Neu entflammte Leidenschaft
Der Berkheimer Profi Sandro Cortese will sich nach schwierigen Jahren wieder stabilisieren. Am Sonntag fährt der 28-Jährige das zweite WM-Rennen für sein neues Team
Berkheim/Ochsenhausen Rückblick: Es war ein kalter November-Tag im Jahr 2012. In der kleinen Gemeinde Berkheim bei Memmingen herrschte der große Ausnahmezustand: Die Hauptstraße war für den Straßenverkehr gesperrt, stattdessen feierten dort 8500 Gäste eine große Party – in einem Ort, in dem nur rund 2700 Menschen leben. Außergewöhnlich. Der Anlass für das volksfestähnliche Treiben: Der aus Berkheim stammende Motorrad-Rennfahrer Sandro Cortese hatte sich kurz zuvor zum Weltmeister gekrönt. Und das musste natürlich ordentlich gefeiert werden. Zum Programm gehörten unter anderem auch Fallschirmspringer und eine Kunstflugshow. Der 22-Jährige war ein gefeierter Star und gab – umlagert von zahlreichen Medienschaffenden – zahlreiche Interviews und noch mehr Autogramme.
Zurück in die Gegenwart: Cortese, inzwischen 28, sitzt in einer Ochsenhausener Eisdiele. Sie gehört Rino Bernardi, einem von Corteses langjährigen Sponsoren. Für das Gespräch mit unserer Zeitung hat sich der Deutsche mit italienischen Wurzeln Kaffee bestellt. „Der WMTitel und die Party in meinem Heimatort, das war damals schon etwas ganz Besonderes“, schwelgt Cortese in freudigen Erinnerungen. „Da hat sich für mich ein Traum erfüllt.“
In den Folgejahren konnte der Berkheimer allerdings nicht mehr auf allerhöchstem Niveau glänzen. „2017 war dann mein schwierigstes Jahr, ich bin mehrmals gestürzt.“Die Wege von Cortese und seinem Team, dem Memminger Rennstall Intact GP, trennten sich. „Wir sind nach fünf Jahren Zusammenarbeit im Fairen auseinander gegangen“, betont Intact-Teamteilhaber Stefan Keckeisen. Nach einem geplatzten Engagement für das Kiefer-Team stand Sandro Cortese zum Jahreswechsel dann sogar kurzzeitig vor der Arbeitslosigkeit. „Der Winter war turbulent“, gibt er zu. Zum Glück wendete sich das Blatt für ihn dann doch noch: Das Kallio-Racing-Team, ein finnischer Rennstall, stattete ihn mit einem Vertrag für die Supersport-WM aus, für Cortese ein Wechsel in eine andere Rennserie, ein „neues Kapitel in meiner Karriere“. Dazu ein neues Motorrad, eine Yamaha YZF-R6.
Seine Zukunft lässt er offen: „Die Motorsport-Szene ist schnelllebig.“Er selbst bezeichnet sich als einen „ruhigen Typen, der nicht gerne Feiern geht“. Weil er bedingt durch seinen Sport seit 13 Jahren „praktisch immer unterwegs ist“, genieße er bei seinen Heimatbesuchen „gerne die Ruhe des Allgäus“. Zwergpinscher Pino ist dabei oft an seiner Seite.
Beim Auftaktrennen der neuen Saison im australischen Phillip Island vor wenigen Wochen fuhr Cortese dann gleich mal auf Platz drei. „Da ist mir schon ein großer Stein vom Herzen gefallen.“In der Eisdiele spürt man: Der Neubeginn in einem neuen Umfeld hat beim Berkheimer ein neues Feuer entfacht, er wirkt angriffslustig und selbstbewusst.
Er hat große Lust, es allen zu beweisen, dass er es noch kann, dass er es richtig gut kann. Im zweiten Rennen war Cortese nun am vergangenen Wochenende im thailändischen Burinam auf der Piste – und fuhr auf den vierten Platz.