Kampf um Bayerns Boden
Was Experten zum Flächenverbrauch im Freistaat sagen
München Kann eine fixe Obergrenze den hohen Flächenverbrauch in Bayern bremsen? Oder gibt es bessere Lösungen, die fortschreitende Versiegelung von Freiflächen zu stoppen? Bei einer Expertenanhörung im Landtag gingen die Meinungen zu diesem Thema weit auseinender. Einig waren sich Wissenschaftler, Kommunen, Umweltschützer und Bauernverbände allerdings in der Forderung, dass der Freistaat Bayern deutlich mehr als bisher tun muss, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Umweltverbände, aber auch mehrere Wissenschaftler sprachen sich klar für einen fixen landesweiten Zielwert für den Flächenverbrauch aus – wie es auch das von den Grünen initiierte Volksbegehren gegen Flächenfraß vorsieht. Dort wird eine maximale Flächenversiegelung von fünf Hektar pro Tag eingefordert – zuletzt lag der bayerische Flächenverbrauch bei fast zehn Hektar am Tag. Das Innenministerium hatte eine Zulassung des Volksbegehren kürzlich jedoch wegen rechtlicher Bedenken zunächst abgelehnt. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte „Verbote und starre Flächengrenzen“in seiner Regierungserklärung am Mittwoch als „falschen Weg“bezeichnet. Stattdessen
Kommunen lehnen fixe Obergrenzen strikt ab
versprach er mehr staatliches Geld für die Dorferneuerung.
„Ohne eine klare Zielvorgabe werden wir den Flächenverbrauch in Bayern aber nicht stoppen können“, warnte im Landtag Richard Mergner vom Bund Naturschutz. Schützenhilfe kam von den Experten für Planungsrecht und Regionalentwicklung: Der Instrumentenkasten, mit dem vorhandenes Bauland effektiver genutzt werden könnte, sei seit Jahrzehnten bekannt, sagte etwa Jana Bovet vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Trotzdem ändere sich fast nichts. Grund dafür sei der fehlende Handlungsdruck auf allen politischen Ebenen: „Wir brauchen ein verbindliches Sparziel als Anstoß, sich ernsthaft mit dem Problem auseinanderzusetzen.“
Auch der Raumplaner Manfred Miosga von der Universität Bayreuth sprach sich für ein verbindliches Flächensparziel aus. Erstaunlich sei zudem, dass der höchste Flächenverbrauch in Bayern bei kleinen Kommunen mit weniger als 3500 Einwohnern und in strukturschwachen Gebieten liege. Grund dafür sei die oft trügerische Hoffnung, nur mit Neubaugebieten und neuen Gewerbeansiedlungen Steuereinnahmen generieren zu können.
Die Kommunen lehnen derweil fixe landesweite Obergrenzen wegen des Eingriffs in die kommunale Planungshoheit strikt ab. Zufrieden mit der Unterstützung des Freistaats ist man dort allerdings auch nicht: So fehlten wirksame Regelungen für einen kommunalen Zugriff auf ungenutzte Grundstücke innerhalb der bestehenden Siedlungsgebiete oder für eine flächensparende Bauleitplanung, sagte Matthias Simon vom Gemeindetag. Der Gesetzgeber lasse die Kommunen hier „im Regen stehen“.
Der Bauernverband setzt derweil auf ein „gesetzliches Erhaltungsgebot“für landwirtschaftliche Flächen: Seit 1960 seien in Bayern 840000 Hektar Landwirtschaftsflächen verschwunden, sagte Bauernpräsident Walter Heidl: „Dieser Entzug ist dramatisch und muss endlich eingedämmt werden.“Heidl forderte eine gesetzliche Verpflichtung, landwirtschaftliche Ersatzflächen für neu bebaute Äcker oder Wiesen zu schaffen.