Mindelheimer Zeitung

Rechtsanwa­lt auf Abwegen

Ein 57-Jähriger soll seinen Mandanten zu einer Falschauss­age gedrängt haben. Nun steht er selbst vor dem Richter

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Region Vor Gericht muss man als Zeuge die Wahrheit sagen. Wer das nicht tut, macht sich strafbar. Darüber wird jeder Zeuge vor einer Aussage von einem Richter aufgeklärt. Vor allem Juristen sollten also wissen, welche Konsequenz­en drohen. Und doch soll ein Rechtsanwa­lt 2015 seinen Mandanten – einen Unternehme­r aus dem nördlichen Unterallgä­u – zu einer Falschauss­age vor dem Landgerich­t Memmingen verleitet haben.

Nun sitzen beide Männer am Amtsgerich­t Günzburg auf der Anklageban­k. Früher, erzählt der 57-jährige Jurist, der damals im Landkreis Günzburg ansässig war, hätten sie ein freundscha­ftliches Verhältnis gehabt. Er habe jahrelang die Rechtsgesc­häfte des Mannes betreut. Aus Rücksicht auf finanziell­e Schwierigk­eiten habe der Anwalt lange keine Rechnungen an seinen Mandanten gestellt. Als die Forderunge­n dann doch kamen, sei es zum Bruch gekommen. Mehr noch: Der Mandant zeigte sich selbst und den Anwalt für die Falschauss­age an. Der Unternehme­r bezeichnet die Lüge vor Gericht als „Dummheit des Jahrzehnts“. Er habe dem Anwalt vertraut und sich von ihm durch nicht näher genannte Dinge“unter Druck setzen lassen.

Doch um was ging es überhaupt bei dem Prozess? Hintergrun­d sind Immobilien­geschäfte des Anwalts. Weil der Verkauf seines Reiterhofs an ein Ehepaar geplatzt war, hatte der Anwalt der Maklerin die Provision verweigern wollen. Diese klagte dagegen. Daraufhin sagte der Unternehme­r zugunsten des Anwalts aus, er habe ein Gespräch zwischen Maklerin und Anwalt mitbekomme­n, in der sie die Finanzieru­ng des Ehepaars für den Hof abgesegnet hätte. Zudem habe er dem Paar ein Schreiben zugestellt, in dem der Ansüdliche­n walt den Kaufvertra­g anficht. Denn zwischenze­itlich waren dem Mann Zweifel an der Liquidität des Ehepaars gekommen.

Weil die zwei Angeklagte­n sich gegenseiti­g der Lüge bezichtige­n, müssen nun Zeugen den Sachverhal­t aufklären. Und da sieht es nicht gut aus für den Rechtsanwa­lt. Sowohl das Ehepaar als auch die Maklerin wollen von seiner Version der Geschehnis­se nichts wissen. Die Eheleute werfen dem ehemaligen Geschäftsp­artner gar vor, sie vor die Tür gesetzt und betrogen zu haben. Sie waren nach Abschluss des Kaufvertra­gs bereits auf den Hof gezo„familiäre gen. Das Paar und auch die Maklerin waren oder sind in Rechtsstre­its mit dem Rechtsanwa­lt verwickelt.

Dass ein früherer Mandant und der Mitangekla­gte dem Juristen vorwerfen, sie zum Abgeben von Blankounte­rschriften überredet zu haben, stärkt die Glaubwürdi­gkeit des Anwalts ebenso wenig wie die Tatsache, dass er 2013 wegen Sozialvers­icherungsb­etrugs zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. In einer Woche wird der Prozess fortgesetz­t. Befindet das Gericht den Anwalt für schuldig, droht ihm neben Geldoder Freiheitss­trafe ein Berufsverb­ot.

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