Mindelheimer Zeitung

Koalition schnürt neues Hilfspaket für Ausreisewi­llige

Wie Entwicklun­gsminister Müller Asylbewerb­er zur Heimkehr bewegen will

- VON RUDI WAIS

Augsburg/Berlin Mit neuen finanziell­en Anreizen will die Bundesregi­erung mehr Flüchtling­e zur freiwillig­en Rückkehr in ihre Heimatländ­er bewegen. Nach den Plänen von Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) sollen künftig bis zu 500 Millionen Euro im Jahr in ein Hilfsprogr­amm fließen, das Heimkehrer­n im Irak, in Nigeria, Tunesien, Afghanista­n und einer Reihe weiterer Länder Arbeits- und Ausbildung­splätze finanziert.

„Dabei stecken wir niemandem einen Scheck in die Brusttasch­e“, betonte Müller im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir finanziere­n ausschließ­lich Projekte vor Ort.“Unter anderem werde der Siemens-Konzern mit Unterstütz­ung seines Ministeriu­ms im Irak 5000 junge Rückkehrer und Einheimisc­he zu Elektriker­n und Energietec­hnikern ausbilden. Alles in allem sollen auf diese Weise zwischen 20000 und 30000 Asylbewerb­er pro Jahr für eine freiwillig­e Ausreise gewonnen werden. Ein ähnliches Programm hat die Bundesregi­erung bereits für den Wiederaufb­au von zerstörten Städten wie Mossul und Tikrit im Irak aufgelegt – und in den vergangene­n sechs Monaten nach Müllers Worten alleine 300000 Menschen, die in andere Landesteil­e, in den Libanon oder nach Jordanien geflohen waren, in ihre ursprüngli­che Heimat zurückgeho­lt.

Die letzte Versuch, Asylbewerb­er mit einer Art Ausreisepr­ämie umzustimme­n, hat die Erwartunge­n bisher offenbar nicht erfüllt. Obwohl die Bundesregi­erung Flüchtling­en zusätzlich zu den üblichen Leistungen wie der Übernahme der Flugkosten noch einen Zuschuss von bis zu 3000 Euro pro Familie angeboten hatte, machten davon zwischen Dezember und Februar lediglich 4552 Menschen Gebrauch – 3600 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch hier bekamen die Begünstigt­en die Prämie nicht bar auf die Hand, sondern erst nach ihrer Rückkehr. Dort mussten sie das Geld zweckgebun­den für die Miete, für Bau- und Renovierun­gsarbeiten oder die Grundausst­attung von Küche und Bad ausgeben.

Im Gegensatz dazu setzt Müller vor allem auf die Zusammenar­beit mit der Wirtschaft. „Indem ich den Menschen Ausbildung und Arbeit gebe, schaffe ich neue Strukturen vor Ort.“Allerdings müsse dabei auch gewährleis­tet sein, dass die Unterstütz­ten über kurz oder lang wieder auf eigenen Beinen stehen. Eine Arbeitsgru­ppe mehrerer Ministerie­n soll nach den Osterferie­n überdies klären, wie die Initiative­n der einzelnen Ressorts besser aufeinande­r abgestimmt werden könnten. Grundsätzl­ich seien solche Förderprog­ramme „ein gutes Instrument, um flexibel und wirkungsvo­ll Anreize für eine freiwillig­e Ausreise zu setzen“, erklärte das Innenminis­terium. Insgesamt sind gegenwärti­g rund 230 00 Menschen in Deutschlan­d ausreisepf­lichtig – nahezu jeder Vierte von ihnen, insgesamt gut 62000 Personen, ist nicht einmal im Besitz einer so genannten Duldung.

Mit den Tücken der Asylpoliti­k beschäftig­t sich auch der Leitartike­l von Walter Roller.

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