Erkheim tritt dem Zweckverband bei
Die Gemeinde beteiligt sich 100 Jahre am Unterhalt der Rückhaltebecken. Dafür sind die Investitionskosten geringer
Erkheim Die Entscheidung ist gefallen: Die Marktgemeinde Erkheim wird nun doch dem Zweckverband „Hochwasserschutz Günztal“beitreten. Einen entsprechenden Beschluss haben die Gemeinderäte in ihrer Sitzung am Montagabend mit 10:5 Stimmen gefasst. Damit geht eine lange Phase der Ungewissheit für die Erkheimer Bürger und die übrigen Mitglieder des Zweckverbands (siehe zu Ende.
Wie berichtet, ist das Hochwasserschutzprojekt in Erkheim sehr umstritten. Noch im Jahr 2012 hatte sich bei einem Bürgerentscheid eine klare Mehrheit gegen das interkommunale Projekt ausgesprochen. Mit der aktuellen Entscheidung steht nun aber fest: Die Marktgemeinde wird sich über 100 Jahre hinweg am Betrieb und an den Unterhaltskosten der geplanten Rückhaltebecken beteiligen. Als Folgekosten hat das Wasserwirtschaftsamt Kempten 70000 Euro pro Jahr angesetzt. Doch wie bereits bei einer Informationsveranstaltung Anfang des Monats deutlich wurde, geht die Behörde von einem niedrigeren Betrag aus. Im Gegenzug sinkt der Erkheimer Anteil an den Investitionskosten für den Bau von 3,4 Millionen auf 1,2 Millionen Euro.
Wie Stefanie Kienle vom Wasserwirtschaftsamt auf Anfrage erklärte, wird sich Erkheim jedoch nur an den beiden Becken in Engetried und Sontheim beteiligen, da die Marktgemeinde im Fall eines Hochwassers nur von diesen beiden Becken profitieren würde.
Wäre die Gemeinde dem Zweckverband hingegen ferngeblieben, hätte es zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder hätte sie die vollen Kosten in Höhe von 3,4 Millionen Euro selbst übernehmen oder zwei Drittel der Summe an die rund 300 Bürger umlegen müssen, die später einmal von dem Hochwasserschutz profitieren. Dass die Betroffenen bei einem solchen Projekt direkt zur Kasse gebeten werden, wäre nach Angaben von Kienle bayernweit einmalig gewesen.
Einigen Räten war anzumerken, dass sie sich mit ihrer Entscheidung nicht leichttun. Horst Kirchgessner etwa befürchtete, dass es einige Klagen geben wird, wenn das Landratsamt entsprechende Bescheide an die Bürger verschicken würde. Auch Richard Hack sprach sich gegen eine unmittelbare Beteiligung der Bürger aus, allerdings auch gegen einen Beitritt zum Zweckverband. Denn in seinen Augen ist es Aufgabe des Freistaats, für einen Schutz vor einem 100-jährlichen Hochwasser zu sorgen. Dieser übernimmt jedoch nur 50 Prozent der Kosten, was aus Sicht einiger Räte zu wenig ist.
Dritter Bürgermeister Hans Karrer sprach von „schlaflosen Nächten“und wollte wissen, ob es denn bei den angesetzten Investitionskosten bleiben werde oder ob eine Preissteigerung möglich sei. Stefanie Kienle antwortete, dass die Zahlen aus dem Jahr 2010 stammten. Angesichts der derzeitigen Baukostenentwicklung
Die Folgekosten waren umstritten
sei ein höher Betrag möglich, erklärte die WWA-Mitarbeiterin.
Umstritten waren vor allem aber die Folgekosten, die über 100 Jahre für den Unterhalt und die Pflege der Becken für die Gemeinde entstehen. Einige Räte sprachen von einer Belastung, die sie den nachfolgenden Generationen nicht aufbürden möchten. Bürgermeister Christian Seeberger brachte hingegen den Hochwasserschutzdamm bei Dirlewang ins Spiel, der vor rund zehn Jahren gebaut wurde. „Die Beteiligten sind alle angetan von den niedrigen Unterhaltskosten. Ich habe durchweg nur positive Aussagen gehört.“
Letztlich stimmten Richard Hack, Horst Güthler, Konrad Merkl, Reinhold Bail und Annemarie Engel gegen einen Beitritt. „Die Hausaufgaben sind erledigt. Die Entscheidung ist vom Tisch. Nun können wir uns wieder anderen Themen widmen“, fasste Rathauschef Seeberger am Ende der Sitzung zusammen. Wie berichtet, beteiligt sich auch der Landkreis Unterallgäu mit 20 Prozent an den Kosten für die Pflege und den Unterhalt der Becken. Daher ist auch Landrat HansJoachim Weirather „absolut glücklich“über die Entscheidung der Erkheimer Räte. Im Gespräch mit der verwies er auf einen „langen Entscheidungsprozess“, der „nicht frei war von Rückschlagen“. Für die Erkheimer sei der Beitritt zum Zweckverband finanziell „zu 100 Prozent“von Vorteil. Die Gemeinde habe sich solidarisch mit den anderen Verbandsmitgliedern gezeigt. „Das ist ein Zeichen für interkommunale Zusammenarbeit.“
Auch Zweckverbandsvorsitzender German Fries begrüßt es, dass Erkheim künftig bei den Sitzungen mit am Tisch sitzt. So stehe „das gesamte Günztal-Projekt auf gleichen Füßen“. Davon profitiere auch die Gemeinde Erkheim, da sie künftig mitbestimmen könne. Außerdem sei der Informationsaustausch unter den beteiligten Gemeinden wertvoll. Die Entscheidung kam ihm zufolge zum richtigen Zeitpunkt. Schließlich gehe es jetzt an die Planungen für das Rückhaltebecken in Engetried, von dem auch Erkheim profitiert.