Fast alles wird neu am Bahnhof Türkheim
Im Zuge der Elektrifizierung der Bahnlinie von Buchloe nach Leutkirch wird auch das gesamte Areal in Türkheim-Bahnhof umgestaltet. Dafür investiert die Bahn alleine in Türkheim 6,4 Millionen Euro
Türkheim Seit gestern Abend stehen am Bahnhof in Türkheim die Räder still: Weil die Bahnstrecke zwischen Buchloe und Leutkirch elektrifiziert wird, wurde der Zugverkehr pünktlich um 22 Uhr eingestellt. Ab sofort sorgt ein „Schienenersatzverkehr“mit Bussen dafür, dass Reisende und Pendler im Wertachtal transportiert werden.
Bis nach den Sommerferien wird sich das gesamte Areal radikal verändern, kündigt Franz Lindemair, Sprecher Großprojekte Süd bei der DB auf Anfrage der
an. Dann erwarte die Bahnreisenden ein „vollständig barrierefreier Bahnhof“, so Lindemair. Und das lässt sich die Deutsche Bahn (DB) viel Geld kosten: Alle Bahnhofsmaßnahmen zum barrierefreien Ausbau werden ohne die Kosten für die Gleisarbeiten 6,4 Millionen Euro kosten“, so der Bahnsprecher.
In Türkheim werde der Hausbahnsteig am Gleis neu gebaut und dabei auf 55 Zentimeter erhöht, damit die Reisenden künftig bequemer einsteigen können. Gleiches gelte für den neuen Mittelbahnsteig zwischen den Gleisen 3 und 4: „Alle werden 210 Meter lang sein. Beide Bahnsteige werden durch eine Unterführung angeschlossen. Zu beiden Bahnsteigen führen künftig Rampen“, erklärt Lindemair.
In der Folge werde aus Platzgründen die Buswendeschleife einige Meter nach Osten verlegt. Dabei hat Bahnsprecher Lindemair auch einen cleveren Tipp für die Gemeinde Türkheim parat: „Am bisherigen Standort könnte die Gemeinde Park&Ride-Plätze errichten. Das ist eine kommunale Aufgabe, für die es auch Zuschüsse gibt.“
Die Gleisbauarbeiten finden demnach vor allem im westlichen Bereich zwischen der Einmündung des Gleises aus Bad Wörishofen und den Bahnsteigen statt. Dabei wird die Signal- und Leittechnik angepasst und erneuert. Unter anderem werden zwölf neue Signale errichtet, so Lindemair. Die DB ersetze dabei vier Weichen und wechsle Schienen aus. Auf diese Weise sollen dann künftig die Züge von Westen kommend mit 80 Stundenkilometern und schneller als bislang in den Bahnhof einfahren können. Noch wichtiger sei, dass von und nach Memmingen und Wörishofen gleichzeitig gefahren werden könne: „Dadurch werden Fahrzeitgewinne erzielt.“
Nicht mehr benötigt und daher zurückgebaut wird das sogenannte Stumpfgleis am Hausbahnsteig, wo bisher Regionalzüge abgestellt wurden. Für die Elektrifizierung werden Masten gesetzt und hinterher die Oberleitung verlegt. Außerdem noch ein Neubau des Bahnübergangs im Zuge der Kreisstraße MN 10 auf der in Türkheim abzweigenden Nebenbahn nach Ettringen.
Die Finanzierung der Bauarbeiten erfolgt aus Mitteln des Bundes, des Freistaates und der Bahn. Die Bauarbeiten werden bis Ende der Sommerferien abgeschlossen sein, so Lindemair. „Baulärm wird nicht zu vermeiden sein“, so der Bahnsprecher. Um Rücksicht auf die Anlieger zu nehmen, sei beabsichtigt, die lauteren Arbeiten wie etwa bei der Setzung der Oberleitungsmasten tagsüber durchzuführen.
Für den arg in die Jahre gekommenen Türkheimer Bahnhof und das gesamte Umfeld wird dies massive Auswirkungen haben. Schon jetzt steht fest, dass das marode Gebäude nur noch vorübergehend als Bahnhof genutzt werden wird. Das Gebäude werde zwar noch weiter von der DB genutzt, Pläne für einen Verkauf zu einem späteren Zeitpunkt gibt es laut Lindemair bereits. Dies könne aber noch einige zeit dauern, vielleicht sogar Jahre. Bis dahin werde der alte Bahnhof aber weiterhin auch als Warteraum zur Verfügung stehen.
Am Gebäude hat der Zahn der Zeit doch arg genagt, und deshalb will die Bahn auch nichts mehr in den Bahnhof investieren: „An kosmetische Verbesserungen ist nicht gedacht“, so der Bahnsprecher. Natürlich sei es in solchen Fällen üblich, dass die jeweilige Gemeinde als erste Adresse für einen möglichen Verkauf gilt.
Mit der Marktgemeinde Türkheim sind bislang keine entspreerfolge chenden Gespräche geführt worden, wie Bürgermeister Christian Kähler auf Anfrage der mitteilte. Im März des vergangenen Jahres hatte die SPD-Fraktion einen Ideen- oder Architektenwettbewerb gefordert, war mit diesem Antrag aber an der Mehrheit im Rat gescheitert. „Es gab noch nie ein Thema Kauf des Bahnhofgebäudes und deshalb gab es noch nie Gespräche darüber“, so Kähler. Und deshalb gebe es vonseiten des Marktes bislang auch „keine Planungen und Nutzungsideen“.
Zwar habe die Gemeinde schon Kontakt zu einem Planungsbüro wegen des Bahnhofumfeldes aufgenommen – konkrete Pläne gebe es aber noch keine. Angedacht sind laut Kähler P+R-Plätze, Fahrradabstelleinrichtungen und eine mögliche Ladesäule.