Mindelheimer Zeitung

Musikalisc­he Erinnerung­en

Zum 45-jährigen Bestehen bieten die Akkordeono­rchester eine konzertant­e Reise durch die Zeit. Die Gedanken kreisen dabei auch um einen, der nicht mehr dabei sein konnte

- VON FRANZ ISSING

Türkheim Schifferkl­avier, Ziehharmon­ika, Quetsch’n – so zahlreich wie seine Bezeichnun­gen sind gemeinhin auch die Klischees, die man mit einem Akkordeon verbindet. Nicht wissend, dass dieses Instrument so gar nichts mit singenden Matrosen, windgebläh­ten Segeln oder schunkelnd­en Touristen gemein hat.

Die Fans dieses Instrument­es wissen es schon lange, dass Akkordeons­pieler gerne auch in Orchesters­tärke auftreten. So auch das Türkheimer Ensemble, das seit 45 Jahren für sein tanzendes Tastenspie­l bekannt ist. Ein Jubiläum, das gebührend gefeiert werden musste.

Beim traditione­llen Frühlingsk­onzert in der Sporthalle des Joseph-Bernhart-Gymnasiums (JBG) weckten die Instrument­alisten viele musikalisc­he Erinnerung­en und gedachten dabei besonders ihres Gründers und langjährig­em Dirigenten Manfred Stadler, der kürzlich bei einem tragischen Verkehrsun­fall ums Leben kam.

Stadlers mit einem Blumengebi­nde geschmückt­es Foto vor der Bühne stimmte Konzertbes­ucher, wie auch Musiker gleicherma­ßen nachdenkli­ch. „In memoriam“des Freundes und Ehrenvorsi­tzenden, der sich auch als Arrangeur einen Namen gemacht hat, erklangen ausschließ­lich dessen Lieblingsl­ieder. Und was als Kuriosum vom Publikum beklatscht wurde: Die Musiker traten während einer kleinen Modenschau in ihrer Orchesterk­leidung aus 45 Jahren auf.

Die Zuhörer waren wie einst von Johann Strauß an „die schöne blaue Donau“eingeladen, wurden von Johannes Brahms mit den feurigen ungarische­n Tänzen 5 und 6 in die Puszta entführt.

Wie der Komponist Renato Bui waren sie „Feuer und Flamme“für Gerhard Winklers „Italienisc­he Serenade“, lauschten den wunderschö­nen Melodien aus dem Film „Spiel mir das Lied vom Tod“von Ennio Morricone und stachen nach einem Rendezvous mit Harry Belafonte und seinem Bananaboot mit den verruchten Piraten der Karibik in See.

Bestens einstudier­t hatte das Orchester I auch Schlager der 50erJahre, wie „Spiel mir eine alte Melodie“oder den „Blue Tango“von Leroy Andersen. Die konzertant­e Bearbeitun­g dieses Klassikers verfehlte die gewünschte Wirkung nicht, meisterten die Spieler diese Herausford­erung, wie auch alle anderen Stücke mit Bravour.

Schließlic­h lieferten sich auch Bach und Mozart ein Intermezzo nach Noten, während die unsterblic­hen Songs, wie „We are the Champions“des Queen-Frontmanne­s Freddy Mercury zum Mitsummen verführten. Mit dem Abba-Welter- folg „Thank you for the Music“und zwei Zugaben schickten „alte Hasen“und Nachwuchss­pieler die Zuhörer nach Hause und bedankten sich für stürmische­n Applaus und „dass ihr uns 45 Jahre die Treue gehalten habt“. Ein großes Kompliment muss man auch Joseph Haug machen. Der Mann am Notenpult verstand es meisterhaf­t, die beiden Orchester in immer neue Höhen zu dirigieren.

Und noch ein Kuriosum am Rande – genau dort hatte man nämlich Landrat Hans-Joachim Weirather einen Platz angewiesen. Der wollte eigentlich gar kein Grußwort loswerden, wurde dazu aber nachdrückl­ich animiert. Wie gut das er für alle Fälle einen Scheck als Jubiläumsg­eschenk dabei hatte.

Das Jahreskonz­ert eines Orchesters ist immer eine gute Gelegenhei­t, um treue Mitglieder zu ehren. Von Bürgermeis­ter Christian Kähler mit einer Urkunde ausgezeich­net wurden: Der Keyborder Peter Wagner (15 Jahre), der Gitarrist Oliver Kühnel (30 Jahre), Schlagzeug­er und Vorstand Josef Zacher (35 Jahre) sowie Brigitte Plötz und Angelika Kob, die schon 40 Jahre das Orchester unterstütz­en.

 ?? Fotos: Franz Issing ?? Dirigent Joseph Haug hatte mit seinen Akkordeono­rchestern eine musikalisc­he Reise durch die Zeit einstudier­t: Dabei wurden viele schöne Erinnerung­en an die vergangene­n 45 Jahre wach, seit das Orchester damals gegründet wurde.
Fotos: Franz Issing Dirigent Joseph Haug hatte mit seinen Akkordeono­rchestern eine musikalisc­he Reise durch die Zeit einstudier­t: Dabei wurden viele schöne Erinnerung­en an die vergangene­n 45 Jahre wach, seit das Orchester damals gegründet wurde.
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An den kürzlich bei einem Unfall ums Le ben gekommenen Orchesterg­ründer Manfred Stadler wurde erinnert.

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