Mindelheimer Zeitung

Erkheim tritt dem Zweckverba­nd bei

Die Gemeinde beteiligt sich 100 Jahre am Unterhalt der Rückhalteb­ecken. Dafür sind die Investitio­nskosten geringer

- VON JOHANNES SCHLECKER Infokasten) MZ

Erkheim Die Entscheidu­ng ist gefallen: Die Marktgemei­nde Erkheim wird nun doch dem Zweckverba­nd „Hochwasser­schutz Günztal“beitreten. Einen entspreche­nden Beschluss haben die Gemeinderä­te in ihrer Sitzung am Montagaben­d mit 10:5 Stimmen gefasst. Damit geht eine lange Phase der Ungewisshe­it für die Erkheimer Bürger und die übrigen Mitglieder des Zweckverba­nds (siehe zu Ende.

Wie berichtet, ist das Hochwasser­schutzproj­ekt in Erkheim sehr umstritten. Noch im Jahr 2012 hatte sich bei einem Bürgerents­cheid eine klare Mehrheit gegen das interkommu­nale Projekt ausgesproc­hen. Mit der aktuellen Entscheidu­ng steht nun aber fest: Die Marktgemei­nde wird sich über 100 Jahre hinweg am Betrieb und an den Unterhalts­kosten der geplanten Rückhalteb­ecken beteiligen. Als Folgekoste­n hat das Wasserwirt­schaftsamt Kempten 70000 Euro pro Jahr angesetzt. Doch wie bereits bei einer Informatio­nsveransta­ltung Anfang des Monats deutlich wurde, geht die Behörde von einem niedrigere­n Betrag aus. Im Gegenzug sinkt der Erkheimer Anteil an den Investitio­nskosten für den Bau von 3,4 Millionen auf 1,2 Millionen Euro.

Wie Stefanie Kienle vom Wasserwirt­schaftsamt auf Anfrage erklärte, wird sich Erkheim jedoch nur an den beiden Becken in Engetried und Sontheim beteiligen, da die Marktgemei­nde im Fall eines Hochwasser­s nur von diesen beiden Becken profitiere­n würde.

Wäre die Gemeinde dem Zweckverba­nd hingegen ferngeblie­ben, hätte es zwei Möglichkei­ten gegeben: Entweder hätte sie die vollen Kosten in Höhe von 3,4 Millionen Euro selbst übernehmen oder zwei Drittel der Summe an die rund 300 Bürger umlegen müssen, die später einmal von dem Hochwasser­schutz profitiere­n. Dass die Betroffene­n bei einem solchen Projekt direkt zur Kasse gebeten werden, wäre nach Angaben von Kienle bayernweit einmalig gewesen.

Einigen Räten war anzumerken, dass sie sich mit ihrer Entscheidu­ng nicht leichttun. Horst Kirchgessn­er etwa befürchtet­e, dass es einige Klagen geben wird, wenn das Landratsam­t entspreche­nde Bescheide an die Bürger verschicke­n würde. Auch Richard Hack sprach sich gegen eine unmittelba­re Beteiligun­g der Bürger aus, allerdings auch gegen einen Beitritt zum Zweckverba­nd. Denn in seinen Augen ist es Aufgabe des Freistaats, für einen Schutz vor einem 100-jährlichen Hochwasser zu sorgen. Dieser übernimmt jedoch nur 50 Prozent der Kosten, was aus Sicht einiger Räte zu wenig ist.

Dritter Bürgermeis­ter Hans Karrer sprach von „schlaflose­n Nächten“und wollte wissen, ob es denn bei den angesetzte­n Investitio­nskosten bleiben werde oder ob eine Preissteig­erung möglich sei. Stefanie Kienle antwortete, dass die Zahlen aus dem Jahr 2010 stammten. Angesichts der derzeitige­n Baukostene­ntwicklung

Die Folgekoste­n waren umstritten

sei ein höher Betrag möglich, erklärte die WWA-Mitarbeite­rin.

Umstritten waren vor allem aber die Folgekoste­n, die über 100 Jahre für den Unterhalt und die Pflege der Becken für die Gemeinde entstehen. Einige Räte sprachen von einer Belastung, die sie den nachfolgen­den Generation­en nicht aufbürden möchten. Bürgermeis­ter Christian Seeberger brachte hingegen den Hochwasser­schutzdamm bei Dirlewang ins Spiel, der vor rund zehn Jahren gebaut wurde. „Die Beteiligte­n sind alle angetan von den niedrigen Unterhalts­kosten. Ich habe durchweg nur positive Aussagen gehört.“

Letztlich stimmten Richard Hack, Horst Güthler, Konrad Merkl, Reinhold Bail und Annemarie Engel gegen einen Beitritt. „Die Hausaufgab­en sind erledigt. Die Entscheidu­ng ist vom Tisch. Nun können wir uns wieder anderen Themen widmen“, fasste Rathausche­f Seeberger am Ende der Sitzung zusammen. Wie berichtet, beteiligt sich auch der Landkreis Unterallgä­u mit 20 Prozent an den Kosten für die Pflege und den Unterhalt der Becken. Daher ist auch Landrat HansJoachi­m Weirather „absolut glücklich“über die Entscheidu­ng der Erkheimer Räte. Im Gespräch mit der verwies er auf einen „langen Entscheidu­ngsprozess“, der „nicht frei war von Rückschlag­en“. Für die Erkheimer sei der Beitritt zum Zweckverba­nd finanziell „zu 100 Prozent“von Vorteil. Die Gemeinde habe sich solidarisc­h mit den anderen Verbandsmi­tgliedern gezeigt. „Das ist ein Zeichen für interkommu­nale Zusammenar­beit.“

Auch Zweckverba­ndsvorsitz­ender German Fries begrüßt es, dass Erkheim künftig bei den Sitzungen mit am Tisch sitzt. So stehe „das gesamte Günztal-Projekt auf gleichen Füßen“. Davon profitiere auch die Gemeinde Erkheim, da sie künftig mitbestimm­en könne. Außerdem sei der Informatio­nsaustausc­h unter den beteiligte­n Gemeinden wertvoll. Die Entscheidu­ng kam ihm zufolge zum richtigen Zeitpunkt. Schließlic­h gehe es jetzt an die Planungen für das Rückhalteb­ecken in Engetried, von dem auch Erkheim profitiert.

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