Warum in Kammlach die Zeit stillsteht
Das Gewitter der vergangenen Woche hat immense Schäden verursacht. Sogar Wasserleitungen platzten
Kammlach Nichts ahnend richtet Johann Ehrenhuber in der Sakristei der Pfarrkirche Unterkammlach alles für den bevorstehenden Gottesdienst her. Ein Ministrant ist ebenfalls schon da. Plötzlich: Ein Knall! Beiden bleibt beinahe das Herz stehen. „Im ersten Moment dachte ich, dass der Kirchturm einstürzt“, sagt Johann Ehrenhuber. „So etwas möchte ich nie wieder erleben.“
Es war kurz nach 18 Uhr, als sich das Unwetter vor gut einer Woche über dem Unterallgäu zusammenbraute. Die meisten Menschen rund um Pfaffenhausen und Mindelheim werden das heftige Gewitter noch gut in Erinnerung haben – und in manchem Haus hat es seine Spuren hinterlassen, so auch in Kammlach. Eine halbe Stunde vor Beginn der Abendmesse schlug ein Blitz in der Nähe der Pfarrkirche ein und löste ein großes Dilemma aus. Nun ziehen die Beteiligten eine erste Bilanz.
Jürgen Lutz von Elektro Lutz aus Stetten wurde sofort alarmiert, denn der Blitzeinschlag betraf nicht nur das Gotteshaus, sondern auch viele andere Häuser in der Umgebung. „Vermutlich ist der Blitz in den Stahlmasten an der Kreuzung der Pfarrer-Kneipp-Straße und der Kirchstraße eingeschlagen“, mutmaßt der Fachmann. Wie stark dieser Einschlag war, wurde innerhalb kurzer Zeit deutlich: Strom-, Telefonund Wasserleitungen waren davon betroffen.
„Durch die immense Krafteinwirkung hat es die kompletten Wasserstahlleitungen im Erdreich zerrissen.“Der Druck des Wassers war so enorm, dass am Bordstein, das Wasser rausgedrückt wurde. „Wir haben nachts an mehreren Stellen die Wasserleitung freigelegt, um den Schaden differenzieren zu können“, erzählt Bürgermeister Josef Steidele, der gleichzeitig als Kirchenpfleger in Unterkammlach fungiert. Doch schnell war klar, dass die ganze Stahlleitung gebrochen war und man nichts mehr retten konnte. Zusammen mit der Kirche waren acht Häuser am schlimmsten betroffen. Im Pfarrhaus hat es die Steckdosen der Telefonleitung aus der Wand gerissen und auch bei den anderen Anwohnern gab es ähnliche Schäden zu verzeichnen.
Damit die betroffenen Bürger wenigstens Strom hatten, haben Jürgen Lutz und die Gemeindearbeiter blitzschnell reagiert und es geschafft, dass bereits vor Mitternacht wieder jeder Haushalt Strom hatte. Auch die Notwasserversorgung war bis dahin hergestellt. „Das mit dem Telefon kann allerdings länger dauern“, sagt Lutz.
Der Hauptstromanschluss und die komplette Zähleranlage der Kirche haben die ganze Wucht des Blitzschlages abbekommen. Teilweise wurden sie sogar aus der Wand geschleudert. Selbst der alte Überspannungsschutz hat die Kraft nicht aufhalten können. „Die Technik ist buchstäblich explodiert“, erklärt Jürgen Lutz. Auf der Treppe im Kirchturm liegen überall noch Plastikteile verstreut, die das Ausmaß dieser Naturgewalt aufzeigen. Dass die Gottesdienstbesucher am Wochenende ohne Lautsprecher, Licht und Orgel auskommen mussten, war für die Unterkammlacher nicht schlimm. Unter Kerzenschein und Anstimmen der Lieder verbrachten alle Gläubigen eine außergewöhnliche, aber schöne Messe.
Mit etwas kleineren Schäden haben die restlichen Bürger von Oberund Unterkammlach zu kämpfen. Da hat es den Fernseher erwischt, die Telefonanlage oder die Spülmaschine. „Das sind die Auswirkungen der Überspannung. Bei der Kirche und den umliegenden Häusern ist der Blitzeinschlag Schuld an dem Desaster“, erklärt Lutz. Die Gemeinde legt nun neue Wasserleitungen und auch die Hausanschlüsse müssen erneuert werden.
Das minutengenaue Zeugnis der Katastrophe demonstriert die Kirchturmuhr: Seit 18.50 Uhr haben sich die Zeiger nicht mehr bewegt. „Damit können wir genau belegen, wann es in Unterkammlach eingeschlagen hat“, so der Rathauschef. Als Empfehlung, um sich vor so einem Ereignis zu schützen, rät Jürgen Lutz: „Einen Überspannungsschutz einbauen, der einen direkten Blitzeinschlag beherrschen kann.“Damit sei eine solche Zerstörung abwendbar.