Bei Anruf kommt der Flexibus
Nun wollen auch Mindelheim, Dirlewang und Kammlach bei dem Projekt einsteigen
Landkreis Wie lässt sich ein besserer öffentlicher Personennahverkehr für eine ländliche Region schaffen, ohne dass Landkreis und Kommunen dafür gleich Millionen an Euro vorstrecken müssen und am Ende womöglich in den Sand setzen? Alle Appelle, öfter in Busse oder in Züge zu steigen, waren in der Vergangenheit nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden gefallen. Entsprechend vorsichtig nähern sich die Kommunalpolitiker dem heiklen Thema.
Jetzt allerdings scheint sich eine Idee durchzusetzen, die im Nachbarlandkreis Günzburg bereits seit ein paar Jahren erfolgreich umgesetzt ist. Konkret geht es um den Flexibus, eine Mischung aus Bus und Taxi. Wer mitfahren will, kann bis zu vier Wochen und maximal 30 Minuten vor der Fahrt beim Flexibus-Callcenter seinen Fahrtwunsch anmelden. Dort erhält er Auskunft, wann der Bus einen der Haltepunkte in der Nähe anfährt. Nähe heißt, dass ein Fahrgast maximal 150 Meter von seiner Haustüre entfernt einsteigen kann. Vom Kreistag gab es bereits grünes Licht. Jetzt gab auch die Stadt Mindelheim zu erkennen, dass sie in diesem neuen Angebot einen Gewinn für die Mobilität in der Stadt sieht. Noch sind allerdings einige Hürden zu überwinden.
Die Konzessionen für bestimmte Linien sind nach Ausschreibung an bestimmte Busunternehmen gefallen. Diese Unternehmer haben also Rechte auf diesen Strecken. Sie müssen sich auf eine eigene Gesellschaft bürgerlichen Rechts verständigen, die den Flexibus dann auch betreibt. Die Unternehmer sollen den neuen Dienst auf eigenes Risiko aufbauen und tragen. In nächster Zeit wollen sich die Unternehmer zusammensetzen.
Für die ersten Jahre winken staatliche Zuschüsse. Im ersten Jahr sind es 65 Prozent, im zweiten 55, im dritten 45, im vierten 40 und im fünften Jahr 35 Prozent. Danach besteht unter Umständen noch die Aussicht, 30 Prozent für weitere drei Jahre zu erhalten, teilte Gerhard Sommer vom Landratsamt Unterallgäu den Stadträten mit. Landkreis und Gemeinden wollen sich jeweils die Hälfte des Betriebskostendefizits teilen, das nicht durch staatliche Zuschüsse abgedeckt ist.
Wie viel letztlich an der Stadt Mindelheim hängen bleibt, hängt vom Erfolg des neuen Systems ab. Im ersten Jahr könnten es zwischen 12 600 und 16 700 Euro sein, die die Stadt draufzahlt. Dieses Defizit erhöht sich Jahr für Jahr wegen des geringer werdenden Zuschusses. Am Ende der fünfjährigen Laufzeit könnte das jährliche Minus zwischen 27 000 und
36 000 Euro ausfallen. Der Fahrbetrieb des Flexibus ist von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 7 bis 18 Uhr vorgesehen. Die Fahrkosten sollen etwas über den üblichen Bustarifen liegen. Die Details sind noch nicht verhandelt, sagte Gerhard Sommer.
Mindelheim wird dem Knoten Mindelheim, Dirlewang und Kammlach zugeschlagen. Der Flexibus deckt also diesen Teilraum ab. Wer weiter durch den Landkreis fahren will, kann das bestehende Busnetz nutzen. Oder er kann auf das liniengebundene Rufbus-System zugreifen. Damit lässt sich zum Beispiel von Mindelheim nach Kirchheim kommen. Fahren mehrere Fahrgäste, kommt der Bus, fährt nur einer, kommt das Taxi. Laut Landratsamt stehen für das Rufbussystem 3900 Fahrten im Jahr zur Verfügung. Das Angebot wird bisher von rund 5500 Fahrgästen in Anspruch genommen.
Bürgermeister Stephen Winter nannte den Flexibus ein „vernünftiges System“. Es sei eine sehr gute Ergänzung zu Bus und Mobipass in der Stadt. Im Nachbarlandkreis Günzburg läuft der Flexibus unterschiedlich gut. Während die Akzeptanz im Raum Günzburg sehr gut sei, läuft er in Thannhausen und Ichenhausen weniger gut, sagte Gerhard Sommer.
Für den Raum Mindelheim wünschten sich mehrere Stadträte eine Verbindung mit Bad Wörishofen. Die Kurstadt allerdings macht bisher beim Flexibus gar nicht mit. Christoph Walter (CSU) meinte, man habe fünf Jahre Zeit, das Angebot zu entwickeln. Er sieht darin eine Bereicherung des öffentlichen Nahverkehrs.
Das Risiko sollen die Unternehmer tragen