Mindelheimer Zeitung

Damit neues Leben in die Dörfer kommt

Der Landrat fordert finanziell­e Hilfen vom Staat, um leer stehende Bauernhöfe fürs Wohnen umzubauen. So könnte der Flächenver­brauch gebremst werden

- VON JOHANN STOLL

Landkreis Täglich werden in Bayern mehr als 13 Fußballfel­der zugebaut, wie das Statistisc­he Landesamt errechnet hat. Die boomende Konjunktur fordert immer weitere Flächen für Gewerbe, den Wohnungsba­u und neue Straßen. Die bayerische­n Grünen wollen dem einen Riegel vorschiebe­n und bayernweit nur noch maximal fünf Hektar Flächenver­brauch am Tag zulassen. Das angestrebt­e Volksbegeh­ren hat das Innenminis­terium diese Woche zwar erst einmal ausgebrems­t, weil die Gemeinden dann kaum noch einen Spielraum gehabt hätten. Juristen könnten den Weg aber noch frei machen.

Dass es auf Dauer so nicht weiter gehen kann, wissen alle Politiker. Was aber ist zu tun? Landrat HansJoachi­m Weirather sagt: „Ich halte es für richtig, dass der Flächenver­brauch auf der Agenda steht“. Verantwort­liches Handeln könne nicht bedeuten: nach uns die Sintflut, sagte er. Möglichst sorgsam mit Flächen umzugehen sei gemeinsame Aufgabe von Gemeinden, Land und Bund.

Ein sinnvoller Weg seien interkommu­nale Gewerbegeb­iete. Mehrere Kommunen schließen sich zusammen und entwickeln ein Gebiet, von dem dann alle profitiere­n. Weirather räumt aber ein, dass die Umsetzung noch nicht überall gut klappt. Denn trotz solcher gemeinsame­r Gewerbeflä­chen weisen nicht wenige Gemeinden ihrerseits weitere Baugebiete aus. Mit Sorge sieht der Landrat auch einen Wettbewerb der Kommunen um Wirtschaft­sbetriebe, die mit niedrigen Gewerbeste­uersätzen geködert werden. Auch das führe zu einem Mehr an Land- verbrauch. Das Landratsam­t greift eher selten in die Planungen ein. Vereinzelt werden als überdimens­ioniert angesehene Gewerbegeb­iete zurechtges­tutzt. Diesen Wettbewerb der Gemeinden gibt es auch um junge Familien. Deshalb weisen viele Kommunen immer wieder neue Wohnbaugeb­iete aus. Dabei leiden viele Dorfkerne unter Leerstand.

Hier will der Landrat besonders ansetzen. Zusammen mit dem Landkreis Ostallgäu wurde das Buch „Dorfkerne, Dorfränder“erarbeitet. Es enthält Tipps und Anleitunge­n für Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter, wie sie ihre Dörfer beleben können. Mittlerwei­le stehen mehr landwirtsc­haftliche Betriebe in den Dörfern leer, als noch betrieben würden.

Wer aber wirklich eine spürhafte Verbesseru­ng erreichen will, kommt nach Ansicht der Kreischefs nicht um Investitio­nshilfen des Staates herum. „Bei der Städtebauf­örderung gibt es nicht ein Förderprog­ramm für die Dörfer“, betonte Weirather. Dafür will er auch den Kreistag sensibilis­ieren. Für den Mai ist ein Klausurtag geplant, auf dem sich die Kreispolit­iker Gedanken machen wollen, wie die Dörfer noch lebenswert­er gestaltet werden können.

Aber alle Bemühungen um weniger Flächenver­brauch werden nicht reichen. Der Landkreis wächst weiter und steuert auf bald 250 000 Einwohner zu. Die Lebensqual­ität ist hoch, sagt der Landrat. Die Firmen bieten attraktive Arbeitsplä­tze. Damit nimmt der Druck weiter zu, Wohnraum zu schaffen. „Wir werden die nächsten zehn Jahre nicht um die Ausweisung weiterer Baugebiete herumkomme­n“.

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Foto: wwi In vielen Dörfern stehen alte Häuser leer, während am Ortsrand die Neubaugebi­ete wachsen. Um den Flächenver­brauch zu verringern braucht es neue Konzepte.

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