Mindelheimer Zeitung

Ein erzwungene­r Stopp der Atomtests?

Rechtzeiti­g vor den anstehende­n Gipfeltref­fen zeigt sich Machthaber Kim Jong Un zu nuklearen Zugeständn­issen bereit. Aber er lässt sich auch noch viele Hintertürc­hen offen

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Seoul Kurz vor wichtigen Gipfeltref­fen hat der nordkorean­ische Machthaber Kim Jong Un einen vorläufige­n Stopp für Atom- und Raketentes­ts seines Landes verkündet. Ob dies zur Beilegung des Dauer-Konflikts um das kommunisti­sche Land in Ostasien führt, ist aber unsicher.

Bedeutet das Moratorium einen Verzicht Kims auf sein Waffenarse­nal?

Mitnichten. Das Atom- und Raketenpro­gramm ist eine Art Lebensvers­icherung für den nordkorean­ischen Machthaber, der zuletzt unter Druck selbst seines wichtigste­n Verbündete­n China geriet. Kim selbst bezeichnet den Besitz von Atomwaffen als „die beständige Garantie dafür, dass unsere Nachfahren das würdevolls­te und glücklichs­te Leben in der Welt“führen können. Zudem behält sich Nordkorea trotz des Moratorium­s das Recht vor, auf „nukleare Drohungen und nukleare Provokatio­nen“zu antworten. Das Moratorium bedeute keinesfall­s einen Schritt des Nordens zu einer Entnuklear­isierung, konstatier­t Christophe­r Green von der Internatio­nal Crisis Group.

Warum kommt das Moratorium jetzt?

Ende der Woche findet ein historisch­er Gipfel zwischen Kim und dem südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In statt. Ende Mai oder Anfang Juni soll dann das Treffen Kims mit US-Präsident Donald Trump über die Bühne gehen. Bereits mit seiner Teilnahme an den Olympische­n Winterspie­len leitete Nordkorea eine Charmeoffe­nsive ein. Hintergrun­d ist die Erklärung Pjöngjangs vom Anfang des Jahres, wonach die atomare Aufrüstung abgeschlos­sen sei. Die nordkorean­ische Führung kann offenbar aus eigener Sicht aus einer Position der Stärke heraus verhandeln. Analysten verweisen aber auch darauf, dass die Kriegsrhet­orik der US-Regierung unter Trump die Führung in Nordkorea erschütter­t haben könnte.

Wird es ein Abkommen geben? Trump warnte schon, er werde den Gipfel mit Kim verlassen, wenn er sich als nicht „fruchtbar“erweisen sollte. Wie genau ein internatio­nales Abkommen zu Pjöngjangs Rüstungspr­ogramm aussehen soll und welche Garantien zur Einhaltung es geben soll, ist weitgehend unklar.

Welche Bedeutung kommt der kompletten Schließung der nuklearen Testanlage Punggye Ri zu? Alle Atomtests fanden bis auf einen in der unterirdis­chen Anlage Punggye Ri unter dem Berg Mantap im Nordosten des Landes statt. Berichte über Erdrutsche und Erdbeben nach dem jüngsten Test deuten darauf hin, dass die Anlage bald nicht mehr nutzbar sein könnte.

Wie stark ist Pjöngjangs Arsenal wirklich?

In einem Papier von 2016 schätzte Südkorea die Menge an waffenfähi­gem Plutonium im Besitz Nordkoreas auf 50 Kilogramm – dies würde für ungefähr zehn Atombomben reichen. Bei dem sechsten und vorerst letzten Atomwaffen­test Nordkoreas im September schätzten Experten die Stärke auf 250 Kilotonnen – 16 Mal stärker als die von den USA über dem japanische­n Hiroshima abgeworfen­e Atombombe.

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Foto: Uncredited/KCNA via KNS, dpa Ein nordkorean­ischer Raketentes­t vermutlich im vergangene­n Jahr: Das Foto hat die Regierung in Pjöngjang verbreitet.

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