Besserung in Sicht
Gesundheit Schwerkranke, die Cannabis nutzen wollen, brauchen eine Genehmigung – und auch im Unterallgäu Geduld
Mindelheim Wer eine schwerwiegende Erkrankung mit Cannabis behandeln will, braucht auch im Unterallgäu Geduld. Seit gut einem Jahr gilt das Cannabisgesetz, wonach Ärzte das Betäubungsmittel unter bestimmten Voraussetzungen als Medikament verschreiben dürfen. Doch der Lieferengpass in den Apotheken von dem immer wieder zu hören ist, hat sich kaum gebessert. Ein bis zwei Monate muss man in der Marien-Apotheke in Mindelheim auf die Cannabisblüten warten. Das sei eine „Katastrophe“, sagt Inhaber Helmut Striebel.
Die lange Lieferzeit treffe auf die Cannabisblüten zu, aber nicht auf den Wirkstoff Dronabinol, betont Apotheker Striebel. Dieser sei zwar jederzeit lieferbar und habe einem Kunden, bei dem andere Therapien fehlgeschlagen waren, geholfen. Es ist aber eben nur ein Wirkstoff, der auch im Hanf vorkommt. Die Cannabisblüten hingegen haben ein breites Wirkungsspektrum. Daher könnten sie bei mehr Krankheiten helfen. Neben der üblichen Anwendung bei chronischen Schmerzen und Tumorschmerzen helfen diese auch bei Übelkeit oder Krämpfen.
Allerdings seien die einzelnen Wirkstoffe noch nicht genau untersucht und die Forschung stehe noch ganz am Anfang. Es sei deshalb auch noch nicht klar, welcher Wirkstoff für welche Krankheit helfe. „Die Ärzte tragen hier also das Risiko, die Blüten zu verschreiben, obwohl die Wirkstoffe noch nicht genau erforscht sind.“Generell spricht Striebel von einer „politischen Entscheidung“, die im März vor einem Jahr getroffen worden sei, auf die die Pharmaindustrie und die Forschung aber nicht vorbereitet gewesen seien.
Der Grund für die lange Wartezeit ist laut Striebel, dass man auf den Import aus anderen Ländern, wie den Niederlanden oder Kanada angewiesen sei, da in Deutschland der Anbau von Cannabis noch nicht erlaubt ist. Die Ausfuhrbehörde in Amsterdam lasse sich sehr viel Zeit, sodass es unter Umständen ein Vierteljahr dauern könne, bis die Cannabisblüten ihren Weg zum Patienten finden. „Die Anfragen waren anfangs sehr hoch, haben aber inzwischen nachgelassen“, sagt Striebel. Und auch bei seinem Kollegen Arwed Rudolf von der Rudolf Apotheke ist die Nachfrage überschaubar. Er spricht von zwei Patienten, die regelmäßig ihr Cannabis bei ihm beziehen; bei Kollege Striebel sind es genauso viele. Bei einem seiner Kunden, bei dem andere Therapien fehlgeschlagen waren, helfe auch das Dronabinol weiter.
Bevor der Arzt das Medikament verschreiben darf, muss eine Genehmigung der Krankenkasse vorliegen. Bei der Krankenkasse Barmer ist Bayern mit 826 Anträgen auf Kostenübernahme von cannabishaltigen Medikamenten das Bundesland mit den meisten Anfragen. Von den gestellten Anträgen wurden in Bayern allerdings knapp 30 Prozent abgelehnt. In anderen Bundesländern wie Hessen oder Thüringen wurden sogar mehr als die Hälfte der Anträge abgelehnt. Ein Grund dafür ist die Auslegung, was denn nun eine „schwerwiegende Erkrankung“ist. Zudem dürfe es keine Alternative zur Behandlung der Krankheit geben, so Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern.
2019 soll das Warten dann ein Ende haben. Bis dahin soll Cannabis dann auch in Deutschland angebaut werden dürfen.