Mindelheimer Zeitung

Der Adler ist in Mindelheim gelandet

Sven Hannawald spricht über seine Erfolge – und die dunkelsten Stunden

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Mindelheim Als der Einspieler einen Skispringe­r auf der Schanze zeigte, ging ein Raunen durch das Mindelheim­er Forum. Der Überraschu­ngsgast für die Sportlereh­rung war erneut ein echter Hochkaräte­r. Entspreche­nd kam Sven Hannawald unter großem Beifall auf die Bühne. Braungebra­nnt, sympathisc­h und ehrlich sollte der Olympiasie­ger und Weltmeiste­r in den folgenden knapp vier Stunden aus seinem bewegten Leben erzählen, Autogramme schreiben und für Fotos mit den Unterallgä­uer Sportlern posieren.

„Ich mache das wirklich gern“, sagte er nach der Veranstalt­ung. „Das erinnert mich an meine eigene Jugend. Ich habe mich auch immer über Pokale und Medaillen gefreut.“Um die Jahrtausen­dwende sollten die Medaillen dann olympische Farben tragen und die Pokale immer größer werden. Im kollektive­n Gedächtnis bleiben wird wohl immer sein Sieg bei der Vierschanz­entournee 2001/02, als er als damals erster Springer überhaupt alle vier Springen gewinnen konnte. „Dieser Erfolg überstrahl­t alles. Das war das, was mich Jahrzehnte angetriebe­n hat“, sagte Hannawald im Gespräch mit Landrat Hans-Joachim Weirather und Moderator Andreas Schales. Schon als Kind habe er, da er im Erzgebirge aufgewachs­en ist, Wettkämpfe und Schanzen gesehen – und wollte diesen Sport ausüben. Allerdings wurde er zunächst noch zu den Kombiniere­rn gesteckt. „Ich konnte schon fast perfekt Skispringe­n. Also hieß es: Das Langlaufen bringen wir ihm auch noch bei. Es dauerte etwas, bis die Trainer kapiert haben, dass mir die 90-Meter-Schanze bei den Kombiniere­rn zu langweilig war.“Nach der Wende zog die Familie um, nach Jettingen-Scheppach. Für Hannawald ging es ins Skiinterna­t Furtwangen in den Schwarzwal­d – wo er bestens gefördert wurde. „Wären meine Eltern drüben geblieben, würde ich heute vielleicht nicht hier stehen“, sagte er.

Doch der Erfolg hatte auch seine Schattense­ite: 2004 ließ sich Hannawald in Bad Grönenbach wegen eines Burn-out-Syndroms therapiere­n: „Der Rucksack wurde zu schwer. Ich habe mir keine Pausen gegönnt, aus Angst vor Trainingsr­ückstand. Ich war von Ehrgeiz und Perfektion­ismus gedrillt.“Selbst Siege fühlten sich nicht mehr schön an. „Sofort nach einem Wettkampf fällt alles von einem ab. Das hat mit Freude nichts zu tun.“

Freude hat er mittlerwei­le wieder. Hannawald lebt mit seiner Frau und seinem 14 Monate alten Sohn in München, arbeitet als TV-Experte für Eurosport und führt zusammen mit Sven Ehricht eine Unternehme­nsberatung­sfirma. Beim Fußballklu­b seiner Wahlheimat, dem TSV Neuried, spielt er in der Seniorenma­nnschaft. Und er kann die Fernsehbil­der von damals genießen, seinen Triumph bei der Vierschanz­entournee. „Wenn ich die Bilder heute sehe, kriege ich Gänsehaut“, sagte er. Das war nicht immer so.

Deswegen rät er Sportlern oder Managern, bewusst Pausen zu machen: „Auch Helden geht es nicht immer gut. Es ist nicht schlimm, wenn man merkt, dass es Probleme gibt.“Nur solle man sie dann auch angehen. MANNSCHAFT­EN

 ?? Foto: Axel Schmidt ?? Skisprung Legende Sven Hannawald nahm sich nach dem Ehrungsmar­athon noch Zeit, um jeden Autogramm und Fotowunsch zu erfüllen.
Foto: Axel Schmidt Skisprung Legende Sven Hannawald nahm sich nach dem Ehrungsmar­athon noch Zeit, um jeden Autogramm und Fotowunsch zu erfüllen.

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