„Die Kirche redet sich das schön“
Die Diskussion um die korrekte Übersetzung des Vaterunsers ist in Bad Wörishofen in vollem Gange
Bad Wörishofen Papst Franziskus gab mit seiner Kritik zur deutschen Übersetzung der Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“den Anstoß: Seither diskutieren Christen teils leidenschaftlich, was denn nun gilt. In Bad Wörishofen ist das nicht anders. Hier hat Pfarrer Andreas Hartmann nun sogar einen eigenen Diskussionsabend anberaumt, um den Gläubigen Raum für Meinungsaustausch zu geben. Hartmann machte gleich selbst klar, wo er steht. „Papst Franziskus hat Recht, wenn er sagt, dass Gott so etwas nicht tut. Gott spielt nicht mit den Menschen.“Hartmann räumte aber auch ein, dass Gott es zulasse, dass wir in Versuchung geführt werden. „Ja, er führt mich sogar in die Versuchung, um meinen Glauben herauszufordern – zu überprüfen – auch um mir eine Möglichkeit zu geben, dass ich in meinem Glauben wachsen kann. Aber er sorgt auch dafür, dass ich nicht über mein Vermögen hinaus versucht werde und er begleitet mich, durch jede Versuchung hindurch.“
Wichtig sei auch, so der Pfarrer: „Gott ist stärker als jeder Versucher, Teufel, Satan oder der Unfriede in uns.“Christian Frühauf – seit Langem im Pfarrgemeinderat St. Justina tätig – hat zu diesem komplexen Thema mit besonderem Engagement recherchiert und trug den Besuchern im Pfarrsaal seine Erkenntnisse vor. Dabei wies er auf die Homepage „vaterunser-aenderung.de“hin, auf der die in zahlreichen Sprachen grün gekennzeichneten „inhaltlich korrekten Übersetzungen“gegenüber der rot markierten „kritisierten Übersetzungen“eindeutig in der Mehrzahl seien.
Dass außerdem Italien und Frankreich bereits die VaterunserBitte entsprechend umformuliert hätten. Frühauf stellte sich und den Zuhörern die Frage: „Wenn Gott selbst der Versucher ist, wie wir im Vaterunser beten, wer hilft uns dann aus der Versuchung?“Frühauf ist überzeugt: Wer Gott „auch nur ansatzweise mit dem Wort Versuchung in Verbindung bringt, der entehrt ihn!“
Vehement und eindeutig bestand der Referent im Fall der sechsten Bitte – unter Hinweis auf einzelne Bibelstellen – darauf: „Gott führt uns nicht in Versuchung, das weiß auch die deutsche Kirche. Dennoch reden sie sich das immer noch schön.“Obwohl sich Kinder eventuell denken würden: „Vor dem Gott musst du aufpassen, der ist gefährlich, kann dich in die Pfanne hauen.“Auch Pro und Contra zu den Sichtweisen der beiden Vortragenden – begründet anhand persönlicher Erlebnisse – gab es bei Wortmeldungen einiger Gäste, die jedoch ihre Namen nicht in der Zeitung lesen wollen. Nur soviel ging daraus hervor, dass das Wort Versuchung „negativ belegt“sei und dass man hoffe, wenn die Versuchung da sei, ihr man widerstehen könne. Dass letztlich doch das ganze Leben eine einzige Versuchung sei, wurde auch erwähnt. Wie wichtig den Anwesenden letztlich der Gedankenaustausch um die landessprachlichen Übersetzungen des Bittgebets war, zeigte sich an reichlich mitgebrachtem Belegmaterial. Während des gemeinsamen Vaterunsers war akustisch zwar nicht vernehmbar, wer welche Version des Gebets bevorzugt hatte, von Herzen kam es aber ganz sicher.