Mindelheimer Zeitung

Kurz macht nicht mit

Warum Österreich keine Russen ausweist und welche Rolle der Kanzler spielt

- VON MICHAEL STIFTER Sputnik:

Augsburg Oktober vergangene­n Jahres: Sebastian Kurz gewinnt die Wahl in Österreich – und in Wien klingelt das Telefon. Sergej Lawrow ist dran. Der russische Außenminis­ter gehört zu den ersten Gratulante­n. Wenige Wochen später revanchier­t sich der neue Bundeskanz­ler: Seine erste Reise außerhalb der EU führt in den Kreml. Immer wieder betont Kurz, dass er ein Brücken- bauer zwischen Ost und West sein will. Was er darunter versteht, zeigt er jetzt. Wegen des Giftanschl­ags auf einen Ex-Spion in England weisen 26 Staaten und die Nato in einer gemeinsame­n Aktion insgesamt 141 russische Diplomaten und Geheimdien­stler aus. Österreich nicht. „Wir finden die Entscheidu­ng richtig, machen aber nicht mit“, sagt Kurz. Warum? Das erklärt sein Regierungs­sprecher – auf dem russischen Propaganda-Portal „Wir beabsichti­gen, die Kanäle für den Dialog mit Russland offen zu halten. Österreich ist ein neutrales Land und eine Art Brücke zwischen Ost und West.“Kurz’ Koalitions­partner steht voll hinter dieser Position. Die FPÖ hat sich immer wieder über den vermeintli­chen „Sanktionsw­ahnsinn“gegen Moskau empört. Seine selbst gewählte Rolle als Vermittler zwischen dem Westen und Moskau wird Österreich­s Kanzler bald spielen müssen. Denn Lawrow kündigte bereits Vergeltung für die Ausweisung seiner Landsleute an: „So eine Gemeinheit will niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun.“

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Foto: dpa Sebastian Kurz will Brücken zwischen Ost und West bauen.

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