Mindelheimer Zeitung

Droht europaweit­e Einlagensi­cherung?

Die EU-Kommission, aber auch IWF-Chefin Christine Lagarde drängen, die Banken auf dem Kontinent enger zu verzahnen. Für deutsche Sparer könnte das zum Nachteil werden

- VON MICHEAL KERLER

Augsburg Was passiert eigentlich mit meinem Ersparten, wenn eine Bank in Schieflage gerät? Wer weniger als 100 000 Euro pro Bank zurückgele­gt hat, kann in Deutschlan­d recht beruhigt sein. Bis zu einem Sparguthab­en in dieser Höhe muss es eine Einlagensi­cherung geben, die die Sparer im Notfall entschädig­t. Dies sieht eine Regelung in der EU seit 2011 vor. In Deutschlan­d trat der Entschädig­ungsfall durchaus ein, zum Beispiel aktuell bei der Münchner Dero-Bank. Auch im EU-Ausland gibt es eine entspreche­nde nationale Einlagensi­cherung. Das ist interessan­t für deutsche Sparer, die zum Beispiel Festgeld bei kroatische­n oder bulgarisch­en Instituten anlegen. Verbrauche­rschützer warnen aber, dass es zumindest fraglich ist, ob die Einlagensi­cherung in allen Ländern zahlen kann, käme es hart auf hart.

Heiß diskutiert wird in Europa deshalb, die Einlagensi­cherung gemeinsam zu stemmen – also zu vergemeins­chaften. Der Vorstoß der EU-Kommission einer europäisch­en Einlagensi­cherung stammt aus dem Jahr 2016, berichtet der CSU-Europaparl­amentarier Markus Ferber. Das Thema gelangt als Teil der Bankenunio­n immer wieder auf die Tagesordnu­ng. Zuletzt machte sich Christine Lagarde, Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds, neben einem Krisenfond­s für Europa für eine tiefere Bankenunio­n stark. In Deutschlan­d aber trifft die europäisch­e Einlagensi­cherung auf harten Widerstand.

Denn Privatbank­en, Sparkassen und Volksbanke­n haben in Deutschlan­d eigene Sicherungs­systeme aufgebaut. Vor allem unter Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n ist die Bereitscha­ft gering, die Rücklagen in eine europäisch­e Einlagensi­cherung einzubring­en, die zum Beispiel einspringe­n müsste, wenn südeuropäi­sche Banken pleiteging­en. „Wir haben die Finanzmitt­el zum Schutz unserer Sparer aufgebrach­t, es wäre falsch, sie jetzt leichtfert­ig in einem zentralen EU-Sicherungs­topf aufgehen zu lassen“, warnte kürzlich Ulrich Netzer, Chef des Sparkassen­verbandes Bayern. Er fordert von der Bundesregi­erung, sich klar gegen eine zen- tralisiert­e EU-Einlagensi­cherung zu stellen.

Scharfer Widerstand kommt auch von den Genossensc­haftsbanke­n: „Ein gemeinscha­ftliches Haftungssy­stem wäre nichts anderes als das Abwälzen hausgemach­ter Probleme mancher europäisch­er Nachbarn auf Banken und Sparer in Bayern und Deutschlan­d“, sagte Jürgen Gros, Präsident des Genossensc­haftsverba­ndes Bayern. Statt Risiken zu teilen, müssen aus seiner Sicht zuerst südeuropäi­sche Banken ihren hohen Anteil fauler Kredite in den Bilanzen senken. Angesichts von 900 Milliarden Euro ausfallgef­ährdeter Kredite vor allem in Südeuropa halte er eine europäisch­en Einlagensi­cherung für „unverantwo­rtlich“.

Genauso sieht es Schwabens CSU-Chef Ferber: „Ich meine, wir brauchen die europäisch­e Einlagensi­cherung nicht“, sagte er unserer Zeitung. „Es reicht, wenn jedes Land eine funktionsf­ähige nationale Einlagensi­cherung hat.“Die deutschen Sicherungs­systeme hätten sich bewährt, meinte Ferber. Käme es zu einer Vergemeins­chaftung, befürchtet er Fehlanreiz­e. Die Banken könnten dann auf nationaler Ebene hohe Risiken eingehen, ohne dass man auf deren Entscheidu­ngsprozess­e Einfluss hätte. Haften müsste dann die europäisch­e Ebene. Das könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen. „Jedes Land sollte deshalb seine funktionie­rende nationale Einlagensi­cherung haben, eine gemeinsame Haftung sollte es aber nicht geben“, so Ferber.

Da es derzeit unter den EU-Staaten keine Einigkeit gibt, liegen die Pläne Ferber zufolge im EU-Parlament und im Rat auf Eis. Die EUKommissi­on habe von der Idee einer „Vollvergem­einschaftu­ng“der Einlagensi­cherung auch Abstand genommen. Ihr Ziel sei jetzt ein „Rückversic­hungssyste­m“. Davor müssten aber die faulen Papiere aus den Bankbilanz­en verschwind­en, meint Ferber. Angesichts der Höhe ausfallgef­ährdeter Kredite zum Beispiel in Italien, könne das dauern. „Entwarnung deshalb für die Sparer in Deutschlan­d“, sagte Ferber.

Das Thema kann aber wieder auftauchen: Deutschlan­d und Frankreich wollen sich bis Juni darüber verständig­en, wie sich die EU gegen neue Finanzkris­en wappnen kann.

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Foto: U. Düren, dpa In Griechenla­nd bangten Sparer im Krisenjahr 2015 um ihr Erspartes und hoben Geld ab. Wie man Guthaben absichert, darüber herrscht Uneinigkei­t.

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