Wen diese blauen Säulen überwachen
Immer mehr von ihnen sieht man an den deutschen Bundesstraßen. Ab Juli kontrollieren sie mautpflichtige Lastwagen – und stellen Spediteure vor eine große Aufgabe
Augsburg Sie sind rund vier Meter hoch, haben eine blau-grüne Färbung und stiften Verwirrung. Viele Autofahrer steigen aus Angst vor einem Blitzer auf die Bremse. Gemeint sind die neuen Mautkontrollsäulen, die in Deutschland mittlerweile hundertfach am Straßenrand stehen. Grund dafür ist eine flächendeckende Mautpflicht auf Bundesstraßen für Lastwagen ab 7,5 Tonnen, die ab Juli gilt.
Um die Einhaltung der Mautpflicht kontrollieren zu können, stellt Toll Collect die blauen Säulen auf – 400 im gesamten Bundesgebiet. Das Unternehmen arbeitet im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums. Wie die Säulen genau funktionieren, erklärt Toll Collect-Sprecherin Claudia Steen: „Beim Vorbeifahren eines Fahrzeugs kontrollieren die Säulen, ob dieses mautpflichtig ist. Sie erstellen ein Übersichts-, Seitenansichts- und ein Kennzeichenbild.“Damit funktionieren die Säulen ähnlich wie die Kontrollbrücken auf der Autobahn. Die Säulen kontrollieren, ob die Maut korrekt bezahlt wurde.
Steen betont, dass ausschließlich Daten von mautpflichtigen Fahrzeugen erfasst werden. „Hat der Fahrer alles richtig eingestellt, werden die Daten noch in der Säule gelöscht. Besteht der Verdacht auf ei- nen Mautverstoß, werden die Daten an ein Kontrollzentrum weitergeleitet und nach Abschluss des Verfahrens gelöscht“, sagt Steen.
Ein solcher Mautverstoß kann teuer werden: Zahlt ein Unternehmer beispielsweise keine Maut, droht ihm ein Bußgeld in Höhe von 480 Euro. Eine falsche Achszahl kann satte 240 Euro kosten. Um das zu verhindern, müssen Spediteure einiges beachten. Schätzungen zufolge fallen künftig rund 30 000 weitere Unternehmen unter die Mautpflicht. Daher rät Steen der Logistikbranche, sich frühzeitig zu informieren, ob Fahrzeuge betroffen sind. Die Unternehmen können anschließend entweder sogenannte On-Board-Units installieren lassen, die automatisch die Maut erheben, oder die Abgabe manuell bezahlen.
Zwischen acht und 22 Cent pro Kilometer kostet die Maut auf den Bundesstraßen – genauso viel wie auf den Autobahnen. Grundsätzlich gilt: „Je mehr Achsen ein Lastwagen hat und je schlechter seine Schadstoffklasse, desto teurer wird’s“, erklärt Horst Roitsch vom Bundesamt für Güterverkehr. Denn die Abgabe setzt sich aus Infrastruktur- und Luftverschmutzungskosten zusammen. 4,6 Milliaden Euro hat der Bund über die Maut im vergangenen Jahr eingenommen, weitere zwei Milliarden sollen 2018 durch die Bundesstraßenmaut hinzukom- men. „Die Gelder sind zweckgebunden und fließen direkt wieder in die Infrastruktur“, sagt Roitsch.
Doch nicht jeder profitiert in gleichem Maße vom neuen System: Die flächendeckende Mautpflicht auf Bundesstraßen erfordert von Speditionen zum Teil aufwendige Umrüstungen, bestätigt Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des Landesverbands Bayerischer Spediteure: „Was den Aufwand betrifft, haben unsere Unternehmen hier eine Aufgabe zu stemmen, die nicht nebenher machbar und aus der Portokasse finanzierbar ist.“Sie begründet das vor allem damit, dass die Installationen und Schulungen in den laufenden Betrieb integriert werden müssen. Die Technik, die das neue Mautsystem erfordert, hält die Geschäftsführerin
Höhere Kosten für den Gütertransport
dagegen für überschaubar: „Die meisten unserer Mitglieder haben in ihren Fahrzeugen schon jetzt On-Board-Units installiert, die für die Mautabrechnung auf Autobahnen erforderlich sind.“Diese benötigen lediglich eine Aktualisierung.
Durch die Mautpflicht wird wohl auch der Gütertransport teurer, mutmaßt Lehmann: „Wie bei jeder zusätzlichen Kostenposition, die ein Unternehmen berücksichtigen muss, wird auch die BundesstraßenMaut in die Kalkulation für die Frachtkosten einfließen.“Mit finanziellen Folgen für den Endkunden? „In irgendeiner Form wird das sicher geschehen, allerdings lässt sich über den Umfang nur spekulieren“, sagt die Geschäftsführerin.
Was die Bundesstraßenmaut betrifft, so liegt dem Verband ein einheitliches System am Herzen: „Eine angemessene Verbreitung solcher Mess- und Prüfpunkte ist aus unserer Sicht eine Frage der Wettbewerbsgerechtigkeit“, stellt Lehmann klar.