Kreisverkehrswacht gewinnt Prozess – aber ...
Das Kaufbeurer Amtsgericht hat entschieden, dass der im Streit ausgeschiedene Ex-Vorsitzende Karl Höß 400 Euro an den Verein zahlen soll. Ein Ende der juristischen Auseinandersetzung steht aber weiter in den Sternen
Bad Wörishofen Im Streit zwischen der Kreisverkehrswacht Mindelheim (KVW) und ihrem ehemaligen Vereinsvorsitzenden Karl Höß hat das Amtsgericht Kaufbeuren jetzt ein Urteil gefällt: Höß muss, wie von der KVW gefordert, den Betrag von 400 Euro plus Zinsen bezahlen. Ob Höß das Urteil so akzeptiert, ist dagegen eher unwahrscheinlich: Schon beim öffentlichen Gerichtstermin im Dezember hatte er angekündigt, im Falle einer Verurteilung weiter juristisch dagegen vorgehen zu wollen. Karl Höß erfuhr gestern Nachmittag von der Mindelheimer Zeitung von dem Urteil. Er wollte sich jedoch nicht dazu äußern, da ihm noch keine Unterlagen vorliegen.
Wie berichtet, hatte Höß bei seinem Ausscheiden bei der Kreisverkehrswacht im Mai des vergangenen Jahres eine schriftliche Vereinbarung unterzeichnet und sich zunächst zu einer Zahlung von 400 Euro verpflichtet. Außerdem wurde vereinbart, dass ein Fahrradständer zurückgegeben werden und die Kreissverkehrswacht auf ihrer Homepage Inhalte löschen solle, die Höß nicht gefallen hatten.
Doch kaum war diese Vereinbarung unterzeichnet, da kündigte sie Höß zwei Tage später auch schon wieder auf – er sah sich durch diese Vereinbarung ungerecht behandelt, weil aus seiner Sicht nachträglich neue Erkenntnisse aufgekommen seien. Er habe Unterlagen bekommen, mit denen er hätte beweisen können, dass er sich nichts zuschulden habe kommen lassen, so Höß. Für ihn komme die Vereinbarung in der getroffenen Form daher fast einem Schuldeingeständnis gleich, machte er vor Gericht deutlich – und er habe sich nun mal nichts vorzuwerfen und schon gar nichts zuschulden kommen lassen.
Schon bei der Verhandlung wurde deutlich, dass neben der rein juristischen Auseinandersetzung auch noch menschliche Dinge dafür verantwortlich waren, dass die Situation bei der KVW derart eskalieren konnte. Über Monate hinweg hatten sich die damalige Vorsitzende der Kreisverkehrswacht, Marion Prediger aus Mindelheim, und Höß ge- genseitig mit Vorwürfen, Beschuldigungen und Anfeindungen überzogen. Prediger hatte schwere Vorwürfe gegenüber ihrem Vorgänger erhoben und dem ehemaligen Mindelheimer Polizeichef ganz unverhohlen vorgeworfen, in die Kasse der Kreisverkehrswacht gegriffen zu haben. Das wollte Karl Höß nicht auf sich sitzen lassen, schließlich sei er zu Unrecht als „Betrüger“verunglimpft worden. Auch die Betrugsvorwürfe von Marion Prediger hätte er mit den neuen Unterlagen entkräften können, betonte Höß damals vor Gericht.
Höß hatte sich vor dem Kaufbeurer Amtsgericht auch sehr darüber geärgert, dass ihm ein „diktatorischer Führungsstil“vorgeworfen worden war.
Amtsrichterin Katarina Klokocka hatte schon in der öffentlichen Zivilverhandlung alles versucht, um dem Beklagten immer wieder „goldene Brücken“zu bauen. Ihr offensichtliches Bemühen war, dass dieses Zivilverfahren nicht etwa dazu dienen sollte, um ausgerechnet im Gerichtssaal erneut die „schmutzige Wäsche“der Kreisverkehrswacht zu waschen. Denn, so Klokocka ganz deutlich: Sollte das passieren, dann werde wohl vor allem die Mindelheimer Kreisverkehrswacht darunter leiden müssen.
Doch Höß wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Nicht nur, weil er nach wie vor „durch und durch ein Verkehrswachtler“sei – vielmehr habe er seinerseits finanzielle Ansprüche gegen die Kreisverkehrswacht, vor Gericht hatte er unter anderem noch offene Fahrtkosten von mehr als 2000 Euro angegeben.
Immer wieder hatte Amtsrichterin Katarina Klokocka versucht, Karl Höß und seinem Begleiter deutlich zu machen, dass der Gerichtstermin für beide Streitparteien die vielleicht einmalige Chance bietet, einen endgültigen Schlussstrich unter die quälenden internen Streitereien bei der Kreisverkehrswacht zu ziehen. Vergeblich: Karl Höß weigerte sich beharrlich, die Inhalte der von ihm unterschriebenen Vereinbarung zu erfüllen.
Wie bei Zivilverfahren üblich, wurde das Urteil der Richterin jetzt verkündet. Der Beklagte wurde zur Bezahlung eines Betrages von 400 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Außerdem müssen Zug-um-Zug die Übereignung und Übergabe von Fahrradständern und die Löschung sämtlicher Homepageeinträge auf der Homepage der Klägerin, die den Beklagten betreffen, erfolgen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden gegeneinander aufgehoben, lautete das Urteil.
Allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung, wie die Leiterin des Kaufbeurer Amtsgerichts, Dr. Claudia Kögel, auf Anfrage der
Mindelheimer Zeitung, betonte: Es handle sich um ein sogenanntes Vorbehaltsurteil und Karl Höß bleibe als Beklagtem die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Höß hatte damals während der öffentlichen Verhandlung mit Nachdruck betont, dass er ein solches Urteil auf keinen Fall akzeptieren werde.
Sollte er also nach Prüfung des Urteils weitere juristische Schritte ergreifen, dann ist dieses Verfahren in dieser Instanz noch nicht beendet, sondern bleibt als ordentliches Verfahren anhängig, so Richterin Dr. Claudia Kögel. Im Nachverfahren seien, anders als im Urkundenprozess, sämtliche Beweismittel zulässig.
Das bisherige Zivilverfahren sei im Wege des Urkundenprozesses geführt worden. Hier waren nur bestimmte Beweismittel zulässig. Einwendungen, die nicht mit den zulässigen Beweismitteln bewiesen werden können, sind als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen, so Kögel: „Dies ist vorliegend geschehen“.
Der Nachfolger von Marion Prediger im Amt des Vorstandes der Kreisverkehrswacht, der Bad Wörishofer Grünen-Stadtrat Daniel Pflügl, erfuhr gestern ebenfalls von der MZ vom Urteil. Auch er glaubt jedoch nicht an ein Ende der juristischen Auseinandersetzung, denn Karl Höß habe auch seine Angebote auf eine „gütliche“Einigung immer wieder kategorisch abgelehnt. Pflügl hätte sich sogar vorstellen können, auf die Zahlung der 400 Euro zu verzichten – doch die weitergehenden Forderungen von Höß machten dem einen Strich durch die Rechnung. „Sonst steht am Ende die Gemeinnützigkeit des Vereins auf dem Spiel“, so Pflügl, der bereits jetzt von einem „gehörigen Rüffel“durch das Finanzamt spricht. Vermutlich bis Ende März will er nun eine Mitgliederversammlung der Kreisverkehrswacht Mindelheim einberufen. Doch um dafür Einladungen verschicken zu können, brauche er eben auch eine Mitgliederliste. Doch die habe er von seiner Vorgängerin Marion Prediger leider immer noch nicht bekommen.