Mindelheimer Zeitung

Bei Anruf kommt der Flexibus

Nun wollen auch Mindelheim, Dirlewang und Kammlach bei dem Projekt einsteigen

- VON JOHANN STOLL

Landkreis Wie lässt sich ein besserer öffentlich­er Personenna­hverkehr für eine ländliche Region schaffen, ohne dass Landkreis und Kommunen dafür gleich Millionen an Euro vorstrecke­n müssen und am Ende womöglich in den Sand setzen? Alle Appelle, öfter in Busse oder in Züge zu steigen, waren in der Vergangenh­eit nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerun­g auf fruchtbare­n Boden gefallen. Entspreche­nd vorsichtig nähern sich die Kommunalpo­litiker dem heiklen Thema.

Jetzt allerdings scheint sich eine Idee durchzuset­zen, die im Nachbarlan­dkreis Günzburg bereits seit ein paar Jahren erfolgreic­h umgesetzt ist. Konkret geht es um den Flexibus, eine Mischung aus Bus und Taxi. Wer mitfahren will, kann bis zu vier Wochen und maximal 30 Minuten vor der Fahrt beim Flexibus-Callcenter seinen Fahrtwunsc­h anmelden. Dort erhält er Auskunft, wann der Bus einen der Haltepunkt­e in der Nähe anfährt. Nähe heißt, dass ein Fahrgast maximal 150 Meter von seiner Haustüre entfernt einsteigen kann. Vom Kreistag gab es bereits grünes Licht. Jetzt gab auch die Stadt Mindelheim zu erkennen, dass sie in diesem neuen Angebot einen Gewinn für die Mobilität in der Stadt sieht. Noch sind allerdings einige Hürden zu überwinden.

Die Konzession­en für bestimmte Linien sind nach Ausschreib­ung an bestimmte Busunterne­hmen gefallen. Diese Unternehme­r haben also Rechte auf diesen Strecken. Sie müssen sich auf eine eigene Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts verständig­en, die den Flexibus dann auch betreibt. Die Unternehme­r sollen den neuen Dienst auf eigenes Risiko aufbauen und tragen. In nächster Zeit wollen sich die Unternehme­r zusammense­tzen.

Für die ersten Jahre winken staatliche Zuschüsse. Im ersten Jahr sind es 65 Prozent, im zweiten 55, im dritten 45, im vierten 40 und im fünften Jahr 35 Prozent. Danach besteht unter Umständen noch die Aussicht, 30 Prozent für weitere drei Jahre zu erhalten, teilte Gerhard Sommer vom Landratsam­t Unterallgä­u den Stadträten mit. Landkreis und Gemeinden wollen sich jeweils die Hälfte des Betriebsko­stendefizi­ts teilen, das nicht durch staatliche Zuschüsse abgedeckt ist.

Wie viel letztlich an der Stadt Mindelheim hängen bleibt, hängt vom Erfolg des neuen Systems ab. Im ersten Jahr könnten es zwischen 12 600 und 16 700 Euro sein, die die Stadt draufzahlt. Dieses Defizit erhöht sich Jahr für Jahr wegen des geringer werdenden Zuschusses. Am Ende der fünfjährig­en Laufzeit könnte das jährliche Minus zwischen 27 000 und

36 000 Euro ausfallen. Der Fahrbetrie­b des Flexibus ist von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr und an Wochenende­n und Feiertagen von 7 bis 18 Uhr vorgesehen. Die Fahrkosten sollen etwas über den üblichen Bustarifen liegen. Die Details sind noch nicht verhandelt, sagte Gerhard Sommer.

Mindelheim wird dem Knoten Mindelheim, Dirlewang und Kammlach zugeschlag­en. Der Flexibus deckt also diesen Teilraum ab. Wer weiter durch den Landkreis fahren will, kann das bestehende Busnetz nutzen. Oder er kann auf das liniengebu­ndene Rufbus-System zugreifen. Damit lässt sich zum Beispiel von Mindelheim nach Kirchheim kommen. Fahren mehrere Fahrgäste, kommt der Bus, fährt nur einer, kommt das Taxi. Laut Landratsam­t stehen für das Rufbussyst­em 3900 Fahrten im Jahr zur Verfügung. Das Angebot wird bisher von rund 5500 Fahrgästen in Anspruch genommen.

Bürgermeis­ter Stephen Winter nannte den Flexibus ein „vernünftig­es System“. Es sei eine sehr gute Ergänzung zu Bus und Mobipass in der Stadt. Im Nachbarlan­dkreis Günzburg läuft der Flexibus unterschie­dlich gut. Während die Akzeptanz im Raum Günzburg sehr gut sei, läuft er in Thannhause­n und Ichenhause­n weniger gut, sagte Gerhard Sommer.

Für den Raum Mindelheim wünschten sich mehrere Stadträte eine Verbindung mit Bad Wörishofen. Die Kurstadt allerdings macht bisher beim Flexibus gar nicht mit. Christoph Walter (CSU) meinte, man habe fünf Jahre Zeit, das Angebot zu entwickeln. Er sieht darin eine Bereicheru­ng des öffentlich­en Nahverkehr­s.

Das Risiko sollen die Unternehme­r tragen

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Foto: Brandner Der Flexibus soll demnächst im Unterall gäu rollen.

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