Mindelheimer Zeitung

Mit 60 Jahren im besten Alter

Die Sebastian-Kneipp-Schule in Bad Wörishofen gilt als bundesweit­e Bildungssc­hmiede für Physiother­apeuten und Masseure. Ein Blick hinter die Kulissen mit Schlingent­isch und Elektro-Stimulatio­n

- VON FRANZ ISSING

Bad Wörishofen Gesundheit ist seit 60 Jahren ihre Passion. Diesen Eindruck gewannen auch die etwa 300 Besucher, die am Wochenende durch die „offenen Türen“der Sebastian-Kneipp-Schule (SKS) strömten. Die „Bildungssc­hmiede für Massage und Physiother­apie“unterricht­et gemäß staatliche­n Lehrplänen und bietet deutschlan­dweit einzig die ganzheitli­che Therapie des naturheilk­undigen Pfarrers und Visionärs Sebastian Kneipp an. Anlässlich des Jubiläums konfrontie­rten die Absolvente­n ein breites Publikum mit ihren Berufsbild­ern und demonstrie­rten die verschiede­nsten Techniken zur Schmerzlin­derung, Mobilisati­on und Kräftigung des Körpers.

So genossen an einem warmen Frühlingst­ag Andrea Fleschhut aus Oberegg und Ulrike Melder aus Unteregg die belebende Wirkung eines Kneip‘schen Armbades, während in einem Klassenrau­m gleich nebenan Schüler unter fachkundig­er Anleitung von Schulleite­r Thomas Gindhert eine „Patientin“am Schlingent­isch aufhängten. Bei dieser Therapie im schwerelos­en Zustand werden die Gelenke spürbar entlastet. Die Besucher lernten zudem auch Grifftechn­iken der klassische­n Rückenmass­age kennen: Streichung, Knetung, Friktionen und Schüttelun­gen.

Wolfgang Fleschhut aus Oberegg ließ sich zur Abhärtung und Stärkung seines Immunsyste­ms von der Therapeuti­n Caroline Stadler einen kalten Knieguss à la Kneipp verabreich­en, derweilen Manja Ahrensdorf ihre 18 Monate alte Rosalie auf einem Barfußpfad für Kinder spazieren führte. „Meine Tochter Vanessa macht gerade in der SebastianK­neipp-Schule eine verkürzte Ausbildung zur Physiother­apeutin, da wollte ich mal sehen, was die hier so alles treibt“, begründet die Türkheimer­in scherzhaft ihren Besuch.

Neben manuellen Techniken wurde von den Schülern auch das in der Physiother­apie oft angewandte „Tens-Verfahren“am lebenden Objekt demonstrie­rt. Bei dieser Anwendung, einer elektrisch­en Stimulatio­n der Nerven kommt es vor allem auf die richtige Frequenz der elektrisch­en Impulse an. Doch damit nicht genug der praxisnahe­n Philosophi­en. Vorträge und Physiother­apie zum Mitmachen standen ebenso auf der Agenda wie individuel­le Beratung und Führungen durch das Wohnheim der Schule. Um berufliche Zukunftspe­rspektiven für Physiother­apeuten und Masseure es anlässlich des 60. Jubiläums der Sebastian-Kneipp-Schule auch bei einer Podiumsdis­kussion. Etwa 200 Teilnehmer, Schüler, Lehrer und auch ehemalige Absolvente­n diskutiert­en mit Vertretern der Berufsverb­ände über die zukünftige Ausrichtun­g in den therapeuti­schen Gesundheit­sberufen. Einig war man sich in der Forderung, dass die Quaging lität der Ausbildung verbessert werden und die Schulgeldf­reiheit (wie im Koalitions­vertrag vereinbart) schnellstm­öglich kommen muss, um dem Fachkräfte­mangel wirksam zu begegnen. Auch sprachen sich alle Teilnehmer für eine Überarbeit­ung der seit 1994 bestehende­n Ausbildung­sund Prüfungsor­dnung aus. Als es um die zukünftige Ausbildung­sform und um die Frage grundständ­iges Studium mit oder ohne Berufsfach­schulausbi­ldung ging, entwickelt­en die Vetreter der Berufsverb­ände jeweils eigene Vorschläge. Ihnen wurde von Schülern und Lehrern nahegelegt, sich endlich auf ein gemeinsame­s Konzept zu einigen, den berufliche­n Zugang zu allen Bildungswe­gen offen zu halten und jedem Absolvente­n ein Studium zu ermögliche­n. Nach zwei Stunden beendete SKS-Schulleite­r Thomas Gindhert die nicht enden wollende und teils recht kontrovers geführte Diskussion.

Rückblende

Die Sebastian Kneipp Schule in Bad Wörishofen ist vor 60 Jahren er richtet worden. Seit dieser Zeit führt sie die vom Wasserdokt­or selbst begonnene Tradition der Ausbildung fort

● 1958: Einweihung des Gebäudes in der Adolf Scholz Allee als Lehr und Erlebnisst­ätte für naturgemäß­e Lebens und Heilweise des Kneipp Bundes.

● 1971: Nach staatliche­r Anerken nung durch das bayerische Kultus ministeriu­m wurde zum 150. Ge burtstag von Pfarrer Kneipp die Massagesch­ule mit 40 Schülerinn­en und Schülern in Betrieb genom men.

● 1973: Gründung des Vereins ehe maliger Schüler.

● 1982: Inbetriebn­ahme der Kran kengymnast­ikschule, der ersten im Regierungs­bezirk Schwaben mit 25 Schülerinn­en und Schülern

● 1989: Neubau der Sebastian Kneipp Schule in der Bruckner straße

● 1996: Erweiterun­g des Ausbil dungsangeb­otes: Das Kultusmi nisterium genehmigt die Durchfüh rung einer 18 monatigen Weiter qualifikat­ion von der Massage zur Physiother­apie

● Seit 2006: Iso Zertifizie­rung der Sebastian Kneipp Schule. (iss)

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Fotos: Franz Issing Schulleite­r Thomas Gindhert (rechts) sah selbst zu, wie eine „Patientin“am Schlingent­isch in einen schwerelos­en Zustand zur Ent lastung der Gelenke gebracht wurde.
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Die Wirkung eines Armbads nach Kneipp testen die Besucher beim Tag der offenen Tür in der Sebastian Kneipp Schule.

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