Womit wirklich niemand rechnet
Nur mal angenommen, zu den Stärken dieses schönen Bundeslandes gehört die Verlässlichkeit. Und wer mag daran zweifeln? Der Bus kommt brav, die Müllabfuhr sowieso. Garantiert auch grummelnd der Nachbar, sobald die minimalste Ausdünstung von Grillkohle sein Territorium erreicht. O’zapft is!, kalt is, wenn das Freibad öffnet – das ist Beständigkeit. Und wer wird deutscher Fußballmeister? Genau.
Nun hat die vergangene Woche dieses Weltbild gehörig aus den Angeln gehoben. Söder verkündete im Landtag seinen Bayern-Plan und das Wahlvolk kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Staatstheater Augsburg. Ein ambitioniertes Raumfahrtprogramm namens Bavaria One. Polizeiliche Reiterstaffeln für jede Großstadt. Dass so etwas kommen würde, war so wahrscheinlich wie ein Abstieg des FC Bayern aus der Bundesliga.
Und wie reagierte das Wahlvolk? Nahm die Abkehr von der Beständigkeit gleich als Handlungsanleitung auf. Nach dem Motto: Einfach mal Dinge tun, mit denen niemand rechnet. Bitte schön: In Kaufbeuren parken die Feuerwehrfahrzeuge eifrig im alten Eisstadion. In Donauwörth kriecht der Fahrer eines 40-Tonners über einen Radweg. In Lohr am Main will der Putzmann bei der Polizei sauber machen, und die sperrt ihn prompt in die Zelle. Und der Nachbar steht mit zwei Paar Schweinsbratwürstel und zwei Bier am Zaun und lächelt sehnsuchtsvoll den Holzkohlegrill an.
Nein, Letzteres ist erfunden. A bisserl Verlässlichkeit sollte schon bleiben in unserem schönen Bundesland.