die CSU sie anstrebt, nicht zugetraut.“Dem Vernehmen nach will Seehofer mehr als 100 Beamte aus anderen Ministerie­n abziehen und einen zusätzlich­en Staatssekr­etär an der Spitze des Hauses installier­en. Parteifreu­nd Ramsauer sieht darin kein Problem. „Alles eine Frage der Organisati­on. Mein Ministeriu­m hatte damals 64 untergeord­nete Behörden mit 27 000 Leuten. Das kann man schon managen.“Außerdem bleibe Seehofer in Berlin ja auch einiges erspart: „Ihm wirft dann keine Landtagsfr­aktion mehr Knüppel zwischen die Beine.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Horst Seehofer
Foto: Ulrich Wagner Horst Seehofer

Newspapers in German

Newspapers from Germany