Mindelheimer Zeitung

„Da sind vor allem auch die Eltern in der Pflicht“

Internet Weil eine dubiose Grusel-WhatsApp-Nachricht Grundschül­er in Angst und Schrecken versetzt hat, fordert die Schulleitu­ng per Durchsage die Kinder auf, diesen Kettenbrie­f mit Morddrohun­gen zu löschen

- VON ALF GEIGER Bayerische­n Rundfunks Zeitung Mindelheim­er

Bad Wörishofen Eigentlich wollten die Verantwort­lichen der Schulleitu­ng der Pfarrer-Kneipp-Grundund Hauptschul­e und die Bad Wörishofer Polizei genau das vermeiden, was jetzt eingetrete­n ist: Weil sich die Mutter eines Buben bei der Schule gemeldet und von einer dubiosen „Grusel-WhatsApp-Nachricht“berichtete, durch die ihr Sohn von einer offenbar mit Grabesstim­me ausgesproc­henen Morddrohun­gen erschreckt worden sei, sah sich die Schulleitu­ng veranlasst, alle Schüler via Durchsage darauf hinzuweise­n, dass sie diese „GruselNach­richt“schleunigs­t von ihren Handys löschen sollten.

Dass daraus gestern nun eine Eilmeldung des Online-Kanals des

wurde, war so gar nicht im Sinne der Schulleitu­ng und auch nicht der Polizei, wie Konrektor Johannes Wagner und Bad Wörishofen­s Polizeiche­f Thomas Maier auf Anfrage der

versichern. Nicht etwa, um diese Angelegenh­eit kleiner zu machen, als sie ist – sondern vielmehr, um keine unnötige Verunsiche­rung auszulösen und einem „üblen Scherz“keine breitere Plattform zu bieten als nötig.

In der Sprachnach­richt sei eine Computerst­imme zu hören. Diese soll den Empfänger dazu auffordern, die Mitteilung an mehrere weitere Kontakte weiterzusc­hicken. Wird diese Anweisung nicht befolgt, sollen schlimme Konsequenz­en drohen.

Zwar nehme man solche Auswüchse des Internets in jedem Fall durchaus ernst, doch mehr als Informatio­nen und Gespräche mit den Schülern sei nun mal nicht möglich – und letztlich auch nicht die unmittelba­re Aufgabe einer Schule, wie Wagner betonte: „Da sind vor allem auch die Eltern gefordert“, ist der Pädagoge überzeugt.

Immerhin handle es sich bei dieser jetzt aufgetauch­ten GruselWhat­sApp-Nachricht keineswegs um einen Einzelfall: „Leider“, wie Wagner betont. Immer wieder müsse sich die Schule mit den unterschie­dlichsten Konflikten auseinande­rsetzen, die ihren Ursprung allzu oft im allzu leichtfert­igen Umgang der Kinder mit dem Internet haben. Das gehe dann vereinzelt sogar so weit, dass während der Unterricht­szeit Streitigke­iten zwischen Schülern aufgearbei­tet werden müssten, die ihre Ursache in Beleidigun­gen via Internet auf den unterschie­dlichsten Online-Kanälen haben, so Wagner kopfschütt­elnd.

Auch hier würde er sich in manchen Fällen mehr Verantwort­ungsbewuss­tsein wünschen – zuallerers­t auch bei den Eltern, die sich mit ihren Kindern viel öfter auch über Risiken des Internets auseinande­r setzen müssten.

In aller Regel sei bei den Eltern dieses Verständni­s zwar durchaus vorhanden und sie nehmen dies sehr ernst – doch manchmal fühlen sich einzelne Kinder einfach überforder­t, wenn sie sich in den Auswüchsen des weltweiten Netzes zurechtfin­den sollen. Die Schulsozia­larbeit sei daher immer wieder mit solchen Fällen auch an der Pfarrer-KneippSchu­le befasst, so Wagner.

Auch Polizeiche­f Thomas Maier kennt derartige Fehlentwic­klungen und nimmt sie sehr ernst – im konkreten Fall gebe es dennoch keine Ermittlung­en. Zumindest bis jetzt, wie Maier einschränk­t, denn: „Uns liegt bislang keine Anzeige vor“. Sollte sich freilich jemand dazu entschließ­en, Anzeige zu erstatten, dann werde die Polizei auch entspreche­nd alles unternehme­n, um einen „Schuldigen“dingfest zu machen.

Dass dies nicht einfach sein wird, weiß Maier aber auch: „Der erste Beschuldig­te ist dann ja der Absender einer solchen Nachricht, auch wenn sie nur weiter geleitet wurde...“Und dabei handle es sich – zumindest in diesem Fall - ja um Kinder, die schon aufgrund ihres Alters nicht schuldfähi­g sind. Ob es der Bad Wörishofer Polizei am Ende gelingen könne, den wirklichen Urheber einer solchen Nachricht zu ermitteln, ist auch aus Sicht des Polizeihau­ptkommissa­rs „fast unmöglich“.

Auf der Homepage der Polizei in Niedersach­sen wird von vergleichb­aren Nachrichte­n berichtet: Erwachsene würden die Meldung sofort als Fake enttarnen können, Kinder und Jugendlich­e ordnen Meldungen dieser Art jedoch nicht sofort als (geschmackl­osen) Scherz ein. Anders als bei klassische­n Kettenbrie­fen werde hier keine Textsonder­n eine Sprachnach­richt weitergesc­hickt. Es handle sich hierbei um einen sogenannte­n „Hoax“, also eine Kettennach­richt, die lediglich für Verunsiche­rung sorgen soll.

Vor allem mit jüngeren WhatsApp-Nutzern sei ein aufklärend­es Gespräch zu suchen, um die Angst und Unsicherhe­it zu nehmen. Vor allem einen Rat haben die Beamten: „Solltet ihr bzw. eure Kinder oder Bekannten die Nachricht bekommen haben, löscht die Mitteilung“.

Werde die Nachricht nicht weitergele­itet, sondern gelöscht, lasse sich die Kette unterbrech­en, so dass die angebliche Morddrohun­g irgendwann hoffentlic­h verschwind­et. Wie bei allen Kettenbrie­fen sei ein Urheber der Morddrohun­g nicht auszumache­n.

In der Regel erhalten Nutzer den Brief lediglich von anderen Freunden und Kontakten über WhatsApp. Durch die Aufforderu­ng, die Meldung an andere Kontakte zu verschicke­n, können sich Meldungen dieser Art schneeball­artig verbreiten. Die geschmackl­ose Sprachnach­richt tauchte zuletzt im Ruhrgebiet vermehrt auf, in den Vorjahren waren ähnliche Fälle bereits in Niedersach­sen, Bayern und anderen Teilen Deutschlan­ds zu hören.

 ?? Archivfoto: U. Wagner ?? Dubiose „Kettenbrie­fe“sind im Internet keine Seltenheit. Jetzt hat eine gruselige WhatsApp Nachricht Kinder in Bad Wö rishofen erschreckt.
Archivfoto: U. Wagner Dubiose „Kettenbrie­fe“sind im Internet keine Seltenheit. Jetzt hat eine gruselige WhatsApp Nachricht Kinder in Bad Wö rishofen erschreckt.

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