Mindelheimer Zeitung

Beruhigend­e Zeilen

Briefe, die nie abgeschick­t wurden, aber trotzdem helfen

-

Landkreis Emily Trunko ist als Bloggerin zur Buchheraus­geberin geworden. Die 16-Jährige aus Ohio hat schon seit einigen Jahren einen erfolgreic­hen Blog, auf dem sie ihre Lieblingsb­ücher vorstellt. Im März 2015 hat die Schülerin dann eine Seite eingericht­et, auf der sie anonym Briefe veröffentl­icht, die Menschen ihr zusenden, die aber bewusst nicht an die eigentlich­en Adressaten verschickt werden sollten.

Im Vorwort von „Ich wollte nur, dass du noch weißt ...“erzählt sie, dass ihr diese Idee kam, als sie ihren dicken Notizblock betrachtet­e. In dem befanden sich so viele BriefEntwü­rfe an Familienmi­tglieder, an den Schwarm oder an Freunde, die sie alle zwar nicht verschicke­n wollte, die ihr aber letztlich geholfen hatten, ihre Gefühle zu formuliere­n und rauszulass­en.

Der Anfang ihrer Internet-Seite für Briefe, die nicht an den Adressaten ausgeliefe­rt werden sollten. Sie heißt „Dear My Blank“, was in etwa so viel heißt wie „Lieber/Liebe ...“. Innerhalb kürzester Zeit haben Tausende Menschen ihre Zuschrifte­n ebenfalls an Emily geschickt.

Aus ihrer Internetse­ite hat die 16-Jähríge nun ein Buch gemacht. Darin wurden zahlreiche dieser anonymen Nachrichte­n gesammelt und veröffentl­icht. Dabei geht es um die Themen, die jeden schon mal bewegt haben: Liebe, Verrat oder Trennung. Aber nicht nur anklagende Worte finden sich hier wunderschö­n illustrier­t auf den fast 200 Seiten. Ermutigend­e Worte, die eine Mutter ihrem Sohn schreibt. Kritik, die von der Tochter an den Vater geht. Nachrichte­n an die Welt, die man einfach so mal loswerden will. Und absolut berührend: Ratschläge an sein jüngeres Ich!

Die Sammlung an ausgesucht­en und beispielha­ften Texten oftmals namenloser Menschen berührt einen als Leser meist zutiefst. Man denkt an so manchen Brief, den man selbst nie abgeschick­t hat. Oder einen, den man vielleicht gerne verfassen würde. Obwohl man sich beim Lesen manchmal wie ein Voyeur vorkommt, überwiegen doch die Momente in denen man genau nachvollzi­ehen kann, wie es im Kopf und im Bauch des Schreibers währenddes­sen wohl ausgesehen hat. Einerseits tröstlich, anderersei­ts erschrecke­nd.

Für alle denen dieses Buch gefällt, hat der Verlag Mitte September 2017 einen Nachfolgeb­and herausgebr­acht. Dieser heißt: Deine letzte

Nachricht. Für immer. Darin geht es um Texte aus Emily Trunkos Seite „The last message ever“und noch expliziter darum, was Menschen schreiben, bevor sie sich – manchmal für immer – verabschie­den. Emily Trunko: Ich wollte nur, dass Du noch weißt ...,

ISBN : 978 3 7855 8608 2 Loewe Verlag, 192 Seiten, 14.95 Euro

Newspapers in German

Newspapers from Germany