Majestätisch und gejagt
Wer ihn tötete, wurde getötet. Der Quetzal ist ein Mythos, der in Mittelamerika immer seltener wird
Augsburg Was den Deutschen der Adler, ist den Guatemalteken der Quetzal. Der prächtige Vogel mit grün schimmerndem Gefieder und auffallend langen Schwanzfedern ist das Wappentier Guatemalas. Er ziert die Währung und die höchste Auszeichnung des Landes, den Orden des Quetzals. Er ist der Stolz einer ganzen Nation und wurde schon von den Mayas und Azteken verehrt. Wer ihn allerdings in freier Wildbahn erleben will, braucht Glück. Seit 2000 gilt er offiziell als gefährdet. Was ist das für ein Vogel und welche Legenden ranken sich um ihn?
Der Quetzal lebt in den Nebelwäldern Mittelamerikas. In den bergigen Regenwaldgebieten von Guatemala, Costa Rica, Mexiko, Nicaragua und Panama. Dank des immerfeuchten Klimas findet er dort ausreichend morsche Baumstümpfe, in deren Holz er seine Bruthöhlen graben kann. Über den Baumwipfeln steigt er laut rufend in den Himmel. Seine Federschleppe, die bis zu 80 Zentimeter lang werden kann, bewegt sich wellenförmig mit jedem Flügelschlag seines spektakulären Balzflugs. Im Sturzflug verschwindet er anschließend wieder in den Baumkronen. Und das, obwohl er ansonsten ein eher träger Artgenosse ist.
Doch das Naturschauspiel zur Balzzeit und sein prachtvolles Federkleid veranlasste die indigenen Völker, den Quetzal als Gottheit zu verehren. Wer ihn tötete, wurde mit dem Tod bestraft. Gejagt wurde er trotzdem, da seine farbenfrohen Federn den Priestern und Königen als Kopfschmuck dienten. Man fing ihn ein und riss ihm die langen Schwanzfedern aus. Noch heute ist sein Federkleid gefragt, so dass die bunten Vögel nach wie vor illegal gejagt und getötet werden.
Der männliche Quetzal schimmert grün an Kopf und Rücken, am Bauch leuchtet er rot. Früher, so erzählen guatemaltekische Urvölker der Maya und ihre Nachfahren des Stammes der Quiché, habe der Vogel ausschließlich grüne Federn gehabt. Sein Bauch habe sich rot gefärbt, nachdem der spanische Konquistador Pedro de Alvarado im 16. Jahrhundert das Quiché-Reich erobert hatte. Der Legende nach soll der Quetzal im Blut des ermordeten Königs der Quiché, Tecún Umán, gebadet haben. Im Blut des letzten Herrschers des Reiches.
Seither gilt der Quetzal als Symbol für die Trauer – aber auch als Symbol für die Freiheit. Die Indios glaubten, der Göttervogel würde in Gefangenschaft nicht überleben, da er sich eher selbst töte anstatt festgehalten zu werden.
Heute ist der Vogel, der etwa die Größe einer Taube hat, ein Tourismusmagnet. Es gibt geführte Touren durch die Nebelwälder und spezialisierte Tourguides. Je nach Region und Jahreszeit hat man Glück. Doch insgesamt gehen die Bestände des Vogels zurück, da sein Lebensraum zunehmend zerstört wird. Auch in Mittelamerika werden die Agrarflächen größer und die Wälder kleiner, was neben der Bejagung als Hauptursache für den Artenrückgang gilt. Bis denjenigen, die einen Quetzal sehen wollen, nur noch bleibt, einen Geldschein in die Hand zu nehmen und das gedruckte Exemplar zu bestaunen.