China will den Westen abhängen
Die Zukunftsbranchen wachsen rasant. Das Land soll digital führen
Peking Für Deutschland ist China inzwischen der wichtigste Handelspartner. Deutsche Unternehmen exportierten Waren von 86 Milliarden Euro in das Riesenreich. Insofern war es einerseits eine gute Nachricht, dass der chinesische Premierminister Li Keqiang bei Vorstellung des Jahresplans beim „nationalen Volkskongress“für 2018 ein Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent ankündigte. Internationale Bankexperten gehen sogar von noch etwas mehr aus – damit bleibt China zur Freude seiner Handelspartner die Lokomotive der Weltkonjunktur. Allerdings wächst gleichzeitig ein mächtiger Konkurrent heran, was die Zukunftsbranchen angeht.
„Wir bauen ein digitales China auf“, sagte der chinesische Regierungschef über die Wachstumstreiber. Li hob besonders die vielen Neugründungen von Technik-Firmen hervor – und die immer schnellere Innovation durch etablierte Unternehmen. Netzwirtschaft, neue Werkstoffe und elektrische Antriebsformen für Autos, die Energiewende, Biotechnologie, Robotik – alle diese Bereiche entwickeln sich in China rasant. Und anders als ihre
Bei den Patenten hat China die USA längst überholt
Konkurrenten im Westen erhalten die Branchen üppige finanzielle Staatsförderung.
Ökonomen bestätigen den Erfolg: In China sind im vergangenen Jahr 1,3 Millionen Patentanmeldungen eingegangen. Das sind 18 Mal mehr als in Deutschland und doppelt so viele wie in den USA. Vor allem liegt China auch bei der Qualität der Innovationen vorn. So gab es in China zweimal mehr Patentanmeldungen zu neuronalen Netzen als in den USA. Dieser Zweig der Informatik gilt als entscheidend für die Entwicklung selbstständig lernender Maschinen. Im vergangenen Jahr sind die Firmen aus den TechnikBranchen in China um acht Prozent gewachsen. Das hat einen Rückgang von 0,4 Prozent der rückständigen Branchen wie Stahl, Plastik, Werften oder Chemie locker ausgeglichen. In diesem Jahr soll die Verschiebung so weitergehen.
Lis ganze Rede zeigte jedoch auch das große Paradox der chinesischen Entwicklung: Der Premier pries die effiziente Digitalwirtschaft vor einem Hintergrund, der analoger nicht sein könnte und sich seit dem Jahr 1954 kaum geändert hat. Die roten Fahnen, die Marschmusik, die Sitzordnung der Delegierten, ihr Gesichtsausdruck – all das sind versteinerte Rituale. Selbst Lis Rede folgt mit ihren sozialistischen Floskeln einem fest vorgegebenen Drehbuch.
Nur eine Sorge war Li anzumerken: Einen Handelskrieg kann China derzeit nicht gebrauchen. „Wir werden unseren Teil tun, um den freien Warenverkehr zu schützen“, sagte er. Doch China hat notfalls auch die nötigen Ressourcen, um einen Handelskrieg zu überstehen. Das Land hat praktisch keine Auslandsschulden.