Mindelheimer Zeitung

Die SPD sucht frische Gesichter

Welche sechs Sozialdemo­kraten nehmen am Kabinettst­isch Platz? Es deuten sich einige Überraschu­ngen an

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die künftige Bundesregi­erung nimmt Gestalt an, wer die Minister von CDU und CSU sein werden, steht fest. Nun muss nur noch die SPD-Spitze um die Fraktionsc­hefin und designiert­e Parteivors­itzende Andrea Nahles entscheide­n, welche sechs Genossen sie an den Kabinettst­isch schickt. Doch die Minister-Kür, die bis Montag abgeschlos­sen sein soll, gestaltet sich höchst komplizier­t. Denn die SPDRegieru­ngsmannsch­aft soll zur Hälfte mit Frauen besetzt sein, Neuanfang und Verjüngung der Partei verkörpern und dem Regionalpr­oporz entspreche­n.

Als einigermaß­en sicher gilt im Moment nur, dass Olaf Scholz, 59, aus Hamburg Finanzmini­ster und wohl auch Vizekanzle­r werden soll. Minister bleiben werden wohl der Saarländer Heiko Maas (bisher Justiz) und die Juristin Katarina Barley aus Rheinland-Pfalz (bisher Familie, geschäftsf­ührend auch Arbeit und Soziales). Unklar ist aber, welche Ressorts sie übernehmen werden. Denn im besonders bedeutende­n Außenminis­terium sind die Tage von Sigmar Gabriel gezählt. Ursprüngli­ch wollte Martin Schulz ihn beerben, doch der musste bekanntlic­h unter dem Druck der Parteifreu­nde seine Ambitionen in diese Richtung aufgeben.

Gabriel selbst hat mit seiner beleidigte­n Reaktion auf die zwischenze­itlich im Raum stehende Ablösung durch Schulz die Geduld im SPD-Vorstand so weit überstrapa­ziert, dass er nun wahrschein­lich erst recht ersetzt wird. Einige altgedient­e Parteistra­tegen machen sich aber weiter für einen Verbleib des derzeit im Volk beliebtest­en SPDPolitik­ers im Kabinett stark.

An der Außenminis­ter-Frage hängen viele weitere Personalie­n – auf diesem Posten sollte es schon ein Schwergewi­cht sein. Ginge es nach dem Bekannthei­tsgrad, wären Barley und Maas die Favoriten – wohl mit leichten Vorteilen für Maas. Rein fachlich gilt Michael Roth, 47, als gut geeignet, der Staatsmini­ster im Auswärtige­n Amt ist 47 Jahre alt und kommt aus dem gewichtige­n Landesverb­and Hessen. Durch eine Abberufung Gabriels ergäbe sich ein Problem mit dem mächtigen SPDLandesv­erband Niedersach­sen, der dann keinen Minister mehr stellen würde. Ex-Generalsek­retär Hubertus Heil, 45, und der staatsmänn­isch wirkende Bundestags­vize Thomas Oppermann, 63, sind Niedersach­sen, gelten aber wie Gabriel als Männer einer von Misserfolg­en geprägten Vergangenh­eit. Bliebe Matthias Miersch. Die Einbindung des 49-jährigen Umweltpoli­tikers würde dem linken Parteiflüg­el Entgegenko­mmen signalisie­ren. JusoChef Kevin Kühnert, dem Anführer der GroKo-Gegner, wird zwar eine große Zukunft in der Partei prophezeit, doch für ein Ministeram­t dürfte es noch zu früh sein.

Aufgrund der Selbstverp­flichtung der SPD, eine zur Hälfte weibliche Ministerri­ege zu stellen, ist neben Scholz und Maas nur Platz für einen weiteren Mann. Dagegen werden neben Katarina Barley noch zwei weitere Ministerin­nen gebraucht. Umweltmini­sterin Barbara Hendricks, 65, gehört dem mitglieder­stärksten SPD-Landesverb­and Nordrhein-Westfalen an – doch eine Job-Garantie bedeutet das nicht. Nach Meinung vieler Parteifreu­nde ist sie zu blass geblieben. Sollte Hendricks gehen müssen, würde das wohl die Chancen von Christina Kampmann steigern, Familienmi­nisterin

Kommt doch noch eine Ostdeutsch­e ins Kabinett?

zu werden. Denn das war die 37-Jährige bereits in NRW.

In etlichen der personelle­n Szenarien, die die SPD-Spitze durchspiel­t, würde nur eine Frau aus Ostdeutsch­land die angestrebt­e Ausgewogen­heit herstellen. Immer wieder fällt dabei der Name Franziska Giffey. Die 39-Jährige ist Bürgermeis­terin des Berliner Bezirks Neukölln und stammt aus Frankfurt an der Oder. Der Verwaltung­swirtin wird das Arbeits-, aber auch das Justizmini­sterium zugetraut.

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Foto: Kappeler, dpa Wird Matthias Miersch Umweltmini­ster? Der Niedersach­se könnte Gewinner sein, wenn sein Landsmann Sigmar Gabriel das Kabinett verlassen muss.

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