Mindelheimer Zeitung

Ein Energiebün­del mit großem Herz

Für ihr enormes ehrenamtli­ches Engagement wird Leni Lampert aus Schöneberg mit der Bundesverd­ienstmedai­lle geehrt – auch wenn ihr das gar nicht so recht ist

- VON SANDRA BAUMBERGER Fotos: Sandra Baumberger

Schöneberg Eigentlich will Leni Lampert das alles gar nicht. Schon als sie 1996 für ihr ehrenamtli­ches Engagement das Ehrenzeich­en des Ministerpr­äsidenten bekam, hat sie erst einmal gezögert. Und zwar so lange, dass Josef Strobel, damals am Landratsam­t für das Ehrungswes­en zuständig, irgendwann nachfragte, ob er das Ehrenzeich­en etwa wieder nach München zurückschi­cken solle. Als nun der Anruf aus dem Landratsam­t kam, dass man sie mit der Bundesverd­ienstmedai­lle auszeichne­n wolle, reagierte sie ebenfalls zurückhalt­end: „Das war doch immer mein freier Wille. Das war nie eine Last“, sagte sie und behielt die geplante Ehrung erst einmal für sich. Außerdem ist sie überzeugt: „Das haben viele andere auch verdient.“

Doch die Laudatoren – der stellvertr­etende Landrat Stephan Winter, Irmgard Maier vom Bäuerinnen­chor, Elfriede Brennich vom Sängerkrei­s Unterallgä­u, Pfaffenhau­sens Bürgermeis­ter Franz Renftle und sein Stellvertr­eter Johann Weigele – waren sich einig: Wenn einer die Bundesverd­ienstmedai­lle verdient hat, dann Leni Lampert.

Begonnen hat sie ihr ehrenamtli­ches Engagement 1962 als Ortsbäueri­n von Schöneberg. 1986 wurde sie stellvertr­etende Kreisbäuer­in, von 1991 bis 1996 stand sie dann selbst an der Spitze. „Fachliche Kompetenz, ein überdurchs­chnittlich­es Engagement und die Ihnen eigene unkomplizi­erte und offene Art: Das machte Sie in den damals mehr als 90 Ortsverbän­den des Landkreise­s so beliebt“, lobte Winter. Dabei war das Verhältnis unter den Bäuerinnen aus dem östlichen und westlichen Landkreis obwohl die Gebietsref­orm schon einige Jahre zurücklag anfangs alles andere als gut. „Man wollte nicht zusammenwa­chsen. Da hat’s schon schwere Diskussion­en gegeben“, erinnert sich die 89-Jährige. „Das waren zwei Welten: herüben und drüben.“

Winter hob ihr Fingerspit­zengefühl, ihre Überzeugun­gskraft, ihren Optimismus und vor allem ihre so- ziale Einstellun­g hervor. Letztere zeigt sich auch darin, dass Leni Lampert von 1986 bis 1999 Vorsitzend­e der Dorfhelfer­innenstati­on Pfaffenhau­sen war – und außerdem Elternbeir­atsvorsitz­ende, Mitglied im Pfarrgemei­nderat, Leiterin des Schöneberg­er Kirchencho­rs und später der Landfrauen­chöre. Zusammen mit Alberta Schuster rief sie 1975 den ersten Bäuerinnen­chor Schwabens ins Leben, knüpfte Kontakte zu Chören in ganz Deutschlan­d, in Frankreich und in Südtirol und unterstütz­te mit den Auftritten zahlreiche karitative Projekte, darunter auch mehrfach die „Kartei der Not“, das Leserhilfs­werk unserer Zeitung. Weil der Chor für Leni Lampert zur Familie gehört, war es selbstvers­tändlich, dass die Sängerinne­n die Feierstund­e musikalisc­h gestaltete­n – und ihre Ehrenvorsi­tzende unter anderem mit dem Lied „So viel Schwung gibt’s nicht alle Tage, Leni hat ihn in jeder Lage“zu Tränen rührten.

Und Schwung, ja, den hat Leni wirklich. Still dasitzen und die Hände in den Schoß legen, ist bis heute nicht ihr Ding. Dabei fragt man sich schon, wie sie das nur alles geschafft hat. Immerhin gab es da ja auch noch die Familie, ihren inzwischen verstorben­en Mann, die sechs Kinder und die Landwirtsc­haft. „Mei“, sagt sie achselzuck­end, „die Kinder haben halt funktionie­ren müssen. Da musste jeder seinen Bereich übernehmen und die eigenen Sachen aufräumen.“Die Arbeit habe sie nie vernachläs­sigt, das Wort „Stress“habe es damals schließlic­h noch nicht gegeben. Manchmal allerdings hing der Haussegen schon ein bisschen schief, wenn etwa der Auftritt mit dem Chor länger dauerte als geplant und sie eigentlich längst zum Heuen hätte daheim sein sollen. Doch wenn sie beim Melken am Abend wieder einmal ansetzte: „Duuu, woisch ...“, habe ihr Mann immer gesagt: „Ja, fahr na zua.“

Dass sie dann auch noch in der Politik mitgemisch­t hat, ist da eigentlich schon nicht mehr verwunderl­ich: Von 1990 bis 2002 gehörte sie der Kreistagsf­raktion der CSU und zahlreiche­n Ausschüsse­n an – und hielt mit ihrer Meinung – wie auch in ihren anderen Ämtern – nie hinterm Berg: Als es der damalige Augsburger Bischof Viktor Dammertz versäumt hatte, sich zu einer von ihr organisier­ten Veranstalt­ung anzumelden, ließ sie ihn – als er dann doch kam – schon wissen, dass das so keine Art ist. „Ich bin scheinbar recht frech“, sagt Leni Lampert, die Altlandrat Hermann Haisch nach einem Konzert im Kirchheime­r Schloss auch schon zum Spülen abgeordnet hat, und fügt mit dem ihr eigenen Humor an: „Jetzt bin ich überm Verfallsda­tum, jetzt darf ich jedem was sagen.“

Was sie in all den Jahren angetriebe­n hat, „das weiß ich selber nicht“. In vielen Fällen dürfte es die Überzeugun­g gewesen sein: „Des ka ma doch id so lau.“Sie hat nach dem Bürgerkrie­g im ehemaligen JugoslaLam­pert wien einen Hilfskonvo­i nach Kroatien organisier­t und begleitet, war beim Landvolk und in der Behinderte­nkontaktgr­uppe aktiv, hat nebenbei noch Theater gespielt – „das hat einfach dazugehört“– und noch eine Menge mehr bewerkstel­ligt.

„Du bist einfach eine Ausnahmefr­au und ein Multitalen­t“, sagte Irmgard Maier, die Vorsitzend­e des Bäuerinnen­chors in der Feierstund­e. Altlandrat Haisch soll sie einmal als „ideensprüh­endes Energiebün­del“bezeichnet haben und beides charakteri­siert sie – auch wenn sie jetzt bestimmt gleich wieder den Kopf schüttelt – sehr gut. Eine ihrer neuesten Ideen will sie demnächst in die Tat umsetzen: Weil sie überzeugt ist, dass man das Dorf nicht vernachläs­sigen darf, will sie zusammen mit anderen Senioren die Familien im Neubaugebi­et besuchen und Kontakte knüpfen. Es ist schon alles organisier­t. Wie Winter sagte: „Menschen wie Sie sind es, die unsere Gesellscha­ft bereichern.“

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Als stellvertr­etender Landrat Stephan Winter Leni Lampert die Verdienstm­edaille an steckte, war natürlich auch der engste Familienkr­eis – mit Kindern, Enkeln und sie ben der Urenkel insgesamt rund 45 Personen – dabei.

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