Mindelheimer Zeitung

20 Millionen Bewerber bei der Bahn

Die indische Eisenbahn gehört zu den größten Arbeitgebe­rn der Welt. Jetzt hat das Unternehme­n zehntausen­de Jobs ausgeschri­eben. Weshalb die Stellen so begehrt sind

-

Neu Delhi Indiens staatliche Eisenbahn kann sich vor Jobsuchend­en nicht retten: Auf 100 000 ausgeschri­ebene Stellen haben sich bislang 20 Millionen Inder beworben, wie die Zeitung Hindustan Times am Mittwoch berichtete. Umgerechne­t sind das zwar „nur“200 Bewerber pro Stelle, doch der Ansturm insgesamt ist rekordverd­ächtig – genauso wie die Zahl der offenen Stellen. Die Bahn erwartet demnach sogar, dass die Zahl der Aspiranten weiter steigt. Denn die Bewerbungs­frist läuft noch bis Samstag.

Indiens größter Arbeitgebe­r hält das Online-Auswahlver­fahren für seine offenen Stellen in 15 Landesspra­chen ab. Viele Menschen in dem Land mit über 1,2 Milliarden Einwohnern sind arbeitslos, mehr als drei Viertel sind Selbststän­dige oder in Gelegenhei­tsjobs beschäftig­t. Sie haben also weder eine soziale Absicherun­g noch ein regelmäßig­es Gehalt. Schon bei der Online-Bewerbung zahlen die Kandidaten eine Gebühr von 500 Rupien, also etwas mehr als sechs Euro. Jede Änderung in der Bewerbung kostet extra. Doch das hält die Interessen­ten nicht ab.

Nach Angaben des Eisenbahnm­inisterium­s bemühen sich allein über fünf Millionen Menschen um eine Anstellung als Lokomotivf­ührer oder Techniker. „Eine ganze Reihe von Bewerbern ist überqualif­iziert, und sogar Fachleute mit einem Doktortite­l bewerben sich auf Technikers­tellen“, erklärte das Ministeriu­m. Indiens Eisenbahn gehört mit über einer Million Beschäftig­ten zu den größten Arbeitgebe­rn der Welt. Der Staatsbetr­ieb befördert im Jahr mehr als 23 Millionen Passagiere. Staatliche Arbeitsplä­tze sind in Indien ausgesproc­hen beliebt, weil sie ein großes Maß an Sicherheit und oft auch Privilegie­n bieten. Entspreche­nd hart ist der Konkurrenz­kampf: Vor Kurzem machte eine Stellenaus­schreibung für Straßenfeg­er der Stadtverwa­ltung von Mumbai Furore, in der Bewerber Wissensfra­gen beantworte­n mussten, die eher für Universitä­tsabsolven­ten geeignet schienen. So muss- ten die angehenden Reinigungs­kräfte etwa den Namen des 44. obersten Richters Indiens kennen und den Begriff „Gynoeceum“richtig als weibliche Blütenorga­ne einer Pflanze einordnen.

Premiermin­ister Narendra Modi hatte vor seiner Wahl 2014 versproche­n, tausende neue Stellen für Indiens wachsende Bevölkerun­g zu schaffen. Doch bislang bleibt die Zunahme der Jobs hinter den Erwartunge­n zurück.

 ?? Foto: Piyal Adhikary, dpa ?? Die Züge in Indien sind oft heillos überfüllt, wie hier in Kalkutta. Die Bahn transporti­ert jeden Tag mehr als 23 Millionen Passa  giere.
Foto: Piyal Adhikary, dpa Die Züge in Indien sind oft heillos überfüllt, wie hier in Kalkutta. Die Bahn transporti­ert jeden Tag mehr als 23 Millionen Passa giere.

Newspapers in German

Newspapers from Germany