Ein Fehlgriff des FC Bayern könnte helfen
Den Enkelkindern wird schwer vermittelbar sein, dass es einst einen anderen Bundesligameister als den FC Bayern München gegeben hat. Zum sechsten Mal in Folge haben sich die Münchner den nationalen Titel gesichert, ein Ende dieser Dominanz ist nicht in Sicht. Der Trend der Serienmeister in europäischen Ligen nimmt zu, seit die Champions League und deren Gelder das Ungleichgewicht in den nationalen Ligen verstärken – auch wenn viel Geld nicht zwingend in viel Erfolg münden muss.
Bayern-Profi Thomas Müller musste jedenfalls lächeln, als ihn Journalisten unmittelbar nach dem Triumph dieser Saison fragten, was gegen eine bajuwarische Meisterschaft in der kommenden Spielzeit spreche. Eine Antwort blieb der Nationalspieler schuldig, wobei auch ihm klar sein dürfte: nicht viel. Fußballromantiker, die von Spannung in der Meisterschaft träumen, dürfen aber wenigstens hoffen. Im Sommer bekommen die Bayern einen neuen Trainer. Seit dem Missverständnis mit Klinsmann weiß man, das birgt zumindest ansatzweise Potenzial für Misserfolg.
Die jetzige Meisterschaft, fünf Spieltage vor Saisonende, begründet sich in der Schwäche der Konkurrenz – aber auch in der Souveränität und Erfolgsroutine der Bayern. Als der Liga Spannung an der Tabellenspitze drohte, musste Lebemann Carlo Ancelotti seinen Platz räumen. Ihre Stars vertrauten die Bayern-Bosse einmal mehr Jupp Heynckes an. Der 72-Jährige wusste, den Erneuerer müsste er nicht geben – mit dem Umbau der Mannschaft und dem Einleiten einer neuen Ära sollte sich sein Nachfolger beschäftigen.
Heynckes ist kein Gestalter, sondern Verwalter. Mit ruhiger Hand hat er dem Klub sein Selbstverständnis zurückgegeben. Er beschränkt sich darauf, das Leistungsvermögen der Spieler abzurufen. Die Meisterschaft 2018 ist nicht das Ergebnis einer überlegenen Spielidee oder eines Offensivspektakels, sie ist Folge eines Wohlfühleffekts, einer positiven Grundstimmung in Mannschaft und Verein.
Stellt sich die Frage, wie viel innovative Ideen darf der künftige Bayern-Trainer mitbringen? Der Kern der Mannschaft wird erhalten bleiben, doch wer ersetzt dauerhaft einen Ribéry, einen Robben oder den abwanderungswilligen Lewandowski? Eine Mannschaft im Umbruch, dazu noch ein Trainerfehlgriff – so könnte Spannung in die Meisterschaft zurückkehren.