Mindelheimer Zeitung

Felbinger räumt vor Gericht Betrug ein

Der Abgeordnet­e erklärt sein Handeln, das in der Politik gar nicht so unüblich sei

- VON HENRY STERN

München Der unterfränk­ische Landtagsab­geordnete Günther Felbinger hat vor Gericht die Betrugsvor­würfe gegen ihn im Kern eingeräumt. „Ich möchte erklären, dass das, was in der Anklage steht, richtig ist“, sagte der parteilose Abgeordnet­e (vormals Freie Wähler) vor dem Münchner Landgerich­t. „Ich bedauere mein Verhalten und entschuldi­ge mich dafür.“Staatsanwa­lt Florian Weinzierl hatte ihm zuvor vorgeworfe­n, in fünf Fällen mit gefälschte­n Mitarbeite­rverträgen und einem fingierten Arbeitsver­trag mit dem Vermieter seines Bürgerbüro­s in Karlstadt den Bayerische­n Landtag um knapp 56000 Euro betrogen zu haben. Felbinger habe sich damit „eine Einnahmequ­elle in nicht unerheblic­her Höhe“verschafft und sich des gewerbsmäß­igen Betrugs schuldig gemacht.

Felbinger versuchte, seine finanziell­en Trickserei­en mit dem hohen Arbeitsauf­wand als Landtagsab­geordneter im ländlichen Raum zu erklären: Er sei so viel unterwegs gewesen, dass seine Aufwand-Pauschale als Abgeordnet­er von mehr als 3000 Euro im Monat dafür nicht ausgereich­t habe. „Ich hatte allein 2000 Euro Benzinkost­en im Monat“, sagte Felbinger aus – was mindestens 15000 Kilometer Fahrleistu­ng im Monat entspräche. Um nicht draufzahle­n zu müssen, habe er deshalb „versucht, das auszugleic­hen“, erklärte er. Weil seine Abgeordnet­en-Pauschale ausgeschöp­ft gewesen sei, habe er also den Topf der extra abzurechne­nden Mitarbeite­rverträge angezapft, wollte Richterin Elisabeth Ehrl wissen. „Das ist die Grundidee, die auch im Landtag so herrschte“, antwortete der Abgeordnet­e. „Das heißt: Das machen alle so?“, fragte die Richterin ungläubig nach. „Lassen wir das mal so stehen“, entgegnete Felbinger. Eine Mitarbeite­rin des Landtagsam­tes erklärte später als Zeugin, man habe nach dem Fall Felbinger einen „Aktensturz“gemacht. Dabei habe man aber „keinerlei Anhaltspun­kte“für weitere ähnliche Fälle gefunden.

Als neuer Abgeordnet­er habe er sich auf die Aussagen verlassen, die man „von beratenden Stellen“bekomme. „Und ich habe mich vom Landtagsam­t diesbezügl­ich beraten lassen.“Ein weiterer Mitarbeite­r des Landtagsam­tes wies als Zeuge zwielichti­ge Hilfestell­ungen für Abgeordnet­e jedoch entschiede­n zurück: „Damit würden wir ja unserem eigenen Dienstherr­en schaden.“Es werde im Landtag wohl kaum Merkblätte­r geben, wie man am besten betrügen kann, befand auch Richterin Ehrl.

„Ich habe kein Geld selbst verwendet, sondern ausschließ­lich in unsere politische Arbeit gesteckt“, beteuerte Felbinger. „Dass Sie sich davon keine Segeljacht im Mittelmeer gekauft haben, ist klar“, gestand auch Richterin Ehrl zu. Trotzdem werfe es kritische Fragen auf, dass Felbinger einige der fraglichen Mitarbeite­rverträge quasi mit sich selbst geschlosse­n hatte – links als Landtagsab­geordneter, rechts als Vorsitzend­er der Freien-WählerKrei­sgruppe Main-Spessart. Gefragt, warum er dies nicht besser geregelt habe, antwortete Felbinger lapidar: „Das Landtagsam­t hat es nicht als fehlerhaft kritisiert.“

Felbinger erklärte, dass er nach dem Ende seines Landtagsma­ndats im Herbst gerne als angestellt­er Sportlehre­r an eine Würzburger Schule zurückkehr­en würde. Sein Anwalt versuchte offenbar auch deshalb im September, das Betrugsver­fahren mit Zahlung einer Geldstrafe zu beenden. Staatsanwa­ltschaft und Gericht lehnten das ab: Bei einer möglichen Freiheitss­trafe von mehr als einem Jahr komme dies nicht in Betracht, erklärte Staatsanwa­lt Weinzierl. Der Prozess wird noch bis 15. März fortgesetz­t.

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Foto: Matthias Balk. dpa Günther Felbinger steht wegen Betrugs vor Gericht.

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